Teilkasko und Überschwemmung

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Die Versicherungsbedingungen lauten bei den meisten KFZ-Versicherungen in etwa wie folgt:

Versichert ist die unmittelbare Einwirkung von Sturm, Hagel, Blitzschlag oder Überschwemmung auf das Fahrzeug. Als Sturm gilt eine wetterbedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8. Eingeschlossen sind Schäden, die dadurch verursacht werden, dass durch diese Naturgewalten Gegenstände auf oder gegen das Fahrzeug geworfen werden. Ausgeschlossen sind Schäden, die auf ein durch diese Naturgewalten veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind.


1. Ausgangsfall:

Auf dem Grundstück steht durch Starkregen knöcheltiefes Wasser. Der Versicherungsnehmer behauptet, die Wasserkästen seines Kfz hätten das Regenwasser nicht aufnehmen oder ableiten können, so dass es in den Innenraum des Fahrzeugs gelangte und die Elektronik beschädigt habe. Der begutachtende Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass das nicht sein könne, weil die Wasserkästen höher liegen, mithin die Wasserkästen oben übergelaufen wären, ohne dass das Wasser in das Fahrzeuginnere gelangt sein könne. Das Überlaufen der Wasserkästen beruhe auf dem Starkregen.  Hat der VN etwaig trotzdem Versicherungsschutz unter dem Aspekt der Überschwemmung?


Was ist eine Überschwemmung? Nur, wenn ein Fluss über die Ufer tritt oder nur, wenn es um Grundwasser geht oder auch, wenn Regen das Grundstück überflutet?

Das OLG Karlsruhe sagt dazu: Dem VN soll das aus dem täglichen Leben bekannte Risiko eines Überschwemmungsschadens abgenommen werden. Danach liegt eine Überschwemmung vor, wenn Wasser in erheblichem Umfang meist mit schädlichen Wirkungen nicht auf normalem Wege abfließt, sondern auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung tritt und dieses überflutet. Der versicherungsrechtliche Begriff der Überschwemmung setze nicht voraus, dass ein Gewässer über die Ufer tritt (OLG Karlsruhe Beschl. v. 9. 10. 2019 – 12 U 78/19)

Im obigen Fall lag eine Überschwemmung des Grundstücks vor. Ob es nun das Wasser eines über die Ufer getretenen Flusses, Grundwasser oder das zur Überflutung des Geländes führende Regenwasser war, ist egal.

Aber: Die Schäden am Auto sind hier nicht durch diese Überschwemmung verursacht worden, sondern durch den von oben in das Auto eindringenden Regen. Wenn Regenwasser unmittelbar in das Fahrzeuginnere gelangt, ohne zuvor zu einer Überflutung des Geländes geführt zu haben, auf dem das Auto steht, handelt es sich nicht um einen in der Teilkasko versicherten Überschwemmungsschaden.


2. Anderer Fall:

Starkregenbedingt war die Autobahn überflutet. Der Fahrer fuhr mit seinem teilkaskoversicherten Fahrzeug in eine für ihn nicht erkennbare, sich unstreitig über die gesamte Fahrbahnbreite erstreckende tiefe Wasserfläche. Alles was der Fahrer tun konnte, war vom Gaspedal herunterzugehen.  Es drang das Wasser der Fahrbahn in das Auto. Kurzschlüsse an der Elektrik führten zu erheblichen Schäden.

Nach den oben zitierten Versicherungsbedingungen ist die unmittelbare Einwirkung von Sturm, Hagel, Blitzschlag oder Überschwemmung auf das Fahrzeug versichert.


Was bedeutet Unmittelbarkeit?


a) 

Das OLG Hamm meint, die Naturgewalt muss die einzige oder letzte Ursache für den Eintritt des Schadens gewesen sein. Unmittelbar wirkt eine Naturgewalt ein, wenn sie die zeitlich letzte Ursache des Sachschadens ist.

Im obigen Fall kann man so die Frage der Unmittelbarkeit nicht klären, denn dass das Wasser in das Auto drang, hatte ja auch damit zu tun, dass es auf der Autobahn bewegt wurde.  


b) 

Nach einer anderen Auffassung geht es eher darum, zu prüfen, ob der Schaden auf ein durch die Naturereignisse veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen ist. Dann fehle es an der Unmittelbarkeit. Das menschliche Verhalten dürfe nicht bedeutsam für die Entstehung des Schadens geworden sein.

Im obigen Beispielfall wäre die Unmittelbarkeit also zu verneinen. Das Auto wurde auf der überfluteten Autobahn bewegt und kam dadurch zu Schaden. Aus der Teilkasko gäbe es nichts.


c)

Nach einer dritten, relativ neuen, Auffassung ist Unmittelbarkeit auch dann zu bejahen, wenn das Auto zwar gefahren wurde, der Fahrer aber nichts mehr tun konnte (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 28.10.2019 – 9 U 4/18).

In dem obigen Fall mit dem Auto auf der überfluteten Autobahn konnte der Fahrer nichts anderes mehr tun, als vom Gaspedal zu gehen. Mithin wäre die Versicherungsleistung für die durch Überschwemmung der Autobahn verursachten Schäden auf Fahrzeug ausgelöst.


Generell

Die Teilkaskoversicherung ist eintrittspflichtig,  wenn die Überschwemmung direkt zum Schaden am Auto führt.

Sie ist an sich nicht eintrittspflichtig,  wenn die Überschwemmung nicht direkt den Schaden verursacht, sondern das Verhalten des Fahrers erheblich dazu beiträgt.

Die Teilkasko kann dann aber trotzdem eintrittspflichtig sein, wenn der Fahrer darlegt und beweist, dass die Überschwemmung derart plötzlich eintrat, dass er nicht mehr rechtzeitig reagieren konnte.  


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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