Trennungsunterhalt / Ehegattenunterhalt für Witwe oder Witwer?

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Stirbt der unterhaltspflichtige Ex-Partner, steht die Witwe oder der Witwer vor der Herausforderung, auch weiterhin den eigenen Lebensunterhalt sicherzustellen. Es ist die Frage zu beantworten, ob die Erben den bislang gewährten Trennungsunterhalt oder Ehegattenunterhalt weiterhin leisten müssen oder der Witwer oder die Witwe gegen die Erben Unterhaltsansprüche hat, wenn der verstorbene Ex-Partner bislang noch keinen Unterhalt geleistet hat. Ähnlich ist die Situation, wenn der/die Unterhaltsberechtigte stirbt und der Ex-Partner die Frage beantworten muss, ob die Unterhaltspflicht gegenüber den Erben fortbesteht. Glücklicherweise hat der Gesetzgeber viele dieser von vielen Umständen im Einzelfall geprägten Fragen sehr detailliert im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt (§ 1586 – 1586b BGB).

Unterhaltspflichten, wenn der Unterhaltsberechtigte stirbt

Trennungsunterhalt für den Zeitraum der Trennung

Stirbt der Unterhaltsberechtigte, entfällt die Verpflichtung des Ex-Partners, weiterhin Trennungsunterhalt zahlen zu müssen (§ 1361 Abs. IV S. 3 BGB). Grund ist, dass der Unterhaltsanspruch höchstpersönlicher Natur und mit der Person des Unterhaltsberechtigten verbunden ist. Die Erben haben insoweit keine Ansprüche.

Unterhaltsbeträge, die bereits fällig geworden sind, sind aber weiterhin zu entrichten. Der volle Monatsbetrag wird auch dann geschuldet, wenn der Unterhaltsberechtigte im Laufe des Monats verstirbt. Dieser Anspruch geht auf die Erben des verstorbenen Ex-Partners über und kann gegen den unterhaltspflichtigen Partner geltend gemacht werden. Soweit der Scheidungsantrag noch nicht eingereicht wurde, gehört allerdings auch der überlebende Ex-Partner zu den Erben des verstorbenen unterhaltsberechtigten Partners, mit der Folge, dass er den geschuldeten Betrag nur abzüglich seines Erbanteils zahlen muss.

Ehegattenunterhalt nach der Scheidung

Verstirbt der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung, erlischt (anders als beim Trennungsunterhalt) auch der Anspruch auf den nachehelichen Unterhalt (§ 1586 BGB). Bereits fällig gewordene Beträge und Rückstände muss der Unterhaltspflichtige weiterhin zahlen. Stirbt der Berechtigte im Laufe des Monats, ist der volle Monatsbetrag zu leisten. Der Anspruch geht auf die Erben des Unterhaltsberechtigten über. Wegen der Scheidung ist der unterhaltspflichtige Ex-Partner aber kein Erbe mehr, so dass er den vollen geschuldeten Betrag zahlen muss.

Beerdigungskosten des Unterhaltsberechtigten

Verstirbt ein unterhaltsberechtigtes Kind, hat der unterhaltspflichtige Elternteil die Beerdigungskosten zu bezahlen, soweit eine Zahlung von den Erben nicht zu erlangen ist (§ 1615 Abs. II BGB). Diese Pflicht ist insoweit relativiert, als der unterhaltspflichtige Elternteil in der Regel auch Erbe des verstorbenen Kindes ist.

Die gleiche Verpflichtung besteht auch für den unterhaltspflichtigen Ehegatten bis zur rechtskräftigen Scheidung (§ 1615 Abs. II BGB, 1360a Abs. III BGB). Allerdings besteht für den geschiedenen Ehegatten nach der Scheidung keine Haftung mehr für die Beerdigungskosten, unabhängig davon, ob die Beerdigungskosten von den Erben bezahlt werden oder nicht.

Stirbt die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes infolge der Schwangerschaft oder der Entbindung, hat der Vater des Kindes die Beerdigungskosten zu tragen (§ 1615m BGB).

Unterbrechung des Verfahrens beim Tod des Unterhaltsberechtigten

Stirbt der Unterhaltsberechtigte, wird ein laufendes gerichtliches Verfahren auf Antrag von dessen Anwalt unterbrochen. Die Parteien können dann überlegen, wie und ob sie das Verfahren weiterhin betreiben wollen. Gleiches gilt beim Tod des Unterhaltspflichtigen.

Unterhaltspflichten, wenn der Unterhaltspflichtige stirbt

Trennungsunterhalt für den Zeitraum der Trennung

Stirbt der Unterhaltspflichtige im Zeitraum der Trennung, endet die Verpflichtung zur Zahlung von Trennungsunterhalt mit dessen Tod (§ 1361 Abs. IV S. 4 BGB). Auch hier wird wiederum auf den höchstpersönlichen Charakter der Unterhaltspflicht abgestellt.

Ehegattenunterhalt nach der Scheidung

Stirbt der Unterhaltspflichtige nach der Scheidung, bleibt die Verpflichtung zur Zahlung von Ehegattenunterhalt (anders als beim Trennungsunterhalt) fortbestehen. Der erbrechtliche Anspruch an den Nachlass soll ein Äquivalent für den verlorenen Unterhalt darstellen. Die Vererblichkeit des Unterhaltsanspruchs des geschiedenen Ehegatten stellt einen Ausgleich für den Verlust erbrechtlicher Ansprüche dar. Der Anspruch wird zur Nachlassverbindlichkeit und geht auf die Erben über (§ 1586b Abs. I BGB).

Soweit nichts anderes vereinbart ist, besteht die Verpflichtung zur Zahlung von Ehegattenunterhalt auch bei einer Unterhaltsvereinbarung, soweit es sich um eine unselbstständige Unterhaltsvereinbarung handelt. Gemeint sind damit Vereinbarungen, die die gesetzliche Unterhaltspflicht nur festschreiben, ohne diese in ihrem Wesen zu verändern (OLG Karlsruhe, FamRZ 2010, 34). Handelt es sich jedoch um selbstständige Unterhaltsvereinbarung, also solche, in denen die Ehegatten eine eigenständige, von den gesetzlichen Unterhaltsvorschriften losgelöste Unterhaltspflicht vereinbaren, ist im Wege der Vertragsauslegung zu ermitteln, ob die Unterhaltspflicht mit dem Tod des Unterhaltspflichtigen entfallen soll oder ob die Ehegatten eine Unterhaltspflicht über den Tod hinaus vereinbaren wollten (OLG Karlsruhe, FamRZ 2010, 34).

Die Erben haften jedoch nur in Höhe des fiktiven Pflichtteils (kleiner Pflichtteil bei gesetzlichem Erbrecht nach § 1931 BGB). Dabei sind Pflichtteilsergänzungsansprüche einzubeziehen. Haben die Erben die Einschätzung, dass der Nachlass nicht zuletzt durch die Unterhaltspflichten überschuldet ist, kann jeder Erbe für sich die Erbschaft ausschlagen. Schlägt ein Erbe die Erbschaft aus, rücken die nächsten gesetzlichen Erben nach. Gibt es keine gesetzlichen Erben mehr, tritt der Fiskus ein. Allerdings haftet der Fiskus nicht für die Verbindlichkeiten. Der Fiskus übernimmt allenfalls vorhandene Vermögenswerte.

Unterhaltsansprüche des nicht verheirateten Elternteils

Waren die Partner nicht verheiratet, erlischt der Unterhaltsanspruch des nicht verheirateten Elternteils nicht mit dem Tod des Unterhaltspflichtigen (§ 1615l Abs. III S. 4 BGB). Anhand einer Prognose ist zu bestimmen, wie sich die Unterhaltsbeziehungen zwischen dem unterhaltsberechtigten und dem unterhaltspflichtigen Partner entwickelt hätten, wenn der Unterhaltspflichtige nicht verstorben wäre . Daraus ist der Bedarf des Unterhaltsberechtigten fiktiv fortzuschreiben (BGH FamRZ 2019, 1234). Der Unterhaltsanspruch der Mutter besteht auch dann, wenn der Vater vor der Geburt des Kindes verstorben ist (§ 1615n BGB).

Unterbrechung des Verfahrens beim Tod des Unterhaltspflichtigen

Stirbt der Unterhaltspflichtige, wird ein laufendes gerichtliches Verfahren auf Antrag von dessen Anwalt unterbrochen. Die Parteien können dann überlegen, wie und ob sie das Verfahren weiterhin betreiben wollen. Gleiches gilt beim Tod des Unterhaltsberechtigten.

Unterhaltsansprüche bei Wiederverheiratung

Heiratet der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung erneut, erlischt der Unterhaltsanspruch mit der Wiederheirat oder der Begründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (§ 1586 BGB).

Wird die nachfolgende Ehe wieder aufgelöst, kann der ursprünglich geschiedene Ehegatte von dem früheren Ehegatten der vorhergehenden Ehe Unterhalt verlangen, wenn ein Kind aus der früheren Ehe zu pflegen oder zu erziehen ist (§ 1586a). Die Betreuung des Kindes aus der früheren Ehe muss den Berechtigten an einer Erwerbstätigkeit hindern (§ 1570 BGB).

Unterhaltsansprüche, wenn der Unterhaltspflichtige getötet wird

Kommt der Unterhaltspflichtige durch einen Unfall oder ein vorsätzliches Tötungsdelikt ums Leben, bestehen die Unterhaltspflichten weitgehend fort. Derjenige, der den Tod zu verantworten hat, hat im Fall der Tötung den bestattungspflichtigen Angehörigen die Kosten der Beerdigung zu ersetzen (§ 844 BGB). Die Haftung ergibt sich weitgehend aus Spezialgesetzen über die Gefährdungshaftung (Haftpflichtgesetz, Luftverkehrsgesetz, Atomgesetz).

Darüber hinaus ist der Ersatzpflichtige schadensersatzpflichtig, wenn der getötete Unterhaltspflichtige eine gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber einem Unterhaltsberechtigten zu erfüllen hatte. Vertragliche Unterhaltsansprüche werden nicht erfasst (BGH NJW 2001, 971). Diese Ersatzpflicht besteht auch dann, wenn ein Kind zur Zeit der Tötung gezeugt, aber noch nicht geboren war. Stand der Hinterbliebene zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis, hat der Ersatzpflichtige für das zugefügte seelische Leid zudem eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten (§ 844 Abs. III BGB).

Muss der Anspruch eingeklagt werden, handelt es sich um keine Familiensache, sondern um einen Schadensersatzprozess, der in die Zuständigkeit der Amts- und Landgerichte fällt.

Alles in allem

Die auf den ersten Blick vermeintlich klaren gesetzlichen Regelungen bergen im Einzelfall viel Konfliktpotenzial. Letztlich sind nicht unbedingt die gesetzlichen Regelungen komplex, komplex sind vielmehr die Lebensumstände, die sich in diesen gesetzlichen Regelungen widerspiegeln. Sind Sie als Unterhaltsberechtigter oder als Unterhaltspflichtiger betroffen, sollten Sie sich unterhaltsrechtlich beraten lassen und möglichst nicht ins Blaue hinein argumentieren.


Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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