Trotz langer Betriebszugehörigkeit ist eine fristlose Kündigung durch einen Arbeitszeitbetrug gerechtfertigt

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Arbeitszeitbetrug ist eine schwerwiegende Beschädigung des Vertrauensverhältnisses

Das LAG Hessen hatte sich in seinem Urteil vom 17.02.2014, Az.: 16 Sa 1299/13 mit der Abwägung zwischen Arbeitszeitbetrug und langer Betriebszugehörigkeit zu befassen.

Was war geschehen?

Ein 46-jähriger Arbeitnehmer, der über 25 Jahre in einem Unternehmen beschäftigt war, hat bewusst das Zeiterfassungsgerät manipuliert. Sobald die Chipkarte vor diesem Gerät zur Anmeldung oder zur Abmeldung vorgehalten wird, ertönt ein Signal. Der Arbeitnehmer hielt jedoch seine Hand derart über die Chipkarte, sodass die Karte vom Gerät nicht gelesen werden konnte und beim Abmelden keine Registrierung erfolgte. Dies nahm der Arbeitnehmer aufgrund des nicht ertönten Signals auch wahr. Dies tat er auch bei der darauffolgenden Anmeldung. Als dies dem Unternehmen bekannt wurde, wurde dem Arbeitnehmer fristlos gekündigt.

Wie hat das Gericht entschieden?

Diese fristlose Kündigung war gerechtfertigt. Denn der Arbeitnehmer hat einen Betrug gemäß § 263 I StGB in Form eines Arbeitszeitbetruges begangen. Er hat vorsätzlich das Zeiterfassungsgerät in der Weise benutzt, dass kein Signal erklang, wenn er sich abmeldete und danach wieder anmeldete, indem er seine Hand über die Chipkarte hielt. Daraufhin ertönte das Signal nicht. Dadurch wusste der Arbeitnehmer, dass seine Arbeitszeit nicht unterbrochen wurde. Er manipulierte das Zeiterfassungsgerät vorsätzlich und mit Bereicherungsabsicht. Aufgrund dieser strafbaren Handlung war dem Unternehmen eine fristgemäße Kündigung nicht zumutbar. Denn der Arbeitszeitbetrug stellt einen derartigen wichtigen Grund i.S.v. § 626 BGB dar, sodass die Kündigungsfrist nicht eingehalten werden musste. Die lange Betriebszugehörigkeit tritt im Wege einer Interessenabwägung eindeutig hinter der Straftat zurück. Eine fristlose Kündigung gemäß § 626 BGB war daher zulässig und geboten.

Praxistipp

Bei einem Arbeitszeitbetrug ist es unerheblich, dass der Arbeitnehmer bereits eine lange Zeit ohne Tadel im Betrieb tätig war. Dies ist nicht zugunsten des Arbeitnehmers in der Interessenabwägung zu berücksichtigen.

Ebenfalls ist nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung unerheblich, dass dem Arbeitgeber ein bedeutungsvoller oder überhaupt ein finanzieller Schaden entstanden ist. Denn es liegt ein bewusst und vorsätzlich begangenes Delikt gegen das Vermögen des Unternehmens vor, wodurch das Vertrauensverhältnis in erheblicher Weise beeinträchtigt wurde.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet Arbeitsrecht

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