Trunkenheitsfahrten im Ausland und ihre rechtlichen Folgen in Deutschland

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Die Deutschen sind ein mobiles Völkchen und häufig mit dem Kfz beruflich und urlaubsbedingt auf Achse. Doch was passiert eigentlich in Deutschland, wenn man im Ausland durch Alkohol am Steuer aufgefallen ist? Nachfolgende Ausführungen von Rechtsanwalt Heiko Urbanzyk aus Coesfeld gelten für Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis.

Verwaltungsrechtliche Folgen

Wird dem Trunkenheitsfahrer die Fahrerlaubnis im Ausland entzogen, gilt dies grundsätzlich allein für das dortige Hoheitsgebiet. Häufig sind aber auch hierzulande führerscheinrechtliche Folgen zu erwarten.

Alkohol am Steuer im Ausland führt in Deutschland nicht zu Punkten in Flensburg. Es gibt also keine Eintragung im Fahrerlaubnisregister (FAER) des Kraftfahrtbundesamtes. Ein Entzug der Fahrerlaubnis durch bloßes Erreichen von acht Punkten ist also ausgeschlossen.

Die Auslandstat berechtigt jedoch die deutsche Fahrerlaubnisbehörde unter den Voraussetzungen der deutschen Fahrerlaubnisverordnung dazu, einen „Idiotentest“ (MPU) anzuordnen (§ 13 FeV). Insofern kann die Auslandstat dieselben führerscheinrechtlichen Auswirkungen auf Zweifel an der Fahreignung haben wie eine in Deutschland begangene. Voraussetzung ist allerdings, dass der im Ausland geführte Tatnachweis deutschen Standards entspricht (vgl. z. B. OVG Münster, Beschluss vom 25.10.2016, Az. 16 A 1237/14). Das rechtskräftige ausländische Strafurteil als solches bindet die deutsche Fahrerlaubnisbehörde aber nicht dahingehend, dass die darin genannte Atemalkoholkonzentration (AAK) vorgelegen hat. Da im Ausland zur Verurteilung häufig kein Blutalkoholtest gemacht wird, sondern ein (wesentlich ungenauerer) Atemalkoholtest, bieten sich beispielweise hier Verteidigungsansätze gegen die behördliche Aufforderung, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen.

Strafrechtliche Folgen

Eine strafrechtliche Verurteilung im Ausland wegen einer dort begangenen Trunkenheitsfahrt hindert grundsätzlich nicht eine weitere Verurteilung für dieselbe Tat vor einem deutschen Gericht, einschließlich Entziehung der Fahrerlaubnis und Sperre für die Neuerteilung. Dies wurde mehrfach durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt.

Allerdings gehören die meisten uns umgebenden Anrainerstaaten glücklicherweise zum sogenannten Schengener Durchführungsabkommen (SDÜ) bzw. zum Übereinkommen zwischen den EU-Mitgliedsstaaten über das Verbot doppelter Strafverfolgung. In diesen Fällen wird die Auslandstat dann nicht in Deutschland doppelt bestraft, wenn im Ausland ein Gerichtsurteil oder eine durch ein ordentliches Gericht erlassene Strafverfügung erfolgte, § 54 SDÜ. Eine lediglich durch ausländische Verwaltungsentscheidung erfolgende Ahndung hindert eine doppelte Bestrafung in Deutschland hingegen nicht (so zu einem österreichischen, verwaltungsrechtlichen „Straferkenntnis“ eines Bezirkshauptamtes das Bayerische Oberste Landesgericht, Urteil vom 26.05.2000, Az. 1St RR 67/00). Insgesamt sind die Fälle der drohenden Doppelbestrafung dank Europarecht eher selten; wenn sie eintreten, muss jedoch gerade deshalb ein Spezialist in dieser Materie als Verteidiger beauftragt werden.

Vollstreckung ausländischer Strafen in Deutschland

Praktisch hohe Bedeutung hat die Vollstreckung ausländischer Strafgerichtsentscheidungen in Deutschland. Wohnt ein Straftäter in Deutschland und wurde er insbesondere in Abwesenheit verurteilt, beantragen ausländische Behörden hierzulande die Übernahme der Vollstreckung der Urteile. Das heißt konkret: Wer im Ausland für seine Trunkenheitsfahrt ins Gefängnis müsste, fährt dann gegebenenfalls hier ein. Möglich macht es § 49 des Internationalen Rechtshilfegesetzes in Strafsachen (IRG). Dieses verlangt allerdings von deutschen Behörden auch, dem ausländischen Vollstreckungsverlangen nur dann nachzukommen, wenn im Ausland verfahrensrechtliche Mindeststandards eingehalten werden. Dass ein ausländischer Staat in Abwesenheit des Betroffenen verurteilt, was in Deutschland grundsätzlich verboten ist, ist dabei kein Vollstreckungshindernis. Verurteilung in Abwesenheit ist jedoch Anlass genug, die konkrete ausländische Verurteilung genauer gerichtlicher Überprüfung zu unterziehen. Wenn schon ein Trunkenheitsfahrer in Abwesenheit verurteilt wird, dann sollte der verurteilende Staat beispielsweise zumindest eine ordnungsgemäße Ladung des Angeklagten zur Gerichtsverhandlung nachweisen können (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 17.10.2014, Az. 1 Ws 241/12).

Insgesamt lässt sich festhalten, dass es bei Begehung von Trunkenheitsfahrten durch Deutsche bzw. Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis im Ausland nicht damit getan ist, sich möglichst schnell zu verkrümeln und nie wieder in dieses Land einzureisen. Denn ob mit oder ohne Bestrafung im Ausland: Es droht Ungemach auch hierzulande, und zwar praktisch am häufigsten seitens der Verwaltung/Führerscheinstelle sowie der Strafvollstreckungsbehörden.

Wenn bereits in rein innerstaatlichen Verfahren rund um Verkehrsstraftaten mit Alkohol- und Drogenbezug dringend ein Verteidiger hinzugezogen werden sollte, dann gilt das erst recht bei Auslandsbezug.


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