„Udo Honig“ & Co - Zur rechtlichen Zulässigkeit von Fernseh-Satiren, Doku-Dramen und Bio-Pics

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Der Trend zur Verfilmung von wahren Geschichten reißt nicht ab. Aber immer wieder wehren sich Menschen gegen die Ausstrahlung von solchen Filmwerken. Insbesondere Straftäter wollen verhindern, dass das zurückliegende Geschehen noch einmal in Form einer Dokumentation zur Sprache kommt.

Tatsächliche Ereignisse als Filmmotive

Immer wieder werden wahre Geschichten wahren Geschichten für Fernsehfilme aufgegriffen. So laufen Dreharbeiten für die an den Fall Uli Hoeneß angelehnte Satire, in der Uwe Ochsenknecht in der Titelrolle seine Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung antreten muss. Weitere Beispiele sind die Verfilmung des Aufstiegs Guttenbergs zum Minister, die tragische Liebesgeschichte der Grünenpolitiker Petra Kelly und Gerd Bastian, die filmische Aufarbeitung des Contergan-Skandals, der Rücktritt des Bundespräsidenten Wulff, die Story des Verlegers Axel Springer, das Verbrechen der Oetker-Entführung, die spektakuläre Tunnel-Flucht nach West-Berlin oder die Geschichte der RAF. Doch Spielfilme über tatsächliche Schicksale, große Kriminalfälle und berühmte Persönlichkeiten stoßen auf nicht zu unterschätzende rechtliche Probleme.

Probleme bei der Verfilmung wahrer Geschichten

Immer wieder wehren sich Menschen gegen die Ausstrahlung von Doku-Dramen. Insbesondere Straftäter, wie zum Beispiel der Oetker-Entführer, wollen verhindern, dass das zurückliegende Geschehen noch einmal in Form eines Spielfilms oder einer Dokumentation zur Sprache kommt. Die Täter des so genannten Polizistenmords von Lebach erwirkten vor Gericht, dass eine Dokumentation des ZDF nicht ausgestrahlt wurde. Ein SAT.1-Film über das gleiche Verbrechen darf erst seit dem als „Weihnachtsgeschenk für die Rundfunkfreiheit“ bezeichneten Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Fernsehen gezeigt werden. Hier besteht ein Zielkonflikt zwischen dem Veröffentlichungsinteresse der Medien auf der einen Seite und dem Rehabilitierungsinteresse der Täter.

Aber auch die Herstellung von Bio-Pics zum Beispiel über Persönlichkeiten wie Helmut Kohl, Max Schmeling oder Axel Springer birgt Probleme. Denn die in einem Film erkennbar porträtierten Personen – oder deren Erben – wollen sich nicht jede Darstellung gefallen lassen.

Werden nicht bekannte Personen dargestellt, ist besondere Vorsicht geboten. Denn diese dürfen nicht ohne Weiteres als der tatsächlich hinter der portraitierten Person stehende Mensch erkennbar sein. Nichtprominente genießen nämlich grundsätzlich Anonymitätsschutz.

Maßstab der Beurteilung

Der anzusetzende Maßstab, ob die filmische Charakterisierung das Persönlichkeitsrecht eines bestimmten Menschen tangiert, ist unterschiedlich. Es kommt darauf an, ob das gedrehte Werk einen Wahrheitsanspruch hat, den tatsächlichen Fall nur als Grundmotiv benutzt oder eine Satire anlässlich einer realen Geschichte erzählt. Je ernster und journalistischer sich der Film mit dem tatsächlichen Geschehen befasst, desto genauer unterliegt er auch der Überprüfung auf falsche Darstellungen.

Für die Verfilmung der realen Lebensgeschichten von Personen der Zeitgeschichte braucht man entgegen der landläufigen Vorstellung keine Genehmigung. Demnach können sich Menschen, die sich auf Grund ihrer Persönlichkeit oder eines besonderen Geschehnisses im Blickpunkt der Öffentlichkeit befinden, grundsätzlich nicht gegen eine filmische Darstellung wehren. Die Personen der Zeitgeschichte haben aber insbesondere im Fall einer ernsten, journalistischen Darstellung einen Anspruch auf Wahrheitsschutz, so dass sie falsche Tatsachenbehauptungen nicht hinnehmen müssen. Des Weiteren hört die Freiheit der Filmemacher dort auf, wo der Film die gezeigte Person in seiner Menschenwürde angreift.

Die Verfilmung von Kriminalfällen

Bei der Verfilmung von Kriminalfällen ist darauf zu achten, dass das Persönlichkeitsrecht des Straftäters nicht verletzt wird. Insbesondere dann, wenn der Kriminalfall länger zurück liegt und das Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht mehr gedeckt werden muss, ist eine namentliche Mediendarstellung von Tätern heikel. Denn das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass eine Gefährdung der Resozialisierung vorliegt, wenn der Täter identifiziert werde und die Sendung nach oder kurz vor seiner Entlassung ausgestrahlt werde. Ebenso hat das höchste deutsche Gericht aber in seiner berühmten Entscheidung Lebach II betont, dass der Täter keinen Anspruch darauf habe, in der Öffentlichkeit nicht mehr mit seiner Tat konfrontiert zu werden. Insbesondere wenn der Täter in der Verfilmung nicht mehr ohne weiteres zu identifizieren sei, führe dieses nicht zu einer Beeinträchtigung seiner Resozialisierung.

Verfilmung des Lebens berühmter Persönlichkeiten

Bei Fernseh-Satiren, Bio-Pics und Doku-Dramen in denen das Leben von realen Personen verfilmt wird, ist ebenfalls darauf zu achten, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Dargestellten nicht verletzt wird. So kann zum Beispiel die Beschäftigung mit Themen aus der Intimsphäre auch bei Personen der Zeitgeschichte unzulässig sein. Probleme ergeben sich des Weiteren, wenn im Film Tatsachen aufgestellt werden, für die es keine Anhaltspunkte gibt. Insgesamt ist der Filmproduzent umso freier in seiner Darstellung, je weiter er seinen Anspruch auf Authentizität verlässt. Wer zum Beispiel eine als solche erkennbare Satire über Uli Hoeneß als „Udo Honig“ dreht, ist folglich in seiner stofflichen Umsetzung viel freier als bei einem Dokumentarfilm.

Fazit

Die Verfilmung von wahren Geschichten ist rechtlich problematisch. Nicht selten fühlen sich Menschen durch die filmische Umsetzung eines sie betreffenden Themas verletzt und machen zum Teil erfolgreich Unterlassungsansprüche gegen das Filmprojekt geltend.

Am einfachsten ist es für den Filmemacher dann, wenn er eine fiktive Geschichte nach einer wahren Begebenheit verfilmt. Dann ist die künstlerische Freiheit nicht so sehr durch den Wahrheitsanspruch beschränkt. Wer dazu, für den Zuschauer erkennbar, die Form einer Satire wählt, hat den größten Freiraum, da das Persönlichkeitsrecht der Dargestellten dann weiter eingeschränkt ist.

Im Allgemeinen sollte bei der Verfilmung von tatsächlichen Geschehnissen aber immer überlegt werden, wie dargestellte Personen oder Orte neutralisiert werden können. Denn die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist unwahrscheinlicher, wenn eine Identifikation nicht ohne weiteres möglich ist.

Fühlt man sich durch ein Filmprojekt als Dargestellter in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt, bietet das Zivilrecht grundsätzlich Schutzansprüche, die idealerweise zeitnah geprüft und ggf. geltend gemacht werden sollten.

Sinnvoll erscheint es auch, bei der Verfilmung von Geschichten über prominente Menschen den Kontakt mit selbigen zu suchen. Vielfach können Missverständnisse oder Probleme im Vorfeld ausgeräumt werden, ohne dass es das Ergebnis beeinträchtigt und später zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommt.

Burkhard Renner, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht


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