Umfang der Schweigepflichtentbindung bei Lebensversicherung

  • 1 Minuten Lesezeit

Im vorliegenden Fall begehrte die klagende Witwe als Bezugsberechtigte einer von ihrem Ehemann abgeschlossenen Risikolebensversicherung die Todesfallleistung in Höhe von 51.000,00 EUR. Dieser war tödlich verunglückt, hatte jedoch bei Antragstellung die sich jeweils auf die letzten zehn Jahre davorliegenden Gesundheitsfragen falsch beantwortet und hierbei einen – mit dem tödlichen Unfall in keinerlei Zusammenhang stehenden – Suizidversuch mit anschließender stationärer Behandlung verschwiegen. In der Schlusserklärung des Versicherungsantrages hatte er eine Schweigepflichtentbindungserklärung seiner ihn behandelnden Ärzte für die Zeit vor Antragsannahme und die nächsten drei Jahre sowie – hinsichtlich todesursächlicher Erkrankungen – auch über den Tod hinaus abgegeben. Nach Kenntniserlangung über den Selbstmordversuch erklärte die beklagte Versicherung die Anfechtung ihrer Vertragsannahme wegen arglistiger Täuschung.


Der BGH bestätigte mit Hinweisbeschluss vom 21.09.2011 zum Az IV ZR 203/09 zunächst, dass nach Ablauf der 3-Jahresfrist in der Schlusserklärung die Ärzte nur noch zu todesursächlichen Erkrankungen befragt werden durften. Die nach dem erst fünf Jahre nach Abschluss der Versicherung eingetretenen tödlichen Unfall erlangten Erkenntnisse über den Selbstmordversuch waren daher von der Schlusserklärung nicht mehr gedeckt. Nachdem vorliegend beiden Seiten ein Rechtsverstoß zur Last fiel, musste unter umfassender Abwägung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalles entschieden werden, ob die beklagte Versicherung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gem. § 242 BGB unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung daran gehindert war, sich auf die ohne ausreichende Rechtsgrundlage erlangten Erkenntnisse zur Arglistanfechtung nach § 123 BGB zu berufen.


Nachdem sie auch nicht etwa systematisch und gezielt die Beschränkungen der Schlusserklärung umgangen hatte, und diese Informationen jedenfalls zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers noch rechtmäßig hätte erlangen können, trat demgegenüber dieser „formelle“ Verstoß im Ergebnis zurück. Ausschlaggebend hierfür war nicht allein das arglistige Verhalten des Versicherungsnehmers, sondern auch das Interesse des Versicherers an einer ordnungsgemäßen Risikoprüfung und in diesem Zusammenhang das anerkennenswerte Interesse an der Offenlegung risikorelevanter Vorerkrankungen.



Weitere Informationen auch zu anderen Themen finden Sie unter „www.dr-s-v-berndt.de“.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Dr. Sabine Veronika Berndt

Beiträge zum Thema