Unerwünschte Versetzung – Muss ich der Weisung folgen?

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Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 18.10.2017 (Az.: 10 AZR 330/161) entschieden: Arbeitnehmer sind gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB nicht und auch nicht nur vorläufig an eine Weisung des Arbeitgebers gebunden sind, wenn die Weisung die Begrenzung billigen Ermessens nicht wahrt (man spricht von einer „unbilligen Weisung“).

Das Gericht entschied über eine Versetzung von Dortmund nach Berlin. In den Urteilsgründen macht das BAG deutlich: 

Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt (regelmäßig) eine Abwägung der wechselseitigen Interessen. Dies hat so zu erfolgen, dass eine verfassungsrechtliche und gesetzliche Wertentscheidung vom Arbeitgeber getroffen werden muss, die ihrerseits die allgemein anerkannten Wertungsgrundsätze der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit ausreichend berücksichtigt.

Der Arbeitgeber hat abzuwägen und zwar alle Umstände des Einzelfalls!

Das unternehmerische Bestimmungsrechts nach § 106 GewO, § 315 Abs. 1 BGB bleibt auch bei Versetzungen bestehen und gibt dem Arbeitgeber einen Spielraum, den er nach billigem Ermessen auszufüllen hat, um seine einseitige Leistungsbestimmung rechtsgestaltend vorzunehmen. Innerhalb seiner Entscheidungsfindung bleiben dem Arbeitgeber mehrere Gestaltungsmöglichkeiten; selten konzentriert sich die Leistungsbestimmung auf nur eine rechtmäßige Entscheidung.

„Billiges Ermessen“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, den die Gerichte bei den von ihnen zu fällenden Urteilen auszufüllen haben. Diese Pflicht besteht auch bei der Überprüfung der Ausübung des Weisungsrechts nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB. Das BAG ist als Revisionsinstanz an diesem Punkt der Prüfung beschränkt kompetent.

Ergebnis: Wägt der Arbeitgeber nicht ausreichend ab und ist seine Versetzung/Weisung deshalb unbillig, dann muss der Arbeitnehmer nicht – auch nicht zeitweilig – Folge leisten. Daraus folgt weiter, dass der Arbeitgeber auch keine Abmahnung oder Kündigung aussprechen darf, wenn der Mitarbeiter eine unbillige Weisung nicht befolgt. 


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