Unterhalt absetzen von der Steuer - Vermögen des Kindes ist relevant
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Unterhaltsleistungen an Verwandte in gerader Linie können als außergewöhnliche Belastungen von der Einkommensteuer abgezogen werden. Wie so oft im Steuerrecht, steckt der Teufel im Detail. Unter anderem kommt es darauf an, dass das sogenannte Schonvermögen des Unterhaltsempfängers bestimmte Grenzen nicht überschreitet und darauf, zu welchem Zeitpunkt die Zahlungen getätigt wurden.
Im Blickpunkt des Interesses steht ein Urteil des Bundesfinanzhofs. Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH, Urteil v. 29. Februar 2024, Az. VI R 21/21) betrifft die Anforderungen an das sogenannte Schonvermögen bei der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastungen. Die wichtigsten Punkte lauten:
- Die Wertgrenze für “ein geringes Vermögen” im Sinne des § 33a Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) beträgt 15.500 € (Schonvermögen). Diese Grenze wurde für das Streitjahr 2019 nicht beanstandet. Ob diese Wertgrenze auch für die Folgejahre Anwendung findet oder eventuell höher anzusetzen ist, bleibt abzuwarten.
- Angesparte und noch nicht verbrauchte Unterhaltsleistungen werden grundsätzlich erst nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie dem Unterhaltsempfänger zugeflossen sind, zu abzugsschädlichem Vermögen.
Was ist, wenn das Kind Vermögen besitzt?
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte im Hinblick auf das Kalenderjahr 2019 klargestellt, dass Unterhaltsleistungen nur dann als außergewöhnliche Belastungen von der Einkommensteuer abgezogen werden dürfen, wenn der Unterhaltsempfängers nicht mehr als 15.500 € Vermögen besitzt. Dies ist das sogenannte Schonvermögen. Das Schonvermögen bezeichnet den Betrag, den ein Unterhaltsempfänger behalten darf, ohne dass dieser für den Unterhalt herangezogen wird. Darüber hinaus hat der BFH klargestellt, dass die monatlichen Unterhaltsleistungen bei der Berechnung des Vermögens nicht ohne Weiteres zu berücksichtigen sind. Das Urteil enthält einige Details, die der näheren Ausführung bedürfen und bei der praktischen Handhabung im Einzelfall berücksichtigt werden sollten.
Was war der Sachverhalt?
Die Eltern eines Kindes machten in ihrer Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 2019 Unterhaltszahlungen an ihren studierenden Sohn in Höhe von 10.537 € als außergewöhnliche Belastungen geltend. Für den Monat Januar 2019 überwiesen sie bereits am 28.12.2018 = 500 € für den Lebensunterhalt des Sohnes. Das Finanzamt lehnte es ab, die Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Der Sohn habe ausweislich der Kontoauszüge seiner Bank per 1.1.2019 über 15.950 € verfügt und habe damit ein nicht nur geringes Vermögen im Sinne des § 33a Abs. I Satz 4 EStG besessen.
Wie entschied der Bundesfinanzhof?
Der BFH stellte klar (Urteil v. 29.2.2024, Az. VI R 21/21), dass ein Vermögen von bis zu 15.500 € als gering anzusehen sei. Es gelte als Schonvermögen. Nur ein Vermögen oberhalb dieser Wertgrenze lasse die Bedürftigkeit des Unterhaltspflichtigen entfallen. Nur dann stehe der Unterhaltsberechtigte in der Pflicht, sein eigenes Vermögen für sein Unterhalt einzusetzen und zu verwerten. Dabei komme es auch nicht darauf an, ob es sich um Barvermögen handelt oder sonstige Vermögenswerte, die eventuell zu Geld gemacht werden könnten. Nebenbei wies der BFH darauf hin, dass es nicht zu beanstanden sei, dass die Höhe des Schonvermögens von 15.500 € trotz der Geldentwertung seit 1975 nicht angepasst wurde. Schließlich liege der Betrag noch deutlich oberhalb des steuerlichen Grundfreibetrages (9.168 € im Jahr 2019) sowie über dem Betrag des Schonvermögens, der im Sozialrecht eine Rolle spielt.
Der BFH nahm auch im Hinblick auf die Vermögensberechnung Stellung. Die monatlichen Unterhaltszahlungen der Eltern seien nicht sofort in die Vermögensberechnung einzubeziehen. Soweit der Sohn Geld anspart und nicht verbraucht, würden diese Zahlungen erst nach Ablauf des Kalenderjahres zu Vermögen, das zu berücksichtigen sei.
Die am 28.12.2018 geleistete Unterhaltszahlung für den Januar 2019 sei daher beim Vermögen zum 01.01.2019 nicht zu berücksichtigen. Der Sohn hatte zum 1. Januar 2019 die Grenze des Schonvermögens nämlich nur deshalb überschritten, weil er den Unterhalt für Januar 2019 bereits am 28.12.2018 erhalten hatte. Zum Zeitpunkt 1.1.2019 sei daher von einem nicht schädlichen Vermögen des Sohnes in Höhe von 15.450 € auszugehen. Die Unterhaltszahlung für Januar werde für den laufenden Unterhalt benötigt und daher verbraucht.
Was ist wichtig, wenn Sie Unterhaltszahlungen leisten?
Verwandtschaft in gerader Linie: Elternteile können ihre Unterhaltszahlungen an eine bedürftige Person als außergewöhnliche Belastungen in der Einkommensteuererklärung geltend machen, sofern sie mit der bedürftigen Person in gerader Linie verwandt sind. Verwandte in gerader Linie sind Kinder, Enkelkinder oder die eigenen Eltern. Unterstützungsleistungen an Verwandte in der Seitenlinie, wie Geschwister oder Neffen oder Nichten, sind nicht steuerlich begünstigt.
Kein Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag: Leisten Sie Zahlungen an ein Kind, können die Zahlungen nur steuerlich berücksichtigt werden, wenn Sie für Ihr Kind keinen Anspruch auf Kindergeld oder den steuerlichen Kinderfreibetrag mehr haben. Ihr Anspruch auf Kindergeld oder den Kinderfreibetrag entfällt, sobald das Kind das 25. Lebensjahr vollendet hat.
Bedürftigkeit des Unterhaltsempfängers: Ihre Unterhaltsleistungen sind steuerlich absetzbar, soweit der Angehörige tatsächlich darauf angewiesen ist. Dies ist der Fall, wenn er durch eigenes geringes Einkommen nicht imstande ist, sich selbst zu finanzieren. Außerdem darf der Empfänger nur über ein bestimmtes Vermögen verfügen. Die dafür maßgebliche Schongrenze liegt bei 15.500 €. Diese Grenze hat der Bundesfinanzhof im oben bezeichneten Urteil vom 29.2.2024 zumindest für den Zeitraum bis zum Jahr 2019 bestätigt. Ob diese Grenze auch für spätere Kalenderjahr Bestand hat, lässt sich aus diesem Urteil nicht ableiten.
Eigenes Einkommen des Kindes: Hat das Kind ein eigenes Einkommen, wird alles über 624 € von der Summe Ihrer Zahlungen abgezogen. Dazu zählen sämtliche Einkünfte, auch steuerfreie, wie beispielsweise das Elterngeld. Das Finanzamt fordert daher beim Empfänger eine Auskunft über seine Einkommensverhältnisse an. Zahlungen, die den maximalen Betrag von 10.908 € (Jahr 2023) und 11.604 € (Jahr 2024) übersteigen, können steuerlich nicht mehr geltend gemacht werden. Eine Ausnahme besteht, soweit Sie auch die Beiträge des Kindes zur Kranken- und Pflegeversicherung übernehmen. Diese sind zusätzlich geltend zu machen. Die Unterhaltszahlungen, die Sie als außergewöhnliche Belastungen ansetzen, bleiben für den Empfänger steuerfrei und brauchen auch in dessen Steuererklärung nicht angegeben zu werden.
Beispiel
Sie unterstützen Ihren Sohn mit 600 € im Monat. Tom ist 28 Jahre alt und studiert auswärts. Der Anspruch auf Kindergeld ist mit der Vollendung des 25. Lebensjahres entfallen. Als geringfügig Beschäftigter jobbt Tom in einer Kneipe und erhält dafür 250 € im Monat. Außerdem übernehmen Sie die Basisbeiträge für die Pflege- und Krankenversicherung in Höhe von 100 € Monat, insgesamt 1.200 € im Jahr.
Hätte Tom kein eigenes Einkommen, könnten Sie für das Jahr 2024 = 11.604 € + 1200 € für die Basisbeiträge absetzen, insgesamt also 12.804 €. Verdient Tom 3.000 € im Jahr in der Kneipe, wäre vorab eine Kostenpauschale von 180 € abziehen. Unter Berücksichtigung eines anrechnungsfreien Betrages von 624 € verbleiben von seinem Gehalt noch 2.196 €, die Ihren absetzbaren Unterhaltshöchstbetrag reduzieren. Sie könnten dann 12.804 € - 2.196 € = 10.608 € als außergewöhnliche Belastung in Ihrer Einkommensteuererklärung steuerlich geltend machen.
Praxistipp: Zeitpunkt der Zahlung
Das oben bezeichnete Urteil des Bundesfinanzhofs hat bereits auf die Probleme hingewiesen, wenn Unterhaltszahlungen zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgen. Insoweit kann es auf den Zeitpunkt der Zahlung ankommen. Wird die Unterhaltszahlung gegen Jahresende geleistet, die für das folgende Jahr bestimmt ist, hat dies Konsequenzen: Mit der Zahlung ist der Betrag im Jahr der Zahlung steuerlich nicht absetzbar, weil er für das Folgejahr bestimmt ist. Im Folgejahr kommt der Abzug nicht in Betracht, weil die Zahlung nicht in diesem Jahr erbracht wurde (BFH, Urteil vom 25.4.2018, Az. VI R 35/16). Denn, Unterhaltszahlungen werden nur berücksichtigt, als die Aufwendungen dazu bestimmt und geeignet sind, den laufenden Lebensbedarf des Unterhaltsempfängers im Veranlagungszeitraum der Unterhaltszahlung zu dienen. Ist die Zahlung also für den Januar gedacht, sollte sie auch erst im Januar erfolgen.
Das richtige Timing spielt noch eine andere Rolle: Erfolgt die Zahlung nicht im Januar, sondern beispielsweise im Juni, müssten Sie den steuerlichen Höchstbetrag zwölfteln. So könnten Sie wegen der Zahlung im Juni für das gesamte Kalenderjahr nur 7/12 des Höchstbeitrages von 11.604 € (Jahr 2024) geltend machen.
Außerdem empfiehlt sich, die Zahlungen möglichst per Überweisung vorzunehmen. Nur so ist gewährleistet, dass Sie die Zahlungen nachweisen können. Wird das Geld bar übergeben, dürfte der Nachweis schwierig sein.
Praxistipp: Anlage Unterhalt
Sie benötigen als Anlage zu Ihrer Einkommensteuererklärung die Anlage Unterhalt. Diese Anlage Unterhalt ist nicht mit der Anlage U zu verwechseln. Die Anlage U betrifft Unterhaltszahlungen an geschiedene oder dauernd getrenntlebende Ehepartner. In der Anlage Unterhalt tragen Sie in Zeile 7 Ihre Zahlungen ein. In Zeile 11 sind die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung einzutragen. Um das Einkommen des Kindes festzustellen, wird das Finanzamt beim Kind eine Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse anfordern.
Alles in allem
Das Steuerrecht erweist sich immer wieder als ein Rechtsgebiet mit vielen Tücken. Es gut zu meinen, reicht nicht unbedingt aus. Die richtige Information zur rechten Zeit ist nicht zuletzt Voraussetzung dafür, dass Sie steuerliche Sackgassen vermeiden. Es empfiehlt sich, sich wegen der komplexen Gegebenheiten im Steuerrecht steuerlich oder anwaltlich beraten zu lassen.
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