Unterhalt bei BAföG

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Der Staat kann das Studium finanziell mit BAföG unterstützen. Diese Leistung zählt unterhaltsrechtlich als Einkommen und reduziert den Unterhaltsanspruch von Studierenden gegen ihre Eltern. Doch was bedeutet das im Detail für Familien, in denen die Kinder BAföG erhalten? Wie wirkt sich eine Trennung und Scheidung der Eltern auf den Unterhaltsanspruch aus? Diese und weitere Fragen klären wir im Folgenden.

Wird BAföG mit Unterhalt verrechnet und vom Unterhalt abgezogen?

Bezieht ein Kind also BAföG, ist es nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr unterhaltsbedürftig. Es muss in der Lage sein, seinen Lebensunterhalt auf der Grundlage der BAföG-Leistungen zu finanzieren. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 26.9.2013, Az. 2 WF 161/13) unmissverständlich klargestellt.

Unterhaltsrechtlich ist es so, dass Eltern gegenüber ihren Kindern zwar unterhaltspflichtig sind. Diese Unterhaltspflicht besteht aber nur insoweit, als das Kind tatsächlich wirtschaftlich bedürftig und insoweit auf die finanzielle Unterstützung der Eltern angewiesen ist (§ 1601 BGB). Bezieht das Kind BAföG-Leistungen, ist es im Hinblick auf das ausgezahlte BAföG finanziell nicht mehr bedürftig und insoweit auch nicht mehr auf die Unterstützung der Eltern angewiesen.

Was hat Vorrang - Unterhalt oder BAföG?

Eltern sind dazu verpflichtet, ihren Kindern eine Erstausbildung zu ermöglichen. Dazu gehört es auch, während Ausbildung und Studium Unterhalt zu zahlen. Den studierenden Kindern wiederum ist es zuzumuten, BAföG-Leistungen in Anspruch zu nehmen:

  • BAföG wird als Zuschuss und zur anderen Hälfte als unverzinsliches Darlehen gewährt.
  • Das Darlehen ist erst fünf Jahre nach dem Ende der Förderung in monatlichen Raten zu tilgen.
  • Zudem ist die Tilgung auf einen Höchstbetrag von 10.000 EUR beschränkt und kann bei guten Leistungen teils auch erlassen werden.

Gerade wegen dieser günstigen Konditionen sei es Studierenden in der Regel auch ohne weiteres zuzumuten, BAföG in Anspruch zu nehmen. Insoweit hat die Möglichkeit, BAföG-Leistungen zu beantragen, immer Vorrang vor dem Anspruch auf Unterhalt. Elternteile können das Kind also stets darauf verweisen, zunächst BAföG zu beantragen und können die Forderung nach elterlichem Unterhalt insoweit zurückweisen. Auch wenn das Kind ein Stipendium bezieht, ist der Betrag in voller Höhe auf den Unterhaltsbedarf anzurechnen. Stipendien stehen insoweit BAföG-Leistungen gleich.

Was passiert, wenn das Kind kein BAföG beantragt?

Unterlässt es das Kind bewusst, BAföG zu beantragen, obwohl ein Antrag Aussichten auf Erfolg hätte, muss sich das Kind in Höhe der BAföG-Leistungen ein theoretisch mögliches, ein sogenanntes fiktives Einkommen anrechnen lassen. Dieser theoretisch erzielbare BAföG-Betrag zählt als Einkommen und reduziert den Unterhaltsanspruch gegenüber den Eltern. Auch dieser Aspekt hat das Oberlandesgericht Hamm klar zum Ausdruck gebracht.

Ein Student kann also nicht damit argumentieren, er oder sie wolle sich nicht bereits in Zeiten der Ausbildung verschulden, deshalb kein BAföG beantragen und stattdessen lieber die Eltern auf Unterhalt in Anspruch nehmen. Studierende sind insoweit verpflichtet, die staatlichen Möglichkeiten zu nutzen und die Eltern finanziell zu entlasten.

Was ist, wenn Eltern Einkommensauskünfte verweigern?

Damit das Kind BAföG beantragen kann, sind beide Elternteile verpflichtet, Auskünfte über ihre Einkommensverhältnisse zu erteilen. Verweigert ein Elternteil die Auskunft über die Einkommensverhältnisse, kann das Kind im Regelfall keinen BAföG-Antrag begründen. In diesem Fall besteht die Möglichkeit, dass das Kind BAföG-Leistungen als Vorausleistung beantragt (§ 36 BAföG) Für den Antrag auf Vorausleistung ist das Formblatt 8 zum BAföG-Antrag zu verwenden. In diesem Fall kann das Kind BAföG ohne Anrechnung des Einkommens der Eltern oder des Elternteils beantragen. Das BAföG-Amt schießt das Geld insoweit vor, allerdings unter der Voraussetzung, dass das Kind grundsätzlich Anspruch auf BAföG hat. Das Kind muss dann schriftlich versichern, dass die Eltern oder ein Elternteil jegliche Unterstützung verweigert. Das BAföG-Amt wird den Elternteil direkt auffordern, Stellung zu nehmen und danach endgültig über den BAföG-Antrag des Kindes entscheiden.

Soweit der BAföG-Antrag abgelehnt wird, besteht noch die Möglichkeit, über eine Bank ein KfW-Darlehen für Studienzwecke zu erhalten. Die KfW-Bank ist eine staatliche Bank, die zinsverbilligte Darlehen gewährt, die das Kind erst nach Abschluss seines Studiums nach Maßgabe seiner Einkommensverhältnisse zurückzahlen muss.

Kind muss auch eigenes Vermögen einsetzen

Besitzt das Kind eigenes Vermögen, ist es verpflichtet, dieses Vermögen bis auf einen Schonbedarf von 5000 EUR zur Deckung seines Unterhalts einzusetzen (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 16.10.2015, Az. 2 UF 107/15). Erst wenn das Vermögen aufgebraucht ist, kann es Unterhaltsansprüche gegen die Eltern geltend machen. Die Unterhaltsansprüche stehen dann wieder unter dem Vorbehalt, dass das Kind keine Möglichkeit hat, BAföG-Leistungen zu beantragen. Verschwendet das Kind sein Vermögen, handelt es rechtsmissbräuchlich und muss sich so behandeln lassen, als ob noch Vermögenswerte vorhanden und bedarfsdeckend eingesetzt werden könnten.

Wird das Kindergeld auf BAföG angerechnet?

Wird das Kind mit der Vollendung des 18. Lebensjahres volljährig, steht dem Kind das Kindergeld in voller Höhe zu. Derjenige Elternteil, der das Kindergeld bezieht, ist verpflichtet, das Kindergeld an das volljährige Kind weiterzuleiten. Das Kindergeld wird, anders als es bis ins Jahr 2012 der Fall war, nicht auf das BAföG angerechnet. Grund ist, dass das Kindergeld zweckgebunden ist und daher nicht als Einkommen zählt. Insbesondere fällt es nicht unter den Einkommensbegriff der §§ 2, 22 EstG.

Endet Unterhalt, wenn BAföG wegen zu langem Studium endet?

Die Höchstförderdauer beim BAföG richtet sich nach der Regelstudienzeit des Hochschulrahmengesetzes. Wer nach diesem Maßstab zu lange studiert, bekommt also kein BAföG mehr. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass auch die Eltern keinen Unterhalt mehr zahlen müssen. Die Unterhaltspflicht der Eltern richtet sich nämlich nicht nach der Regelstudienzeit, sondern nach der durchschnittlichen Studienzeit des konkreten Studienfachs. Hier ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Überschreitung noch „maßvoll“ ist. Dabei kommt es u.a. darauf an, was der Grund für die Verzögerung des Studiums ist und wie gut es um die Einkommensverhältnisse der Eltern steht. So kann ein Auslandsjahr, das das Studium zwar verlängert, aber förderlich für das Studium ist, hinzunehmen und der Kindesunterhalt danach weiterhin zu zahlen sein.

Müssen Studenten durch Arbeit eigenes Geld verdienen?

Studierende sind nicht verpflichtet, während des Studiums nebenher zu arbeiten. Grund ist, dass das Studium eine Vollzeittätigkeit darstellt. Jede Tätigkeit, die der Student also nebenher ausübt, könnte den erfolgreichen und zügigen Studienabschluss verzögern. Ein zügiger Studienabschluss liegt auch im Interesse der Eltern, deren potentiell bestehende Unterhaltspflicht dadurch mit Abschluss des Studiums entfällt.

Arbeitet ein Student trotzdem nebenher, sind eigene Einkünfte nicht auf den Unterhalt anzurechnen, sofern es sich nur um einen Studentenjob oder einen gelegentlich ausgeübten Nebenjob während der Semesterferien handelt. Bei derartigen Einnahmen handelt es sich um sogenannte überobligationsmäßige Einkünfte, also Einkünfte aus einer Tätigkeit, zu der der Student an sich nicht verpflichtet ist.

Eine Ausnahme besteht dann, wenn der Student als Werkstudent tätig ist oder für ein Praktikum eine Vergütung erhält. Diese Einkünfte werden auf den Unterhaltsbedarf des Studenten angerechnet und reduzieren den Unterhaltsanspruch gegenüber den Eltern.

Ähnlich ist es auch, wenn der Student regelmäßig einen 450 EUR Job (Minijob) ausübt. Soweit es sich auch hierbei um eine nicht nur gelegentliche Erwerbstätigkeit handelt, erfolgt nach Abzug eines berufsbedingten Aufwendungsbetrages von mindestens 100 EUR die eine vom Einzelfall abhängige Anrechnung auf den Unterhalt.

Wie steht es um den Unterhalt für Studierende bei getrennt lebenden Eltern?

Das volljährige Kind ist ab seinem 18. Geburtstag nicht mehr betreuungsbedürftig. Die Konsequenz ist, dass beide Elternteile an sich Barunterhalt schulden. Dann sind beide Elternteile nach Maßgabe ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit zum Barunterhalt verpflichtet. Dies gilt auch für diejenigen Elternteil, bei dem das Kind lebt. Leistet dieser Elternteil jedoch Naturalunterhalt in Form von Wohnung, Kleidung oder Verpflegung, ist der Naturalunterhalt mit dem Barunterhalt zu verrechnen. Auch das volljährige Kind hat keinen Anspruch darauf, statt Naturalunterhalt Barunterhalt zu verlangen (OLG Brandenburg, Urteil vom 15.3.2017, Az. 9 UF 288/17). Das Recht des Kindes auf freie Selbstbestimmung tritt insoweit hinter das elterliche Bestimmungsrecht zurück. Die finanziellen Interessen der Eltern genießen insoweit Vorrang.

Beispiel: Wohnt das Kind noch bei einem Elternteil und müsste der Elternteil dem Kind 500 EUR Unterhalt leisten und hätten die Naturalleistungen für die Gewährung von Wohnung und Verpflegung einen Gegenwert von 400 EUR, schuldete der Elternteil nach Verrechnung von Naturalunterhalt und Barunterhalt noch 100 EUR Unterhalt. Der andere Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, wäre in voller Höhe zum Unterhalt verpflichtet. Dieser Restunterhaltsanspruch reduziert sich weiter, soweit das Kind BAföG-Leistungen bezieht.

Unterhalt für Volljährige mit iurFRIEND rechtssicher berechnen lassen

Der Staat gewährt BAföG aus gutem Grund. Dabei geht es nicht nur darum, Studenten finanziell zu fördern, sondern auch darum, Eltern finanziell zu entlasten. Möchten Sie einen Unterhaltsanspruch während des Studiums prüfen oder berechnen lassen, können Sie dies auf unserer Webseite beantragen. 

Das Gute dabei für Sie ist: Sie beantragen die Berechnung zuerst, und beauftragen Sie zunächst noch nicht. Das heißt, Sie hören von uns nach dem Ausfüllen des Formulars zunächst einmal einen Kostenpunkt. Sind Sie damit einverstanden, senden wir Ihnen eine schriftliche Vereinbarung zu, die Sie dann unterzeichnen können. Erst dann ist die Unterhaltsberechnung beauftragt.

Das Online-Formular finden Sie hier, wir freuen uns, von Ihnen zu lesen:

Unser Online-Service ist kostentransparent, gerichtsfest und erfolgt zeitnah. Mittlerweile haben wir über 10 Jahre Erfahrung darin, die wir gerne für Ihre Belange einsetzen!

Foto(s): iurFRIEND

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