Wann genießen Drittsaatangehörige ein Freizügigkeitsrecht in der Europäischen Union?

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Für Staatsangehörige eines EU-Mitgliedsstaates und ihre Familienangehörigen gelten besondere Vorschriften. Sie fallen nicht unter das Aufenthaltsgesetz, sondern vielmehr das Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU). Sie genießen hierdurch zahlreiche Privilegien und es gelten Besonderheiten gegenüber „sonstigen Ausländern“.

Was versteht man unter Freizügigkeit?

Unter dem Begriff „Freizügigkeit“ ist das allgemeine Recht aller Unionsbürger und deren Familienangehörigen zu verstehen, sich in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union aufzuhalten, sofern ausreichende Existenzmittel und ein Krankenversicherungsschutz nachgewiesen werden können. Im Einzelnen gibt es die Arbeitnehmerfreizügigkeit, die Niederlassungsfreiheit, die Freizügigkeit zum Zwecke des Studiums und die Personenfreizügigkeit (vgl. § 2 FreizügG/EU).

Wer ist Familienangehöriger?

Als Familienangehörige gelten Ehepartner, Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs, Enkelkinder und Verwandte in aufsteigender und absteigender Linie, das sind zum einen Eltern, Großeltern sowie Kinder. Voraussetzung für die Freizügigkeit von Familienangehörigen ist, dass der Unterhalt für sie abgesichert ist.

Der argentinische Ehemann einer in Deutschland lebenden Italienerin fällt daher z. B unter das Freizügigkeitsgesetz/EU und nicht das Aufenthaltsgesetz. Gleiches gilt für die Kubanerin, deren italienisches Kind in Deutschland lebt. Nicht verlangt wird, dass zwischen den Drittstaatsangehörigen und den EU-Angehörigen eine dauernde familiäre Lebensgemeinschaft besteht. Auch hätte der argentinische Ehemann der Italienerin die Möglichkeit, seinen 20-jährigen Sohn aus Argentinien nach Deutschland nachziehen zu lassen. Wäre er mit einer Deutschen verheiratet, wäre dies nicht möglich. Hier endet der Kindesnachzug schon im Alter von 18 Jahren.

Dies kann also dazu führen, dass Familienangehörige von Unionsbürgern aus Drittstaaten in manchen aufenthaltsrechtlichen Fragen besser behandelt werden als Familienangehörige eines Deutschen. Man spricht hier von der sogenannten Inländerdiskriminierung. Diese Inländerdiskriminierung wird von der deutschen Rechtsprechung aber hingenommen.

Wie wirkt sich die Trennung von meinem Partner, der freizügigkeitsberechtigt ist, auf mein Aufenthaltsrecht als Drittstaatsangehöriger aus?

Allein durch die Trennung geht das Freizügigkeitsrecht nicht verloren, sondern erst durch die Scheidung. Hier ist zum Beispiel dem argentinischen Ehemann, der sich bereits nach anderthalb Jahren von seiner italienischen Ehefrau trennt, allein wegen der Trennung sein Aufenthaltsrecht nicht zu entziehen, da für ihn nicht das Aufenthaltsgesetz, sondern die besonderen vom Europäischen Gerichtshof entwickelten Maßstäben zum Fortbestand des Freizügigkeitsrechts im Falle der Trennung gelten.

Dies kann zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Wäre nämlich der argentinische Ehemann mit einer deutschen Ehefrau verheiratet, würde ihm sein Aufenthaltsrecht verlustig gehen, denn nach dem Aufenthaltsgesetz ist es nicht ausreichend, dass das Paar lediglich verheiratet ist, vielmehr wird eine eheliche Lebensgemeinschaft verlangt. Ein eigenständiges Aufenthaltsrecht entsteht erst nach drei Jahren, wohingegen dies für mit Unionsbürgern verheiratete Drittstaater bis zur Einleitung des Scheidungsverfahrens die Ehe mindestens drei Jahre davon ein Jahr in Deutschland bestanden haben muss.

Das Aufenthaltsrecht des Drittstaatsangehörigen, bleibt aber auch im Falle der Scheidung dann bestehen, wenn die Ehe bis zur Scheidung drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr in Deutschland (§ 3 Abs. 5 FreizügG/EU), oder dieser aufgrund einer Vereinbarung oder gerichtlichen Entscheidung das Sorgerecht für ein gemeinsames Kind ausübt oder Umgang mit dem gemeinsamen Kind hat.



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