Urlaubsanspruch verjährt regelmäßig nicht; Ausschlussfristen; Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage

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Hinweis des Verfassers:

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Sofern Sie in einem bestehenden Arbeitsverhältnis über ungenutzte Urlaubstage verfügen, gilt aktuell folgende Rechtslage: 

Der Urlaubsanspruch verfällt regelmäßig nur dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer rechtzeitig die Möglichkeit gegeben hat, seinen Urlaub auch tatsächlich zu nehmen. Der Arbeitgeber kann regelmäßig insbesondere nicht erfolgreich die Einrede der Verjährung erheben

Nur ausnahmsweise kann etwas anderes gelten, wenn der Arbeitgeber darlegen und ggf. beweisen kann, dass eine Gewährung der angesammelten Urlaubsansprüche zu konkreten Schwierigkeiten für die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers führen würde.


Der Europäische Gerichtshof hat dies mit Entscheidung vom 22.09.2022 klargestellt.


FAZIT:

In einem unbeendeten Arbeitsverhältnis haben Arbeitsnehmer insbesondere in den Fällen lang andauernder Krankheit oder hohen Arbeitsaufkommens einen - regelmäßig nicht der Verjährung unterliegenden - Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Gewährung von Erholungsurlaub. Voraussetzung dafür ist, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer tatsächlich nicht die Möglichkeit gegeben hat, den Urlaub zu nehmen.



EXKURS: Vertragliche und tarifliche Ausschlussfristen


Der Inhalt (schriftlicher) Arbeitsverträge wird - abgesehen von der Höhe des Arbeitsentgelts und der Anzahl der Urlaubstage - selten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgehandelt. Regelmäßig ist es also der Arbeitgeber, der die (weiteren) Vertragsbedingungen "diktiert".

Wichtig zu wissen für den Arbeitnehmer ist daher das Folgende:

Arbeitgeber nehmen in den Arbeitsvertrag regelmäßig sogenannte Ausschlussfristen auf. Es handelt sich dabei um kurze Fristen, die mit der sogenannten Fälligkeit des Anspruchs zu laufen beginnen, und nach deren Ende die von diesen Ausschlussfristen erfassten Ansprüche untergehen, also erlöschen. 

Der Arbeitnehmer muss hier also aufpassen

Solche Ausschlussfristen erfassen regelmäßig insbesondere den Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Sie erfassen grundsätzlich insbesondere nicht Ansprüche auf Mindestlohn, gesetzlichen Urlaub, Ansprüche aus vorsätzlicher Vertragsverletzung und vorsätzlicher unerlaubter Handlung. Nimmt der Arbeitgeber die vorgennannten nicht erfassten Ansprüche also nicht ausdrücklich aus der Ausschlussklausel heraus, ist die Ausschlussklausel unter Umständen bereits aus diesem Grund insgesamt unwirksam.

Häufig sind die von dem Arbeitgeber in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Ausschlussfristen allerdings auch aus anderen Gründen nicht wirksam, sodass die entsprechenden Ansprüche des Arbeitnehmers Fortbestand haben. Unwirksam sind Ausschlussfristen unter anderem dann, wenn der Arbeitgeber von dem Arbeitnehmer verlangt, seine Ansprüche in einer bestimmten - rechtlich nicht zulässigen - Form, insbesondere der sogenannten Schriftform geltend zu machen. Außerdem steht der Wirksamkeit von Ausschlussfristen auch entgegen, dass der Arbeitgeber eine zu kurze Frist für die Geltendmachung gegenüber dem Arbeitgeber oder für die gerichtliche Geltendmachung formuliert. Hier muss eine genaue Analyse des Arbeitsvertrages erfolgen.

Durch sogenannte Betriebsvereinbarung und auch durch Tarifvertrag können Ausschlussklauseln jedoch wirksam mit Inhalten versehen werden, deren unmittelbare arbeitsvertragliche Verwendung zur Unwirksamkeit der Klausel führen würde. Arbeitnehmer müssen bei der Frage der Durchsetzung Ihrer Ansprüche daher nicht nur den Arbeitsvertrag im Blick haben sondern auch etwaige Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden. Ob und welche Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen ggf. auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden, muss sich laut Nachweisgesetz aus dem Arbeitsvertrag ergeben.



Zu guter Letzt

Die Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage


Sofern Ihr Arbeitgeber Ihnen gegenüber eine Kündigung ausgesprochen hat, haben Sie 3 Wochen Zeit, Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht zu erheben. Diese Frist beginnt mit Zugang der schriftlichen Kündigung bei Ihnen zu laufen. 

"Schriftlich" bedeutet, dass es sich um ein Kündigungsschreiben handeln muss und dieses eigenhändig - durch den Arbeitgeber persönlich oder durch eine vertretungsberechtigte Person - oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sein muss. Eine Kopie erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Erst Recht gilt das für eine Kündigung per einfacher E-Mail oder Kurznachrichtendienst. Bei Nichteinhaltung der Schriftform ist eine Kündigung bereits aus diesem Grund unwirksam und das Arbeitsverhältnis besteht fort.

Nach Ende der 3-Wochen-Frist besteht nur noch in seltenen Ausnahmefällen die Möglichkeit, sich gegen die Kündigung zur Wehr zu setzen.

Ziehen Sie eine Kündigungsschutzklage insbesondere dann in Betracht, wenn Ihr Arbeitgeber regelmäßig mehr als 10 Vollzeitbeschäftigte hat und Sie selbst länger als 6 Monate in dem Unternehmen (auch in unterschiedlichen Betrieben) Ihres Arbeitgebers beschäftigt waren. Tun Sie das ggf. ungeachtet der Tatsache, dass Sie mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses "eigentlich einverstanden" sind. Grund hierfür ist, dass ein Kündigungsschutzverfahren unter den vorgenannten Voraussetzungen (mehr als 10 Vollzeitbeschäftigte und eigene Unternehmenszugehörigkeit von mehr als 6 Monaten) regelmäßig mit der Zahlung einer Abfindung endet.


Rechtsanwalt Faris HUSSAIN


TELEFON: 07851/64 307 63

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