Urlaubsbescheinigung - das unbekannte Wesen

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Eine wenig bekannte und beachtete Vorschrift auf Arbeitgeberseite ist § 6 Abs. 2 Bundesurlaubsgesetz. Danach sind Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr bereits gewährten Urlaub oder abgegoltenen Urlaub vorzulegen (sog. Urlaubsbescheinigung).

Bedeutung hat diese Vorschrift dann im neuen Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers, wenn er dort Urlaub erhalten möchte. So ist gemäß § 6 Abs. 1 BUrlG der Urlaubsanspruch beim neuen Arbeitgeber um die Urlaubstage zu kürzen, die dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von seinem früheren Arbeitgeber gewährt wurde. Damit diese Kürzung vorgenommen werden kann benötigt der neue Arbeitgeber die Urlaubsbescheinigung des alten Arbeitgebers.

In einer neueren Entscheidung stellte das Bundesarbeitsgericht (Urteil v. 16.12.2014 – 9 AZR 295/13) fest, dass der neue Arbeitgeber sogar berechtigt ist, die Urlaubsgewährung so lange zu verweigern, bis der Arbeitnehmer die Urlaubsbescheinigung für das laufende Kalenderjahr von seinem alten Arbeitgeber vorgelegt hat. Der Arbeitnehmer trägt die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der von ihm begehrte Urlaub noch nicht bereits vom vorherigen Arbeitgeber gewährt bzw. abgegolten wurde. Da der frühere Arbeitgeber nach § 6 Abs. 2 BUrlG verpflichtet sei, dem Arbeitnehmer bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsbescheinigung zu erteilen, sei es für den Arbeitnehmer ein Leichtes, im Streitfall noch offene Urlaubsansprüche zu beweisen.

Bislang verlangen nur wenige Arbeitgeber bei Neueinstellungen im laufenden Kalenderjahr eine Urlaubsbescheinigung des vorherigen Arbeitgebers – und gewähren damit in vielen Fällen Urlaub, den sie eigentlich nicht gewähren müssten. Gerade in Fällen, in denen der Mitarbeiter am Ende der ersten Jahreshälfte eingestellt wird, könnte der Urlaubsanspruch in vielen Fällen reduziert werden, da der alte Arbeitgeber häufig einen erheblichen Teil des Anspruches bereits in Natura gewährt oder abgegolten haben wird.

Ob man als Arbeitgeber einen neuen Mitarbeiter so „empfangen“ möchte, steht naturgemäß auf einem „anderen Blatt“. Die rechtliche Möglichkeit hierzu bietet die wenig bekannte Urlaubsbescheinigung.


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