Urteil des LG Aachen: von der Sparkasse Aachen verwendete „Widerrufsinformation“ ist unzureichend

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Das LG Aachen hat mit Urteil vom 19. April 2016 festgestellt, dass von der Sparkasse Aachen ausgegebene Widerrufsbelehrungen zu Immobiliendarlehensverträgen nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Die Belehrungen, die seit Juni 2010 offiziell als „Widerrufsinformation“ bezeichnet werden, sind damit falsch, Kunden der Sparkasse sind so zu stellen, als sei keine Belehrung erfolgt. Das bedeutet, dass Darlehensnehmer ihre Verträge noch heute widerrufen können.

Dem Urteil war ein Rechtsstreit zwischen der Sparkasse und einem Kunden um die Rückzahlung einer bereits gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung vorausgegangen. Der Darlehensnehmer hatte sein Darlehen bereits gekündigt und eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von stolzen 7.640,26 Euro geleistet. Vorfälligkeitsentschädigungen sollen Banken den Zinsverlust kompensieren, den sie bei vorzeitiger Ablösung eines Darlehens verbuchen. Im europäischen Vergleich sind sie in Deutschland jedoch unverhältnismäßig hoch, was die vorzeitige Ablösung eines Darlehens finanziell äußerst unattraktiv macht.

Im vorliegenden Fall hätte der Darlehensnehmer jedoch gar keine teure Vorfälligkeitsentschädigung zahlen müssen: Sein gesetzliches Widerrufsrecht bestand aufgrund der unzureichenden Widerrufsbelehrung auch nach vier Jahren Vertragslaufzeit fort.

Der Darlehensnehmer erklärte trotz der bereits erfolgten Aufhebung des Darlehensvertrages den Widerruf, was die Sparkasse zunächst nicht akzeptieren wollte. Mit anwaltlicher Vertretung seitens unserer Kanzlei konnte die Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung jedoch vor dem LG Aachen erwirkt werden.

Das LG Aachen stellt in seinem Urteil fest, dass die Widerspruchsbelehrung zahlreiche Verstöße gegen das sogenannte „Deutlichkeitsgebot“ enthält. Dieses regelt die Mindestanforderungen an Widerspruchsbelehrungen: diese müssen vollständig und inhaltlich zutreffend, zudem für den Verbraucher unmissverständlich formuliert und damit eindeutig sein.

Zudem bemängelte das Gericht die äußere Gestaltung der verwendeten Widerrufsbelehrung. Diese sei entgegen der klaren gesetzlichen Vorgabe nicht in „deutlich gestalteter Form“ hervorgehoben worden. Die Hervorhebung der Widerrufsbelehrung im Vertragstext wird gefordert, um die Augenfälligkeit der Belehrung zu gewährleisten.

Auch zur Aufhebungsvereinbarung zwischen Sparkasse und Darlehensnehmer bezog das Gericht klar Stellung. Der Auffassung der Sparkasse, der Darlehensnehmer habe wegen der bereits vollzogenen Aufhebungsvereinbarung kein Recht zum nachträglichen Widerruf, erteilte es eine deutliche Absage. Zwar könne ein Verbraucher durch einen Vergleich grundsätzlich auf sein Widerrufsrecht verzichten. Dafür müsse er jedoch überhaupt Kenntnis von seinem Widerrufsrecht haben. Vorliegend war das gerade nicht der Fall.

Und auch das Vorbringen der Sparkasse, die Ausübung des Widerrufs sei rechtsmissbräuchlich, weil sie nur aus der Motivation erfolge, die gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung zurückzuerhalten, hatte vor dem LG Aachen keinen Bestand. Die Ausübung des Widerspruchsrechts sei eine Möglichkeit, die dem Darlehensnehmer erst durch die mangelhafte Belehrung der Sparkasse geschaffen worden sei. Seine Motivation sei insoweit unerheblich, die Ausübung seines Rechts könne keinesfalls pauschal rechtsmissbräuchlich sein.

Das vorliegende Urteil des LG Aachen reiht sich in die überwiegend verbraucherfreundliche Rechtsprechung deutscher Gerichte zum Widerruf von Immobiliendarlehensverträgen ein. Es zeigt, dass nicht nur die Ablösung eines Darlehens ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung, sondern auch die Rückforderung einer bereits gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung möglich ist. Darlehensnehmer haben also weiterhin gute Chancen, sich von unattraktiven Darlehensverträgen zu lösen.


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