Urteile im Artzhaftungsrecht

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Das deutsche Arzthaftungsrecht stellt einen spezialisierten Bereich des Zivilrechts dar und befasst sich mit der rechtlichen Verantwortung von Ärzten bei der Ausübung ihrer Tätigkeit. Der Bereich ist ausgesprochen komplex, sowohl in dogmatischer als auch in praktischer Hinsicht. Entsprechend kontrovers sind die Auffassungen und die Urteile zum Arzthaftungsrecht. In der folge bieten wir Ihnen eine Übersicht einiger wegweisender Entscheidungen:

  • Anhörung des Patienten bei Entscheidungskonflikt (BGH, Az. VI ZR 310/21): Dieses Urteil legt den Fokus auf die Befragung des Patienten zur Ermittlung eines möglichen Entscheidungskonfliktes. Die persönliche Anhörung soll sicherstellen, dass die Entscheidungsfindung des Patienten unter vollständiger Berücksichtigung der Risiken und Nebenwirkungen stattfindet. Der Grundsatz des informierten Einverständnisses ist hier von maßgeblicher Bedeutung.

  • Haftung wegen Aufklärungsfehlers (OLG Dresden, Az. 4 U 1481/21): Die Frage der Haftung wegen eines Aufklärungsfehlers unterstreicht die strenge Beweislast, die dem Patienten auferlegt wird. Der Patient muss beweisen, dass der eingetretene Schaden speziell auf einen unzureichend aufgeklärten und damit rechtswidrigen Eingriff zurückzuführen ist.

  • Goldstandard und Behandlungsfehler (OLG Dresden, Az. 4 U 1221/20): Diese Entscheidung lenkt die Aufmerksamkeit auf die Abgrenzung zwischen sogenannten "Goldstandards" und allgemein anerkannten fachlichen Standards in der Medizin, was eine feinfühlige Interpretation erforderlich macht.

  • Schmerzensgeld nach Befunderhebungsfehler (Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Az. 8 U 142/18): Die Festlegung des Schmerzensgeldes ist hier besonders interessant, da sie sowohl objektive als auch subjektive Kriterien berücksichtigt, insbesondere den Leidensweg der Patientin und deren familiäre Situation.

  • Verjährungsbeginn in Arzthaftungssachen (BGH, Az. VI ZR 186/17): Hier wird klargestellt, wann der Beginn der Verjährungsfrist angesetzt wird und welche Voraussetzungen für eine Verjährung gegeben sein müssen.

  • Verletzung ärztlicher Aufklärungspflichten (BGH, Az. VI ZR 27/17) und Haftung für "Schockschaden" (BGH, Az. VI ZR 299/17): Diese beiden Entscheidungen erweitern das Verständnis von Aufklärungspflichten und der daraus resultierenden Haftung in spezifischen Fällen.

  • Gutachten einer medizinischen Schlichtungsstelle (BGH, Az. VI ZR 278/18): Dieses Urteil klärt die Beweiskraft eines Gutachtens einer medizinischen Schlichtungsstelle und seine Rolle im Arzthaftungsprozess.

  • Keine Informationspflicht hinsichtlich des günstigsten Prozessfinanzierers (Oberlandesgericht Köln, Az. 5 U 33/18): Diese Entscheidung beleuchtet die anwaltliche Informationspflicht bezüglich der Prozessfinanzierung.

  • Darlegungslast im Arzthaftungsprozess (BGH, Az. VI ZR 505/17) und Wegfall des Honoraranspruchs (Bundesgerichtshof, Az. III ZR 294/16): Diese beiden Entscheidungen beschäftigen sich mit der Beweisführung und den finanziellen Implikationen von Behandlungsfehlern.

  • Informations- und Substanziierungspflichten im Arzthaftungsprozess (BGH, Beschluss vom 01.03.2016 - VI ZR 49/15): Diese Entscheidung unterstreicht die maßvolle Anforderung an die Informations- und Substanziierungspflichten der Partei, insbesondere des Patienten. Das Gericht hat klargestellt, dass weder der Patient noch sein Prozessbevollmächtigter verpflichtet sind, sich medizinisches Fachwissen anzueignen, um ordnungsgemäß prozessieren zu können.

  • Absehen von ärztlicher Maßnahme als Behandlungsfehler (BGH, Beschluss vom 22.12.2015 – VI ZR 67/15): Diese Entscheidung hebt hervor, dass das Unterlassen einer ärztlichen Maßnahme bereits dann als behandlungsfehlerhaft angesehen werden kann, wenn es dem aktuellen medizinischen Standard widerspricht, und nicht nur dann, wenn die Maßnahme zwingend geboten ist.

  • Einwilligung in zahnärztlichen Eingriff nach Aufklärung während Behandlungsunterbrechung (LG Memmingen, Urteil vom 24.02.2015 – 21 O 1336/13): Diese Entscheidung beschäftigt sich mit der Frage der Wirksamkeit der Einwilligung bei Vorhandensein von Behandlungsalternativen und legt besonderes Gewicht auf die rechtzeitige Information des Patienten über diese Alternativen.

  • Anforderungen an die Darlegung eines Behandlungsfehlers (OLG Naumburg, Urteil vom 8.12.2014 – 1 U 34/14): Das Gericht hat den Umfang der Substanziierungslast des Patienten insbesondere in Situationen beleuchtet, in denen bereits ein Sachverständigengutachten vorliegt, das einen Behandlungsfehler verneint.

  • Haftung des nicht selbst operierenden Arztes wegen fehlerhafter Aufklärung (BGH, Urteil vom 21.10.2014, Az. VI ZR 14/14): In dieser Entscheidung wird die Haftung des aufklärenden, jedoch nicht selbst operierenden Arztes thematisiert, der im Falle einer fehlerhaften Aufklärung ebenfalls haften kann.

  • Würdigung einander widersprechender medizinischer Gutachten im Arzthaftungsprozess (BGH, Urteil vom 11.11.2014, Az. VI ZR 76/13): Das Gericht betont die Notwendigkeit einer kritischen Auseinandersetzung mit divergierenden Gutachten und spricht sich gegen eine unkritische Bevorzugung eines Sachverständigen aus.

  • Aufklärung über alternative Behandlungsmethoden (BGH, Beschluss vom 17.12.2013, Az. VI ZR 230/12): Die Entscheidung erläutert die Notwendigkeit der Aufklärung über alternative Behandlungsmethoden im Licht des Selbstbestimmungsrechts des Patienten.

  • Anforderungen an den Nachweis einer durchgeführten ärztlichen Risikoaufklärung (BGH, Urteil vom 28.01.2014, Az. VI ZR 143/13): Hier wird diskutiert, welche Indizien für die Durchführung einer ordnungsgemäßen Risikoaufklärung herangezogen werden können.

  • Haftung für Gesundheitsschäden auf Grund eines ärztlichen Befunderhebungsfehlers (BGH, Urteil vom 05.11.2013, Az. VI ZR 527/12): Diese Entscheidung thematisiert die Beweislast und deren Umkehr im Falle eines groben Behandlungsfehlers.

Haben Sie Fragen zum Arzthaftungsrecht oder Medizinrecht? In unserer Kanzlei berät Sie der im Arzthaftungsrecht promovierte Kollege Dr. Ulrich.



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