Veralteter Mietspiegel beim Zustimmungsverlangen – ist das zulässig?

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Zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens kann der Vermieter auf vier unterschiedliche und vom Gesetzgeber anerkannte Methoden zurückgreifen. Gemäß § 558a Abs. 2 BGB können für die Begründung herangezogen werden: ein Mietspiegel i. S. d. §§ 558c, 558d (Nr. 1), eine Auskunft aus einer Mietdatenbank i. S. d. § 558e (Nr. 2), ein mit Gründen versehenes Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen (Nr. 3) und/oder entsprechende Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen; hierbei genügt die Benennung von drei Wohnungen (Nr. 4). Am häufigsten bezieht sich der Vermieter dabei auf den kommunal oder landesweit ausgefertigten Mietspiegel. Dieser Mietspiegel ändert sich in der Regel alle zwei Jahre, da er per Gesetz nur für zwei Jahre anerkannt wird. Mit dem neuen Mietspiegel wird der bisherige Mietspiegel abgelöst. Was passiert jedoch, wenn sich der Vermieter in seinem Mieterhöhungsverlangen auf den veralteten Mietspiegel beruft? Fraglich ist dann, ob die Mieterhöhung damit schon formell unwirksam ist, oder ob die Zustimmungsfrist in Gang gesetzt wird. Hierzu gibt es verschieden Ansichten in der Rechtsprechung.

Ansicht des BGH vom 06.07.2011, Urteil mit Az. VIII ZR 337/10

In jenem Fall trat der Vermieter als Kläger auf und der Mieter als Beklagter. Der Vermieter berief sich kurz nach Inkrafttreten des neuen Mietspiegels bei seiner Mieterhöhung noch auf den alten Mietspiegel. Der Vermieter ordnete durch die Bezugnahme auf den alten Mietspiegel die Wohnung in ein – nach dem neuen Mietspiegel – falsches Spannenfeld ein. Der Mieter lehnte eine Zustimmung mit der Begründung ab, dass das Mieterhöhungsverlangen durch die Berufung auf einen veralteten Mietspiegel formell unwirksam sei. Der BGH vertrat jedoch die Auffassung, dass ein solcher Fehler gerade nicht formeller Art, sondern lediglich inhaltlicher Natur sei. Diese Betrachtung führte dazu, dass der Mieter ein Erhöhungsverlangen dieser Art nicht einfach ignorieren kann. Der Mieter muss die inhaltlichen Fehler ordnungsgemäß rügen und ggf. nach Neuberechnung einer Teilerhöhung zustimmen. Jedenfalls war der verlangte Erhöhungsbetrag zumindest formell hinreichend begründet, auch wenn ein veralteter Mietspiegel als Begründung herangezogen worden war. Die Zustimmungsfrist war wirksam in Gang gesetzt.

Ansicht des AG Leipzig vom 11.01.2016, Urteil mit Az. 162 C 6118/15

Eine andere Ansicht vertrat das AG Leipzig. Hier hat der Vermieter (Kläger) sich in seinem Mieterhöhungsverlangen im Mai 2015 auf den Mietspiegel von 2012 berufen. Der Mieter (Beklagter) sah dies als formell unwirksam an. Das AG Leipzig teilte die Ansicht des Mieters und wies das Mieterhöhungsverlangen als formell unwirksam zurück. Dies hat die rechtliche Folge, dass die Zustimmungsfrist von drei Monaten nicht ausgelöst wurde und der Mieter die Erhöhung schlicht ignorieren konnte. Als Begründung verwies das AG Leipzig darauf, dass der Gesetzgeber einen Mietspiegel nur für zwei Jahre anerkennt und somit der Mietspiegel von 2012 im Jahre 2015 keine Aussagekraft mehr habe. Auch wäre der Mieter anderenfalls der Unsicherheit ausgesetzt, dass der Vermieter jeden örtlichen und zeitlichen Mietspiegel vorlegen könnte und so dennoch die Zustimmungsfrist bei Mieter auslösen würde. Zudem verweist das AG Leipzig auch darauf, dass sich der vorliegende Fall von dem Fall des BGH grundsätzlich unterscheiden würde. Hier wurde nach mehrjähriger Geltung des neuen Mietspiegels der veraltete Mietspiegel zur Begründung des Zustimmungsverlangens herangezogen. Deshalb sei das Mieterhöhungsverlangen formell unwirksam. Auch die Berufung auf den neuen Mietspiegel im Prozess, nach welchem die Erhöhung gerechtfertigt war, reichte nicht aus, um den Formmangel bei der Begründung des Zustimmungsverlangens nachträglich im Gerichtsprozess zu heilen.

Stellungnahme

Beide Ansichten haben gute Argumente auf ihrer Seite. Das AG Leipzig machte deutlich, dass der dortige Sachverhalt nicht vergleichbar war mit dem des BGH, da sich auf einen aus jeglicher Sicht nicht mehr aussagekräftigen Mietspiegel berufen wurde. Ob der BGH wiederum an seiner Meinung auch in anderen Fällen festhält, oder ob er einen vergleichbaren Fall des AG Leipzig anders als dieses entscheiden würde, bleibt abzuwarten. In jedem Fall sollte bei der Berufung auf einen nicht mehr gültigen Mietspiegel die Rechtslage genauestens von einem Anwalt überprüft werden.

Mitgeteilt von

Kranich/Pohland

Rechtsanwaltskanzlei Kranich, Berlin


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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