Verbraucherinsolvenzverfahren - Schritt für Schritt

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Sie fühlen sich von Ihren Schulden erdrückt und möchten einen Schlussstrich unter Ihre wirtschaftlichen Probleme ziehen? Ich erkläre Ihnen, wie das funktioniert:


Schritt 1:

Sie suchen sich einen Schuldenberater / Insolvenzberater.

In jedem Ort gibt es gemeinnützige oder kommunale Einrichtungen, die die Schuldenberatung kostenfrei anbieten. Oft sind die Wartezeiten sehr lang.

Statt zu einer solchen gemeinnützigen Einrichtung können Sie zu einem Anwalt oder zu bestimmten Dienstleistern gehen, der diese Leistungen regelmäßig anbietet – sehr gerne zu uns. Hier haben Sie keine Wartezeit, aber die Leistungen sind nicht kostenlos. Sie können versuchen, einen Beratungsschein für die außergerichtliche Schuldenbereinigung bei Ihrem Amtsgericht zu erhalten. Wenn Sie einen Beratungsschein erhalten, reduzieren sich Ihre Kosten für die außergerichtliche Schuldenbereinigung auf 15 €. Wenn Sie keinen Beratungsschein erhalten, müssen Sie die Kosten komplett selbst tragen. Unsere Kanzlei beispielsweise berechnet in Verbraucherinsolvenzverfahren derzeit (September 2022) für die Beratung und die außergerichtliche Schuldenbereinigung insgesamt 250,00 € inkl. USt. und für die Vorbereitung des Insolvenzantrags weitere 250,00 € inkl. USt.

Mit Ihrem so gefundenen Schuldenberater / Insolvenzberater nehmen Sie Kontakt auf.


Schritt 2:

Ihr Schuldenberater / Insolvenzberater wird Sie auffordern, ihm bestimmte Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

Sie sammeln alle wesentlichen Unterlagen zusammen, insb. sortieren Sie alle Unterlagen zusammen, die Ihre Schulden betreffen und sortieren sie nach Personen, denen Sie Geld schulden. Idealerweise machen Sie sich eine Übersicht über die Schulden.

Dann machen Sie eine Aufstellung aller Vermögenswerte, die Sie haben: Bankkonten, Fahrzeuge, Lebensversichrungen, Rentenversicherungen u.s.w.

Sie sammeln außerdem noch die Unterlagen zusammen, die Ihr laufendes Einkommen und Ihre laufenden Ausgaben betreffen.

Und Sie schreiben noch auf, wann Sie etwas an andere übertragen oder gezahlt haben.

All diese Unterlagen senden Sie an Ihren Schuldenberater / Insolvenzberater.


Schritt 3:

Im Erstgespräch mit Ihrem Berater wird Ihnen erläutert, wie das Verfahren konkret abläuft und mit welchen Einschnitten Sie zu rechnen haben.

Er wird außerdem mit Ihnen darüber sprechen, ob es für Sie Sinn macht, das Verfahren aktuell zu durchlaufen. Wenn Sie z.B. größere Vermögenspositionen haben, die der Insolvenzverwalter verwerten würde, wird Ihr Berater Ihnen dies mitteilen.


Schritt 4:

Man unterscheidet zwei Verfahrensarten: Verbraucherinsolvenzverfahren und Regelinsolvenzverfahren.

Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist für Sie anwendbar, wenn Sie

  • keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben
  • keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt haben oder
  • zwar eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt haben, aber
    1. zu dem Zeitpunkt, zu dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wird, weniger als 20 Gläubiger haben und
    2. gegen Sie keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen.

In allen anderen Fällen ist für Sie das Regelinsolvenzverfahren anwendbar.

Im Folgenden möchte ich nur auf das Verbraucherinsolvenzverfahren eingehen.

Für das Verbraucherinsolvenzverfahren ist vorgeschrieben, dass Sie versuchen, sich mit Ihren Gläubigern zu einigen. Das bedeutet, dass Ihr Schuldenberater / Insolvenzberater alle Ihre Gläubiger anschreiben und diese fragen muss, ob diese, ggf. gegen eine Einmalzahlung oder Ratenzahlung, auf ihre Restforderungen verzichten.

Wenn die Gläubiger diesem Plan zustimmen, benötigen Sie kein Verbraucherinsolvenzverfahren. Falls nicht, geht es weiter mit Schritt 5:


Schritt 5:

Der Schuldenberater / Insolvenzberater wird Ihnen bescheinigen, dass der außergerichtliche Schuldenbereinigungsversuch gescheitert ist.

Zudem wird er einen Insolvenzantrag entwerfen, der binnen 6 Monate nach dem Scheitern des außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuchs eingereicht werden muss (ansonsten bedarf es eines neuen Schuldenbereinigungsversuchs).

Idealerweise werden Sie die Personen, die vom Insolvenzverwalter in Schritt 6 (siehe unten) über Ihr Insolvenzverfahren informiert werden, vorwarnen.


Schritt 6:

Im Nachgang zu Ihrem Antrag wird das Insolvenzgericht einen Insolvenzeröffnungsbeschluss fassen. Darin wird ein Insolvenzverwalter oder eine Insolvenzverwalterin bestellt werden. Dieser Beschluss wird im Internet unter www.insolvenzbekanntmachungen.de veröffentlicht und ist für jedermann einsehbar.

Die SchuFa Holding AG wird von dem Insolvenzeröffnungsbeschluss erfahren und diesen für (Stand September 2022) 6 Jahre speichern. Dadurch wird es für Sie schwierig werden, bestimmte Verträge abzuschließen.

Der Insolvenzverwalter wird Sie schriftlich auffordern, bestimmte Unterlagen einzureichen. Das werden im Wesentlichen die Unterlagen sein, die Sie bereits in Schritt 2 gesammelt haben. Diese kann dann Ihr Schuldenberater / Insolvenzberater dem Insolvenzverwalter zur Verfügung stellen.

Der Insolvenzverwalter wird alle Gläubiger, Ihren Arbeitgeber, Ihren Vermieter, Ihre Bank, das Finanzamt und ggf. noch weitere Personen informieren.

Er wird ein spezielles Bankkonto für Ihr Insolvenzverfahren einrichten. Er wird viel von Ihrem Vermögen verwerten, d.h. verkaufen und den Verkaufspreis auf dieses Bankkonto einzahlen. Welches Vermögen er verwerten wird, wird Ihnen Ihr Berater in Schritt 3 erklärt haben.

Er wird des Weiteren die von Ihnen in den vergangenen Jahren geleisteten Zahlungen und Vermögensübertragungen teilweise rückabwickeln. Auch darüber werden Sie in Schritt 3 von Ihrem Berater belehrt worden sein.

Außerdem wird der Insolvenzverwalter Ihr pfändbares Einkommen einziehen, und zwar nach den gleichen Regeln (insb. der Höhe nach) wie Ihre Gläubiger dieses bisher eingezogen haben oder hätten einziehen können. Dieses wird für 3 Jahre passieren.

Im Laufe des Insolvenzverfahrens kann es sein, dass Sie Post vom Insolvenzgericht bekommen. Das sollten Sie dann jeweils gründlich lesen und ggf. mit Ihrem Berater besprechen.

Zwischendurch wird aus dem Insolvenzverwalter ein Treuhänder, aber das verändert Ihre Situation kaum. Und die Person des Insolvenzverwalters/Treuhänders ändert sich auch eher selten.

Und dann, nach 3 Jahren, wird Ihnen hoffentlich die Restschuldbefreiung erteilt: Sie verlieren Ihre Schulden, die Sie im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung hatten. Hoffentlich wird es davon keine Ausnahmen geben. Und nach weiteren 3 Jahren wird Ihr Insolvenzvermerk bei der SchuFa Holding AG gelöscht und Sie können noch einmal neu starten. Ich wünsche Ihnen dabei viel Glück!


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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