Verbraucherschutz gestärkt – Klagen einfacher?

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Und sie kommt doch, die Musterfeststellungsklage!

Lange von Verbraucherschutzorganisationen gefordert, von der Politik nie wirklich beachtet, kommt sie nun doch – die Musterfeststellungsklage. Angeregt durch die Diskussion um den sogenannten Dieselskandal gibt es nun eine wichtige Neuerung für Verbraucher: Ab dem 01. November soll es Verbrauchern möglich sein, im Rahmen einer Musterfeststellungsklage gesammelt gegen ein Unternehmen vorzugehen. Die Gerichte sollen so entlastet werden.

Die derzeitige Bundesregierung hat den Gesetzesentwurf zur Musterfeststellungsklage beschlossen. Angeregt durch die Diskussion um den sogenannten Dieselskandal gibt es nun eine Neuerung für Verbraucher. Ab dem 1. November soll es Verbrauchern möglich sein im Rahmen einer Musterfeststellungsklage gesammelt gegen ein Unternehmen vorzugehen.

Was ist eine Musterfeststellungsklage?

Sinn und Zweck der Musterfeststellungsklage ist, alle zentralen Rechtsfragen in einem einzigen Verfahren zu klären, wenn Unternehmen durch eine rechtswidrige Handlung eine Vielzahl von Verbrauchern geschädigt haben.

Mit diesem neuen Instrument können betroffene Kunden eines Unternehmens ihre Rechtsansprüche bündeln und müssen nicht jeder für sich ihren (möglichen) Anspruch durchsetzen. Für die Unternehmen bedeutet dies, dass sie sich in einem einzigen Prozess verteidigen können, anstatt sich einer Vielzahl von Klagen ausgesetzt zu sehen.

Was ist der Vorteil?

Wenn sich Verbraucher einer Musterfeststellungsklage anschließen hat dies folgende Vorteile:

  • Die Verjährung möglicher Ansprüche ist gehemmt, das bedeutet für den Verbraucher, dass die Uhr zunächst angehalten wird und seine Ansprüche nicht durch Zeitablauf verloren gehen können;
  • es kommt zu einer sogenannten Bindungswirkung des Urteils, das heißt, dass andere Gerichte inhaltlich an die Feststellungen gebunden sind;
  • grundsätzliche Fehler die ein Unternehmen gemacht hat, muss der Einzelne nicht mehr beweisen, sondern kann sich auf das bereits ergangene Urteil berufen, selbst wenn er sich an der Musterfeststellungsklage nicht beteiligt hat;
  • ein Musterurteil kann in zahlreichen Fällen die Unternehmen unter Druck setzen, sodass die Unternehmen ohne weitere rechtliche Schritte zahlen werden;
  • im Falle, dass die Unternehmen dem Verbraucher in keiner Weise entgegenkommen, können Verbraucher ihr Geld einzeln einklagen und sich dabei auf die Feststellung des verbindlichen Musterurteils stützen;
  • Beschleunigung der Verfahren.

„Ist das jetzt so wie in Amerika?“

Nein. Es wird keine aggressiv vorgehenden Kanzleien geben, die ständig auf der Suche nach klagewilligen Verbrauchern sind, um Unternehmen aus eigenem Profitstreben auf unrealistische Schadensersatzforderungen zu verklagen.

In Deutschland soll dies nach dem Willen der Politik vermieden werden. Um eine ausufernde Klageindustrie zu vermeiden ist geplant, dass qualifizierte Verbände, die weniger als 5 % der Zuwendung von Unternehmen erhalten, Klage einreichen können. Die Klage wird hernach vom Bundesamt für Justiz veröffentlicht.

Klagebefugt ist damit nicht nur der einzelne Betroffene, sondern auch ein Verband.

Dies wird ausdrücklich von den Verbraucherzentralen befürwortet.

Soweit sich nach Veröffentlichung im Verlauf einer zwei Monatsfrist mindestens 50 Betroffene zusammenfinden wird die Klage eingereicht. Der Vorteil ist, dass der einzelne Verbraucher ab diesem Zeitpunkt zunächst nichts mehr zu tun braucht als den Ausgang des Verfahrens abzuwarten.

In welchen Bereichen ist die Musterfeststellungsklage zu erwarten?

Aktuell ist die Versicherungswirtschaft betroffen. Versicherungsunternehmen in der privaten Krankenversicherungswirtschaft (PKV) wurden bereits wegen unrechtmäßiger Erhöhungen der Prämienzahlungen wegen nicht unabhängigen Treuhändern erfolgreich verklagt.

Eine Sammelmusterfeststellungsklage kann hier jedenfalls die Ansprüche Einzelner erheblich erleichtern. Der Einzelne muss nicht mehr in einem selbst angestrengten Verfahren die Feststellung erreichen, dies kann ohne weiteres in einer Sammelklage festgestellt werden. Im weiteren Verlauf kann sich der Einzelne dann auf die Feststellung der Musterfeststellungsklage berufen.

Im Dieselbetrugsskandal zum Beispiel würde eine Musterfeststellungsklage den Verbrauchern das Vorgehen gegen den VW-Konzern erheblich erleichtern.

Ist die Musterfeststellungsklage gewollt?

Das kommt darauf an, auf welcher Seite man sich befindet. Verbraucherschützer fordern seit Jahren die Einführung von Musterfeststellungsklagen. Bisher war der politische Wille wenig ausgeprägt in dieser Richtung tätig zu werden. Ein Erfordernis für Musterfeststellungsklagen wurde von der Politik erst mit Auftreten des Abgasskandals erkannt.

Die Unternehmen stehen demgegenüber auf dem Standpunkt, dass „Deutschland bei der Durchsetzung von Verbraucherrechten bereits heute gut aufgestellt ist“ (so der BDI).

Das legt den Schluss nahe, dass die Unternehmen Musterfeststellungsklagen eher fürchten, denn sie befürworten.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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