Verbraucherzentrale klagt gegen Allianz: Irreführende Angaben zur Wertentwicklung der „IndexSelect“

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Am 23. März 2018 entschied das Landgericht München I zugunsten der Verbraucher und stellte fest, dass die Allianz Lebensversicherung AG irreführende Formulierungen in einer Werbebroschüre zur Wertentwicklung ihrer Indexpolice „IndexSelect“ zurücknehmen muss (Az.: 37 O 12326/17).

Geklagt hat die Verbraucherzentrale Hamburg auf Unterlassung bestimmter Werbeaussagen zu dem Kapitallebensversicherungsprodukt „IndexSelect“ durch die Allianz Lebensversicherung AG. 

Die Allianz verwendete u. a. folgende Aussagen: 

„Die Beteiligung an der Wertentwicklung des EURO STOXX 50 erfolgt nach einem festgelegten Verfahren und bietet hervorragende Chancen für ihre Vorsorge“

oder 

„Sie können jedes Jahr wählen zwischen der Beteiligung an der Wertentwicklung des EURO STOXX 50, einer sicheren Verzinsung oder einer Mischung aus beidem – ohne Extrakosten“.

Weiterhin verwendete die Allianz die Begriffe der „Indexbeteiligung“ oder „Indexpartizipation“.

Das Konzept der als Vorsorgeprodukt angebotenen Kapitallebensversicherung „IndexSelect“ sieht für die Versicherungsnehmer die jährliche Auswahlentscheidung vor, nach welchen Grundsätzen sich der Policenwert verzinst. Dabei kann zwischen einer jährlich festgesetzten Garantieverzinsung, einer Verzinsung nach dem Modell „IndexSelect“ oder einer Kombination aus beidem entschieden werden.

Bei Auswahl einer Verzinsung nach dem Modell „IndexSelect“ wird der Policenwert am Jahresende um den Wert erhöht, der sich aus der monatlichen Wertentwicklung des EURO STOXX 50 als Bezugsgröße, gedeckelt um den nach einem festgelegten Verfahren berechneten Cap, ergibt. Der Cap wiederum ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Bei negativer Wertentwicklung bleibt es bei dem anfänglichen Policenwert.

Die Verbraucherzentrale mahnte die Allianz bereits im vergangen Jahr ab und war der Auffassung, dass die Verwendung der Begriffe „Indexbeteiligung“ bzw. „Indexpartizipation“ dem Verbraucher eine unmittelbare Teilhabe an der Wertentwicklung des Indexes suggerierten und nicht nur eine bloße Bezugnahme. Des Weiteren sei durch die Anwendung des Caps auch der Zusammenhang mit der Wertentwicklung nicht mehr nachvollziehbar. Die Darstellung des Produktes sei intransparent und bewirke bei Verbrauchern eine Fehlvorstellung über die tatsächlichen Renditechancen. Des Weiteren bewirke die Darstellung bei Verbrauchern die Vorstellung, dass es sich bei dem Produkt um ein Versicherungsprodukt mit besonderen Renditemöglichkeiten eines bekannten Aktienindexes handele. 

Indexfonds seien gerade bei Verbrauchern wegen einer guten Performance und den vergleichsweise geringen Kosten attraktiv. 

Die Verbraucherzentrale führte weiterhin aus, dass es sich bei den beanstandeten Aussagen um unwahre Behauptungen handele und diese zur Täuschung über wesentliche Merkmale einer Dienstleistung geeignet seien. Weiterhin solle in den verkürzten und missverständlichen Aussagen auch ein Verschweigen wesentlicher Tatsachen liegen.

Das Landgericht München I stellte fest, dass die Allianz Lebensversicherung AG irreführende Angaben im geschäftlichen Verkehr tätigte. Es handele sich bei den Formulierungen um Angaben mit einem Informationsgehalt und nicht lediglich um anpreisende Werbung. Damit seien die Aussagen geeignet, den Verkehr irrezuführen. Irreführend sei eine Angabe auch bei objektiver Richtigkeit, soweit sie eine unrichtige Vorstellung des angesprochenen Verkehrskreises hervorruft. Das Landgericht bestätigte auch die Ausführungen der Verbraucherzentrale, denn die hervorgehobenen Aussagen sowie die Verwendung der Begriffe „Indexbeteiligung“ und „Indexpartizipation“ sollen bei einem Großteil der angesprochenen Verbraucher den Eindruck erwecken, es erfolge eine zumindest mittelbare Anlage in Finanzprodukte, mit der die im Aktienindex gelisteten Werte abgebildet werden.

Die Bezugnahme auf die Entwicklung des Aktienindexes sei lediglich ein Parameter der Berechnung für die dem Policenwert zuzuschreibende Rendite am Ende des Geschäftsjahres. Die Rendite wird über den Cap maßgeblich von vielen weiteren Faktoren bestimmt. Unabhängig von dem Verständnis oder den Vorkenntnissen des Kunden sei für diesen nicht erkennbar, wie sich Faktoren wie die Volatilität, die Höhe der jährlichen Überschussanteilssätze etc. auf den Cap auswirken. Die Verzinsung des Finanzprodukts folge also nicht der tatsächlichen Wertentwicklung des EURO STOXX 50, sondern sei von den Überschusserträgen des Versicherers abhängig. Jedoch fallen die Überschüsse in der aktuellen Niedrigzinsphase zunehmend niedriger aus, was für Kunden eine wesentliche Information darstellt.

Rechtliche Möglichkeiten für Verbraucher

Verbraucher, die sich durch die irreführenden Formulierungen getäuscht fühlen, sollten anwaltlichen Rat einholen und ihre rechtlichen Möglichkeiten prüfen lassen. Gegebenenfalls könnten Betroffene wirksam einen Widerspruch geltend machen. Die Rechtsfolge ist ein Rückabwicklungsanspruch, beide Parteien müssen so gestellt werden, wie wenn das Geschäft nicht abgeschlossen wurde. Demzufolge muss die Versicherung dem Kunden sofort die eingezahlten Beiträge in Gesamthöhe samt Zinsen erstatten, abzüglich der Risikokosten.

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