Verdacht auf Arbeitszeitbetrug - genug für eine Kündigung?

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Die Arbeitszeiterfassung ist nicht zuletzt seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom September letzten Jahres ein stets brisantes Thema. Ein Arbeitszeitbetrug ist dabei sogar grundsätzlich geeignet, eine fristlose Kündigung zu begründen - teils auch ohne zuvor ausgesprochene Abmahnung. Doch reicht auch bereits der Verdacht auf einen solchen Arbeitszeitbetrug für eine Kündigung?


Worum ging es?

Das Landesarbeitsgericht Rostock hatte in einem solchen Fall zu entscheiden. Der dortige Kläger war seit 2005 für die Beklagte tätig. Die korrekte Erfassung der vereinbarten (Gleit-) Arbeitszeit wurde dabei auf die Arbeitnehmer übertragen, als Möglichkeit bot die Beklagte hierbei unter anderem das Online-Stempeln an.


Mit der Zeit kam der Arbeitgeberin der Verdacht, dass der Kläger diese Vorgaben zu seinem Vorteil ausnutze und sich bereits morgens von zu Hause aus online in das Zeiterfassungssystem einstempelte - und erst wesentlich später wirklich auf Arbeit erschien. Der Kläger stritt dies ab, bot infolge der Konfrontation mit diesen Vorwürfen jedoch an, zukünftig an festen Arbeitszeiten zu arbeiten und im Betrieb anwesend zu sein. Der Arbeitgeberin genügt dies nicht, sie kündigte dem Kläger ordentlich wegen des dringenden Verdachts des Arbeitszeitbetruges.


Gegen diese Kündigung erhob der Kläger die Kündigungsschutzklage, weil es sich nach seiner Auffassung bei den Vorwürfen um reine Vermutungen handle und nichts davon bewiesen sei. Ein mobiles Einstempeln von zu Hause aus und einen Arbeitszeitbetrug bestritt er.


Das Arbeitsgericht hatte die Klage zurückgewiesen. Aufgrund des auffälligen Buchungsverhaltens bestehe der berechtigte dringende Verdacht, dass der Kläger eine erhebliche Pflichtverletzung begangen hat. Die Kündigung sei aufgrund dieses dringenden Verdachts gerechtfertigt und wirksam.


Reicht der Verdacht für die Kündigung aus?

Der Kläger legte in der Folge Berufung gegen das Urteil ein - letztlich jedoch ohne Erfolg. Auch nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts verstoße die ordentliche Kündigung nicht gegen das Kündigungsschutzgesetz und sei wirksam.


Auf das Arbeitsverhältnis war das Kündigungsschutzgesetz anwendbar, weshalb die Kündigung einer sozialen Rechtfertigung bedurfte. Diese kann in Form von personenbedingten, verhaltensbedingten oder betriebsbedingten Gründen gegeben sein.


Der Verdacht einer erheblichen Pflichtverletzung stellt dabei einen gesonderten Kündigungsgrund dar. Durch den schwerwiegenden Verdacht einer Pflichtverletzung kann ein Verlust des notwendigen Vertrauens eintreten was zu einem Eignungsmangel des Arbeitnehmers führt. Die Verdachtskündigung ist somit letztlich personenbedingt, wenn dem gerecht abwägenden Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des Vertrauensverlusts unzumutbar ist. Sozial gerechtfertigt ist eine Verdachtskündigung zudem nur, wenn das Verhalten des Arbeitnehmers - sollte es bewiesen sein - eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses begründen würde.


Vorliegend bestand zu Lasten des Klägers der Verdacht, dass er sich in die Zeiterfassung gebucht hat, ohne die Arbeit tatsächlich bereits aufgenommen zu haben. Dies ergebe sich aus dem Buchungsverhalten des Klägers und begründe den Verdacht eines Arbeitszeitbetrugs. Eine Täuschung bei der Arbeitszeit führt letztlich zu einer unberechtigten Entgeltzahlung, welcher keine entsprechende Arbeitsleistung gegenübersteht. Dem Arbeitgeber entstehe hierdurch ein kaum bestimmbarer Vermögensschaden - was eine erhebliche Pflichtverletzung und einen schweren Vertrauensbruch darstelle. Auch strafrechtliche Konsequenzen sind hier grundsätzlich denkbar. Die Erklärungen des Klägers konnten auch das Landesarbeitsgericht nicht überzeugen.


Nach Abwägung der beiderseitigen Interessen sei es für die Beklagte letztlich nicht zumutbar das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Denn aufgrund des schwerwiegenden Vertrauensmissbrauchs könne die Beklagte auf eine ordnungsgemäße Abrechnung der Arbeitszeiten nicht mehr vertrauen. Trotz aller Beteuerungen des Klägers würde dies eine engmaschige und regelmäßige Kontrolle seiner Arbeitszeiten voraussetzen und das Arbeitszeitmodell der Beklagten beeinträchtigen.


Der aufgrund der Umstände bestehende, dringende Verdacht eines Arbeitszeitbetruges rechtfertigte somit die ordentliche, personenbedingte Kündigung des Klägers.


Fazit

Das Urteil zeigt erneut, welche Brisanz im Thema Arbeitszeiterfassung steckt. Der nachweisbare Arbeitszeitbetrug ist dabei grundsätzlich geeignet, dass Arbeitsverhältnis fristlos zu beenden. Doch das Urteil zeigt, dass auch der dringende und durch Tatsachen bekräftigte Verdacht bereits ausreichen kann, das Arbeitsverhältnis erheblich zu gefährden. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollten daher in der Arbeitszeiterfassung erhebliche Sorgfalt an den Tag legen, um entsprechende Konflikte möglichst bereits im Vorfeld zu vermeiden.


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