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Verdachtskündigung: Kündigung wegen Verdachts ausreichend

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Vielen ist folgendes Ereignis aus den Nachrichten bekannt: Einer Altenpflegerin wurde außerordentlich (= fristlos) gekündigt, weil sie sechs Maultaschen von ihrem Arbeitsplatz entwendet hat. Doch hätte bereits der bloße Verdacht dieses Diebstahls genügt, um ihr zu kündigen (sogenannte Verdachtskündigung)? Wann kann aufgrund eines bloßen Verdachts gekündigt werden?


Die Verdachtskündigung: Begründete Vermutung eines arbeitsrechtlichen Pflichtverstoßes genügt

In der Regel muss ein Arbeitgeber beweisen können, dass ein Arbeitnehmer gegen eine arbeitsrechtliche Pflicht verstoßen hat, wenn dem Arbeitnehmer aufgrund eines solchen verhaltensbedingten Grundes gekündigt wird (Tatkündigung). Ansonsten kann der gekündigte Arbeitnehmer gegen die Kündigung klagen und sie wird unwirksam (Kündigungsschutzklage). 

Unter bestimmten Voraussetzungen genügt jedoch der bloße Verdacht einer Kündigung, um einem Arbeitnehmer wegen eines verhaltensbedingten Grundes zu kündigen (Verdachtskündigung).

In der Praxis wird eine Verdachtskündigung als außerordentliche (= fristlose) Kündigung erklärt. Denn jede Verdachtskündigung erfüllt die Voraussetzung einer außerordentlichen Kündigung. Wird eine Verdachtskündigung also als ordentliche Kündigung erklärt (= Entlassung erst nach Ablauf der Kündigungsfrist), ist es ratsam, den Arbeitgeber nicht auf die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung hinzuweisen.


Voraussetzungen einer Verdachtskündigung: Verdacht, objektive Umstände, überwiegende Wahrscheinlichkeit, Gewicht, Vertrauen, Aufklärung des Sachverhalts

Eine wirksame Verdachtskündigung hat sechs Voraussetzungen.

  1. Zunächst muss speziell der Verdacht zur Begründung der Kündigung führen. Nicht notwendig ist also ein bewiesener arbeitsrechtlicher Pflichtverstoß.
  2. Dieser Verdacht muss sich auf bewiesene objektive Umstände des konkreten Sachverhalts stützen.
  3. Nach diesen Umständen muss es überwiegend wahrscheinlich sein, dass der Arbeitnehmer gegen die arbeitsrechtliche Pflicht verstoßen hat (etwa eine Körperverletzung am Arbeitsplatz oder Diebstahl).
  4. Der Verstoß muss so gewichtig sein, dass, wenn er bewiesen wäre, für eine außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung ausreichend wäre. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses muss für den Arbeitgeber unzumutbar sein.
  5. Der bloße Verdacht muss geeignet sein, das Vertrauen, welches für die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses notwendig ist, zu zerstören.
  6. Vor Erklärung der Verdachtskündigung muss der Arbeitgeber alle Schritte ausgeführt haben, um den Sachverhalt aufzuklären. Speziell muss er dem Arbeitnehmer dabei mittels Anhörung die Möglichkeit zur Verfügung gestellt haben, sich zu dem Verdacht zu äußern.

Wenn es also im Fall des Entwendens der Maultaschen überwiegend wahrscheinlich gewesen wäre, dass die Altenpflegerin die Maultaschen entwendet und der Arbeitgeber alle zumutbaren Schritte zur Aufklärung des Sachverhalts vorgenommen hätte, wäre auch hier eine Verdachtskündigung wirksam gewesen.


Folgen einer Verdachtskündigung

Ist die Verdachtskündigung aufgrund einer Straftat erfolgt, kann sie auch zu einem Strafverfahren gegen den (ehemaligen) Arbeitnehmer führen.

Die Verdachtskündigung kann auch unwirksam sein, wenn etwa das Vertrauen für die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses nicht zerstört ist (oder eine andere Voraussetzung der Verdachtskündigung nicht vorliegt). Der Arbeitnehmer kann dann gegen die Verdachtskündigung Kündigungsschutzklage erheben. Das muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung erfolgen. Der Arbeitgeber muss beweisen, dass die Voraussetzungen einer Verdachtskündigung vorliegen. Hat die Kündigungsschutzklage Erfolg, so hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Entschädigung wegen der grundlosen Verdächtigung.


Ihr Experte

Die Kanzlei Hauptmann-Uhl und Kollegen aus Göppingen unterstützt Sie insbesondere in allen arbeitsrechtlichen Belangen. Unser Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Herr Klaus Uhl, hilft Ihnen dabei, gegen eine widerrechtliche Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage vorzugehen. 

Er führt die Beweise dem Gericht so an, dass es den korrekten Sachverhalt und die falsche Einschätzung des Arbeitgebers erkennt. Durch eine überzeugende Klageschrift und eine ausgeklügelte Verteidigungsstrategie kann so die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses beim Arbeitgeber gelingen. 

Ist eine solche Fortsetzung nicht gewünscht, kann einvernehmlich gegen eine entsprechende Abfindung das Arbeitsverhältnis im beiderseitigen Einvernehmen beendet werden.

Foto(s): https://pixabay.com/de/photos/mädchen-sitzung-steg-docks-1822702/

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