Verfassungsmäßigkeit der erweiterten unbeschränkten Schenkungsteuerpflicht

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In einem Urteil (II R 5/20) vom 12.10.2022 entschied der BFH, dass die erweiterte unbeschränkte Schenkungsteuerpflicht aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 lit. b Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) oder gegen die unionsrechtlich gewährleistete Kapitalfreiheit verstößt.

Insbesondere für Steuerpflichtige, die überlegen Deutschland zu verlassen, hat die Entscheidung erhebliche Relevanz.


Hintergrund 

In dem besagten Urteil erwarb der Kläger von seiner Mutter im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein Schweizer Grundstück gegen Bestellung eines lebenslänglichen Nutzungsrechts. Die beiden deutschen Staatsangehörigen gaben ihren Wohnsitz in Deutschland kurze Zeit vor Ausführung der Schenkung auf und zogen in die Schweiz.

Das Finanzamt setzte nach dem Tod der Mutter eine Schenkungsteuer fest. Es begründete die Entscheidung mit einer erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht des Klägers gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 lit. b ErbStG.

Der Kläger begründete seine Klage und die Revision damit, dass die Regelung deutsche und nicht deutsche Staatsangehörige ungleich behandelt und damit gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstieße. Außerdem läge eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit gem. Art. 63 Abs. 1 AEUV vor.


Deutsche Schenkungsteuer 

Doch warum muss eine in der Schweiz erfolgte Schenkung in Deutschland versteuert werden?

Der deutschen Schenkungsteuer unterliegen grundsätzlich nur Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Damit (zukünftig) Beschenkte nun nicht – vorrübergehend – ins Ausland ziehen, um eine Schenkungsteuerpflicht in Deutschland zu umgehen, besteht die sog. erweiterte unbeschränkte Schenkungsteuerpflicht, aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 lit. b ErbStG. Nach dieser Regelung gelten deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als fünf Jahre im Ausland aufgehalten haben, auch als Inländer und werden damit von der deutschen Schenkungsteuer erfasst.     


Entscheidung 

Das FG Münster hat die Klage zuvor bereits abgewiesen (4 K 1286/18) und auch der BFH wies die Klage als unbegründet zurück. Es liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Steuerpflichtige müssen nach dem Grundsatz der Lastengleichheit gleichmäßig belastet werden (BVerfG 1 BvR 1432/10). Dabei steht dem Gesetzgeber ein weitreichender Entscheidungsspielraum – den Steuergegenstand betreffend – zu.

Wird von diesem Grundsatz abgewichen, so bedarf dies eines besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung rechtfertigen würde. Ein Abstellen auf die Staatsangehörigkeit der Steuerpflichtigen und eine daraus resultierende Ungleichbehandlung von deutschen und nichtdeutschen Staatsangehörigen ist aufgrund des engen Inlandbezugs gerechtfertigt und nicht willkürlich. Außerdem wird die erweiterte unbeschränkte Schenkungsteuerpflicht nicht allein an die Staatsangehörigkeit geknüpft, sondern zusätzlich auch an einen Fünfjahreszeitraum.  

Weiterhin wird begründet, dass insbesondere kein Verstoß gegen die unionsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit aus Art. 63 Abs. 1 AEUV vorliegt. Zur Begründung zieht der BFH eine EuGH-Entscheidung (C-513/03) heran, die eine niederländische Vorschrift betrifft. Nach dieser Vorschrift kann übergegangener Nachlass in einer Weise besteuert werden, als wäre der Staatsangehörige im Mitgliedsstaat wohnen geblieben, wenn der Angehörige eines Mitgliedsstaates innerhalb von zehn Jahren – nach der Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland – verstirbt. Diese Besteuerung stellt keine Beschränkung des Kapitalverkehrs dar.

Ein Verstoß gegen das mit der Schweiz und der EU bestehende Freizügigkeitsabkommen sah der BFH ebenfalls nicht.


Welches Vorgehen bei einer Schenkung zu empfehlen ist, hängt immer vom Einzelfall ab. Nicht selten empfiehlt es sich daher, einen Fachanwalt für Erbrecht bzw. Steuerrecht aufzusuchen, um das bestmögliche Vorgehen zu erarbeiten.

Zur erweiterten unbeschränkten Schenkungsteuerpflicht sowie zu allen anderen steuerrechtlichen Themen beraten wir Sie gerne umfassend. Sie erreichen uns unter der Nummer 040/ 528 403 – 0 oder per E-Mail unter info@rugefehsenfeld.de.


Unser Rechtstipp: 

Wird mit dem Gedanken gespielt, ins Ausland zu ziehen, so kann eine Schenkungsteuerpflicht in Deutschland nur vermieden werden, wenn die Schenkung erst nach Ablauf der Fünfjahresfrist nach dem Wegzug erfolgt. Für einen Wegzug in die USA gilt sogar eine Frist von zehn Jahren.


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