Verhältnismäßigkeit eines Dieselfahrverbots

  • 3 Minuten Lesezeit

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich jüngst im Februar 2020 in einem brandneuen Urteil über das umstrittene Dieselfahrverbot geäußert. Kern der Entscheidung stellt, wie so oft im Verwaltungsrecht, die Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar. Diesen sahen die Richter aus Leipzig aufgrund der Verordnung eines Dieselfahrverbots als verletzt an.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Als Klägerin in der Sache trat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) auf, Gegner war die Stadt Reutlingen in Baden-Württemberg. Die DUH wandte sich gegen die überschrittenen Grenzwerte hinsichtlich der Feinstaubbelastung im festgelegten Gebiet. Der zuletzt im Jahr 2018 überarbeitete Luftreinhalteplan der Stadt Reutlingen solle aufgrund des hohen Wertes mit deutlich effektiveren und einschneidenden Maßnahmen umgesetzt werden. Damit dies geschehen kann, müsse der Plan umgeschrieben werden. Um den gezielten Stickstoffdioxid-Wert (NO2) zu gewährleisten, sei ein Dieselfahrverbot zwingend notwendig. Die beklagte Stadt wollte dieser Forderung nicht nachgehen.

Mit diesem Begehren wandte sich die DUH im März 2019 an den Verwaltungsgerichtshof Mannheim, um die Kommune mit einem Verpflichtungsurteil an die Einführung eines Dieselfahrverbots rechtlich zu binden. Die Richter folgten der Argumentation der DHU und bejahten die Notwendigkeit der Maßnahme, um den empfohlenen Wert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft schnellstmöglich zu erreichen.

Gegen das VGH-Urteil hatte das Land Baden-Württemberg letztlich Revision zum Bundesverwaltungsgericht eingelegt. Sie argumentierte, dass die NO2-Belastung im Grenzgebiet auch ohne Dieselfahrverbote stetig gesunken sei und der angestrebte Wert nach Prognosen im laufenden Jahr bereits erreicht werden soll, auch ohne Umsetzung von umfänglichen Restriktionen.

Das BVerwG hielt die Anordnung eines Fahrverbotes für unverhältnismäßig und gab der Revision statt. Diese wurde von den Richtern wie folgt begründet:

Ein solches Dieselfahrverbot sei nicht zwingend im Luftreinhalteplan der Stadt Reutlingen festgelegt. Damit ein solches umgesetzt werden kann, müsse der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt werden. Hier mangelt es nach der Ansicht aus Leipzig an der nötigen Erforderlichkeit der schwerwiegenden Maßnahme, wenn eine baldige Grenzwertunterschreitung aufgrund von Prognosen im laufenden Jahr auch ohne ein Fahrverbot erreicht wird. Dennoch trug das BVerwG der Kommune auf, den Luftreinhalteplan zu überarbeiten. Aus dessen Sicht sind Prognosefehler ersichtlich, welche durch weitergehende Untersuchungen jedoch ausgemerzt werden können.

Des Weiteren wurde die Argumentation des Gerichts vom § 47 Abs. 4a des Bundesemissionsschutzgesetzes gestärkt, welcher die sogenannten Fahrverbote lediglich ab einem Grenzwert von 50 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft gesetzlich ermöglicht, was als eine Art Erforderlichkeit interpretiert werden kann. Diese Behauptung stellte einen weiteren Seitenhieb gegen das Urteil des VGH Mannheim dar, denn dessen Richter ignorierten den neu eingeführten § 47 Abs. 4a BImSchG und fußten ihr Urteil auf einen Grenzwert der EU, welcher zum Zeitpunkt des Urteils auf einen Grenzwert von 40μg/m³ festgelegt ist.

Dieses Urteil setzt wichtige Maßstäbe hinsichtlich der Dieselfahrverbotsmaßnahmen und den stetigen Klagen der DUH gegen zahlreiche Kommunen. Obwohl es sich hier um ein nachhaltig, sehr wichtiges Thema handelt, so betont das BVerwG mit seinem Urteil erneut die Wichtigkeit der Rechtsstaatlichkeit, vor allem, dass die Vorgehensweise der Verwaltung immer an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebunden bleibt (BVerwG 7 C 3.19 – Urteil vom 27. Februar 2020).

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Strafrecht


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Fachanwalt für Verkehrsrecht Sven Skana