Verkauf des Patientenstamms

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1. Die Patientenkartei als Wirtschaftsgut

Die Patientenkartei ist neben der Zulassung der Kassenärztlichen Vereinigung zur vertragsärztlichen Versorgung (Kassenzulassung) eines der zentralen Wirtschaftsgüter einer Arztpraxis und ein entscheidender wertbildender Faktor bei der Praxisabgabe.

Eine Praxisnachfolge ist ohne Übernahme der Patienten kaum vorstellbar. Gleichwohl sind bei der Übertragung der Patientendaten eine Reihe von berufsrechtlichen, vertragsärztlichen, datenschutzrechtlichen sowie strafrechtlichen Bestimmungen zu beachten.

2. Kein isolierter Verkauf des Patientenstamms

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 09.11.2021 (Az. VIII ZR 362/19) entschieden, dass die isolierte Veräußerung des Patientenstamms gegen Zahlung eines Kaufpreises gegen das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt verstößt und der Kaufvertrag aus diesem Grund nichtig ist. Für sich genommen stellt die Patientenkarte daher kein veräußerungsfähiges Wirtschaftsgut dar (das gleiche gilt für den isolierten Verkauf der vertragsärztlichen Zulassung).

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt hatte eine Zahnärztin bei Praxisaufgabe ihren Patientenstamm isoliert, d.h. ohne weitere Wirtschaftsgüter wie Praxisinventar, an einen anderen Zahnarzt verkauft. Hierin hat das Gericht einen klaren Verstoß gegen das Verbot der entgeltlichen Zuweisung erkannt. 

Hervorzuheben ist, dass sich die abgebende Zahnärztin im Kaufvertrag zu weiteren Leistungen verpflichtet hat:

  • Rundschreiben an die Patienten mit Empfehlung zur Weiterbehandlung durch den Käufer; und
  • Weiterleitung von Telefonanrufen sowie Website-Aufrufen an den Käufer.

Diese Mitwirkungshandlungen bzw. Werbemaßnahmen sind nach Ansicht des Gerichts im Licht des Zuweisungsverbots ebenfalls problematisch. Damit betont der BGH die herausragende Bedeutung der Entscheidungsfreiheit der Patienten. Zuweisungen darf ein Arzt (m/w/d) ausschließlich aufgrund medizinischer Gründe im Patienteninteresse aussprechen.

Offengelassen hat der BGH, ob das Verhalten zugleich den Tatbestand der Straftat der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen verwirklicht.

3. Übertragung des Patientenstamms im Rahmen eines Praxisverkaufs

Der Verkauf einer Arztpraxis im Ganzen unter Einbeziehung des Patientenstamms ist nach wie vor zulässig. Dabei stellt die Möglichkeit des Nachfolgers (m/w/d), die Patienten weiterbehandeln zu können, eine für die Berechnung des Kaufpreises wichtige Erwartung dar. 

Ein rechtswirksamer Praxisverkauf erfordert jedoch die Übergabe eines fortführungsfähigen Praxissubstrats. Der Käufer muss daher die wesentlichen Ressourcen der Praxis übernehmen.

Zur Umsetzung der Übergabe der Patientendaten dominiert in der Praxis das sog. "Zwei-Schrank-Modell". Dabei werden die Patienten im Rahmen der Praxisabgabe um Einverständnis hinsichtlich der Weiterbehandlung durch und Weitergabe ihrer Daten an den neuen Arzt gebeten. Bei vorliegendem Einverständnis kommt die Patientenakte in den Schrank des neuen Arztes. Bis zur Erteilung des Einverständnisses verbleiben die weiteren Patientenakten in einem zweiten Schrank im Eigentum des alten Arztes, der vom neuen Arzt treuhänderisch für diesen verwahrt wird. Erklärt später ein Patient sein Einverständnis darf der neue Arzt die Patientenakte aus dem Schrank des alten Arztes entnehmen und in seinen Schrank überführen.

Vor dem Hintergrund der vorgenannten Entscheidung des BGH werden Mitwirkungshandlungen des Praxisabgebers künftig besonders kritisch zu prüfen sein, um einen Verstoß gegen das entgeltliche Zuweisungsverbot auszuschließen. Rechtssicher dürfte ein Hinweis über die Praxisschließung und eine sachliche Information über den Nachfolger sein, ohne jedoch eine Empfehlung für die Weiterbehandlung auszusprechen.

4. Beratung und Begleitung

Bei der Praxisnachfolge sind stets die zunehmend komplexen rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen zu beachten. Wir besitzen umfassende Erfahrung mit dem Verkauf von Arztpraxen und dem Einstieg in bzw. Ausstieg aus Gemeinschaftspraxen (BAG) bzw. Medizinischen Versorgungszentren (MVZ). Gerne beraten wir Sie zielgerichtet und erarbeiten die für Ihren Fall passende Lösung. Melden Sie sich jederzeit gerne, wenn Sie eine Frage haben oder eine Beratung wünschen.


Mit besten Grüßen, RA Dr. Alexander Dorn & RA Dr. Rainer Freudenberg, LL.M.

Foto(s): iStock


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