Dienstvertrag des Geschäftsführers einer MVZ-GmbH

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1. Stellung des Geschäftsführers

a. Gesellschaftsrecht

Der Geschäftsführer der Träger-GmbH eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) (m/w/d) wird durch Beschluss der Gesellschafter zum Geschäftsführer bestellt und erhält hierdurch sein organschaftliches Amt als Geschäftsführer. Das organschaftliche Amt begründet die Rechte und Pflichten des Geschäftsführers nach dem GmbH-Gesetz. Vorbehaltlich besonderer Abreden im Gesellschaftsvertrag der Trägergesellschaft können die Gesellschafter den Geschäftsführer jederzeit durch Mehrheitsbeschluss aus dem Amt abberufen. Daneben kann der Geschäftsführer sein Amt jederzeit einseitig niederlegen. Bestellung und Abberufung bzw. Niederlegung müssen jeweils im Handelsregister eingetragen werden, wobei die Eintragung im Handelsregister jedoch keine Voraussetzung für die Wirksamkeit von Bestellung und Abberufung bzw. Niederlegung sind.

Streng zu trennen vom organschaftlichen Amt als Geschäftsführer ist das zivilrechtliche Dienstverhältnis des Geschäftsführers mit der GmbH. Dieses Anstellungsverhältnis wird durch Abschluss eines Dienstvertrags mit der GmbH begründet und regelt das Innenverhältnis zwischen Geschäftsführer und Betreiber-Gesellschaft.

Das gesetzliche Organverhältnis und das vertragliche Dienstverhältnis bestehen grundsätzlich unabhängig voneinander, d.h. die Begründung oder Aufhebung des einen Verhältnisses berührt nicht automatisch das andere. Eine Ausnahme gilt z.B., wenn der Dienstvertrag eine sog. Koppelungsklausel enthält, wonach die Abberufung als Geschäftsführers auch als Kündigung des Geschäftsführervertrags gilt.

b. Medizinrecht und Zulassung

Wenn der Geschäftsführer Arzt ist, muss in medizinrechtlicher Hinsicht hinsichtlich der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung weiter differenziert werden, ob er im MVZ als Vertragsarzt oder als angestellter Arzt auf Basis einer Anstellungsgenehmigung durch den Zulassungsausschuss der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) tätig werden soll. 

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Bundessozialgericht (BSG) mit seinem Urteil vom 26.01.2022 (Az. B 6 KA 2/21 R) entscheiden hat, dass geschäftsführende Gesellschafter eines MVZ nur unter bestimmten Voraussetzungen eine zulassungsrechtliche Anstellungsgenehmigung vom Zulassungsausschuss erhalten können. Wenn  angestrebt ist, dass der geschäftsführende Gesellschafter als angestellter Arzt im MVZ arbeiten soll, muss die Zulässigkeit im jeweiligen Einzelfall genau geprüft werden, wofür insbesondere der Umfang der Beteiligung an der MVZ-GmbH sowie die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags maßgebend sind.

2. Abschluss des Dienstvertrags

Der Dienstvertrag wird zwischen dem Geschäftsführer und der Betreiber-GmbH geschlossen. Seitens der GmbH ist die Gesellschafterversammlung zuständig für den Abschluss, die Änderung, Aufhebung und Kündigung des Anstellungsvertrags mit dem Geschäftsführer.

Für den Dienstvertrag gelten keine besonderen Formerfordernisse. Zu Zwecken der Dokumentation und zum Nachweis gegenüber dem Finanzamt sollte der Vertrag jedoch stets schriftlich vereinbart werden.

3. Vertragsinhalt

a. Aufgaben und Zuständigkeiten

Die Vertretungsbefugnisse des Geschäftsführers sollten klar definiert werden, insbesondere ob er Einzelvertretungsbefugnis oder Gesamtvertretungsmacht hat und ob er von den Beschränkungen des § 181 BGB (sogenannte Insichgeschäfte) befreit ist. 

Die Pflichten und Verantwortlichkeiten des Geschäftsführers müssen genau festgelegt werden. Es sollte geregelt werden, ob es eine Aufgabenteilung oder Ressortverteilung mit anderen Geschäftsführern gibt (sogenannter Geschäftsverteilungsplan). Oft wird eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführung erstellt, um interne Regeln näher zu bestimmen. 

Es können Geschäftsvorfälle festgelegt werden, bei denen der Geschäftsführer die Zustimmung der MVZ-Gesellschafter einholen muss (sogenannte zustimmungsbedürftige Geschäfte). 

Der Geschäftsführer kann bestimmte Planungs- und Berichtspflichten gegenüber den Gesellschaftern der Träger-GmbH haben, wie die Erstellung eines Jahresplans, die Übermittlung monatlicher Betriebswirtschaftlicher Auswertungen (BWA) oder die Erstellung von Halbjahres- oder Quartalsberichten. 

Die Arbeitszeiten des Geschäftsführers sowie Anwesenheitspflichten oder die Möglichkeit von Homeoffice sollten festgelegt werden.

b. Ärztlicher Bereich

Zu beachten ist, dass der Ärztliche Leiter des Medizinischen Versorgungszentrums nach den Bestimmungen des § 95 Abs. 1 Satz 3 SGB V in medizinischen Fragen weisungsfrei ist. Dem Geschäftsführer ist es daher untersagt, dem Ärztlichen Leiter des Medizinischen Versorgungszentrums oder den weiteren angestellten Ärzten Weisungen zu erteilen, die sich auf den ärztlichen Bereich erstrecken. Dies sollte ausdrücklich geregelt werden.

c. Nebentätigkeiten

In der Regel hat die Gesellschaft ein berechtigtes Interesse daran, dass der Geschäftsführer keine Nebentätigkeiten ohne vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung ausübt. Bestehende Nebentätigkeiten können in den Dienstvertrag aufgenommen und vorab genehmigt werden.

d. Vergütung

Die Höhe und Auszahlung der festen Vergütung müssen festgelegt werden. 

Zusätzlich kann der Geschäftsführer Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation oder ein 13. Gehalt haben. 

Der Geschäftsführer kann auch eine Tantieme erhalten. Dabei müssen die Voraussetzungen für das Entstehen, die Höhe und die Auszahlung der variablen Vergütung genau festgelegt werden. Die Entstehung und Höhe hängen in der Regel vom Erreichen bestimmter wirtschaftlicher Kennzahlen oder Geschäftsziele ab; es kann aber auch eine pauschale prozentuale Beteiligung am Gewinn vereinbart werden. Die Auszahlung erfolgt in der Regel einige Zeit nach Feststellung des Jahresabschlusses für das vorangegangene Geschäftsjahr. Die Tantieme spielt insbesondere bei Investoren-MVZs eine wichtigere Rolle.

Insbesondere wenn der Geschäftsführer von der Sozialversicherung befreit ist oder privat krankenversichert ist, sollte festgelegt werden, inwieweit die Gesellschaft Beiträge zur Krankenversicherung und Altersversorgung übernimmt. 

e. D&O-Versicherung

Insbesondere für nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer oder nicht beteiligte Geschäftsführer kann es wichtig sein, dass die MVZ-GmbH eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung (sogenannte D&O-Versicherung) für Schäden aus fehlerhafter Geschäftsführung zugunsten des Geschäftsführers abschließt. 

Neben der Abdeckung von Innen- und Außenhaftung sowie grober Fahrlässigkeit sollten unter anderem die Deckungssumme der Police und der Selbstbehalt angemessen sein und ausreichende Nachmeldefristen vereinbart werden. 

Die Absicherung des Geschäftsführers kann auch durch einen sogenannten Verschaffungsanspruch geregelt werden, wonach die Gesellschaft verpflichtet ist, dem Geschäftsführer eine D&O-Versicherung entsprechend bestimmten Qualitätsstandards zu beschaffen, und den Geschäftsführer von einer etwaigen Haftung freizustellen, wenn die Gesellschaft diesem Anspruch nicht nachkommt.

f. Reisekosten und Aufwendungsersatz

Es sollte festgelegt werden, dass dem Geschäftsführer geschäftlich veranlasste Kosten erstattet werden. 

Besondere Beachtung sollte der Abrechnung von Reisekosten geschenkt werden. Um späteren Streit über die Angemessenheit von Reisekosten zu vermeiden, können im Voraus bestimmte Richtlinien festgelegt werden, wie z. B. die Kategorie des Hotels (Sterne-Klasse), die Klasse der Bahn (1. oder 2. Klasse) oder die Klasse des Fluges (Business oder Economy).

g. Urlaub

Da das Bundesurlaubsgesetz für Geschäftsführer nicht gilt, muss der Urlaubsanspruch vertraglich festgelegt werden. Marktüblich sind etwa 25 bis 35 Arbeitstage. 

Es sollte auch festgelegt werden, ob nicht genommener Urlaub ins nächste Jahr übertragen oder abgegolten werden kann.

h. Entgeltfortzahlung

Da das Entgeltfortzahlungsgesetz nicht für Geschäftsführer gilt, muss geregelt werden, unter welchen Bedingungen die Bezüge im Krankheitsfall fortgezahlt werden. Üblicherweise beträgt die Fortzahlungsdauer zwischen 6 Wochen und 6 Monaten. 

Darüber hinaus kann den Hinterbliebenen des Geschäftsführers ein Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge im Todesfall gewährt werden, wobei üblicherweise etwa 3 Monate vereinbart werden.

i. Wettbewerbsverbot

Während seiner Amtszeit ist der Geschäftsführer aufgrund seiner Treuepflicht gegenüber der Träger-GmbH einem strengen gesetzlichen Wettbewerbsverbot unterworfen. Von diesem Wettbewerbsverbot kann er nur durch Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschluss befreit werden; eine Befreiung im Anstellungsvertrag ist nicht ausreichend.

Eine der meistdiskutierten Fragen betrifft die Möglichkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots für den Geschäftsführer. Dabei sind insbesondere folgende Punkte zu regeln: 

  1. die sachliche, räumliche und zeitliche (bis zu 24 Monate) Reichweite des Wettbewerbsverbots, 
  2. die Frage, ob der Geschäftsführer im Gegenzug eine Karenzentschädigung erhält, und 
  3. ob bei Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot eine Vertragsstrafe zu zahlen ist.

j. Haftung

Im Interesse des Geschäftsführers können Haftungsbeschränkungen für fehlerhafte Geschäftsführung vereinbart werden. Dabei kommen insbesondere folgende Haftungsbegrenzungen in Betracht:

  • Ein Ausschluss der Haftung bei fahrlässigen Pflichtverletzungen (die Haftung für Vorsatz kann nicht im Vorhinein ausgeschlossen werden).
  • Eine Begrenzung der Haftung auf einen Höchstbetrag, beispielsweise 3-12 Monatsgehälter.
  • Festlegung, dass die GmbH die Beweislast trägt, wenn sie Ansprüche gegen den Geschäftsführer geltend macht, und dass keine Beweiserleichterung bzw. Beweislastumkehr zum Nachteil des Geschäftsführers gilt.
  • Vereinbarung von kurzen Ausschlussfristen, beispielsweise 3-12 Monate, innerhalb derer Ansprüche gegen den Geschäftsführer geltend gemacht werden müssen.

k. Vertragsdauer und Kündigung

Der Vertrag kann für eine bestimmte Dauer, üblicherweise 2 bis 5 Jahre, abgeschlossen werden. Eine solche Befristung kann mit einer Verlängerungsoption versehen werden. 

Alternativ kann der Vertrag auch für unbestimmte Zeit mit der Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung abgeschlossen werden.

Es ist genau zu regeln, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Fristen der Vertrag von jeder Vertragspartei gekündigt werden kann. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund kann keinesfalls ausgeschlossen werden. 

Die GmbH kann berechtigt sein, den Geschäftsführer unter Fortzahlung seiner Bezüge freizustellen

Es kann durch eine sogenannte Koppelungsklausel vereinbart werden, dass die Abberufung als Geschäftsführer automatisch zur Beendigung des Geschäftsführervertrags führt.

5. Sozialversicherungspflicht

Ob der Geschäftsführer sozialversicherungspflichtig ist, ist stets eine Frage des individuellen Einzelfalls. Maßgebend hierfür sind der Umfang seiner Beteiligung an der GmbH sowie die konkrete Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags.

Als Daumenregel gilt, dass ein Geschäftsführer, der mit 50% oder mehr an der GmbH beteiligt ist, nicht sozialversicherungspflichtig ist, während bei einer Beteiligung unter 50% im Regelfall ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt.

Für eine verbindliche Auskunft kann ein Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung durchgeführt werden.

6. Beratung und Begleitung

Der Geschäftsführervertrag hat sowohl für den Geschäftsführer als auch für das MVZ sowie Investoren große wirtschaftliche Bedeutung. Wir besitzen umfassende Erfahrung in der Gestaltung von Geschäftsführerverträgen und beraten Sie gerne bei der Erstellung oder der Prüfung eines Geschäftsführervertrags. Bitte melden Sie sich jederzeit gerne, wenn Sie eine Frage haben oder eine Beratung wünschen.


Mit besten Grüßen, RA Dr. Alexander Dorn & RA Dr. Rainer Freudenberg, LL.M.

Foto(s): iStock


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