Verletzung rechtlichen Gehörs des nicht erschienen Klägers

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Der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 I Grundgesetz wird auch dann verletzt, wenn dieser trotz ordnungsgemäßer Ladung der mündlichen Verhandlung ferngeblieben ist, in welcher nach Aufhebung der angefochtenen Bescheide durch die Behörde sofort über die Klage entschieden und diese daher als unzulässig abgewiesen wird.


In diesem Sinne hat der VGH Kassel mit Beschluss vom 24.01.2017 – 2 A 592/16. Z – auf den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung entschieden. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin hatte gegen den (Ausgangs- und Widerspruchs-) Bescheid der Beklagten Anfechtungsklage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht erhoben, deren mündlichen Verhandlung sie jedoch, obwohl ordnungsgemäß geladen, fern blieb. Nachdem das Gericht Bedenken an der Rechtmäßigkeit der gerufenen Bescheide geäußert hatte, erklärte die Beklagte noch in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll, dass sie die betreffenden Bescheide aufhebe, worauf hin das Verwaltungsgericht die Klage wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig abwies.


Der Verwaltungsgerichtshof sah hierin einen Verfahrensmangel im Sinne von § 124 Abs. 1 Nr. 5 VwGO in Gestalt der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz und § 108 Abs. 2 VwGO. Zwar war die Klägerin bei der Terminsladung zur mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen worden, dass bei ihrem Ausbleiben auch ohne sie verhandelt und entschieden werden kann. Dies war jedoch vorliegend nicht möglich, ohne der Klägerin Gelegenheit zu geben, sich zu der Bescheidaufhebung zu äußern und hierauf prozessual, etwa durch Erklärung der Erledigung der Hauptsache, zu reagieren.


Denn ein Verfahrensbeteiligter muss nur damit rechnen, dass die übrigen Prozessbeteiligten in der mündlichen Verhandlung ihr bisheriges Vorbringen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ergänzen. Nur dann begibt er sich durch Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung der Gelegenheit, sich hierzu zu äußern und kann sich dann später nicht mehr auf den Anspruch auf rechtliches Gehör berufen. Zu den wesentlichen Entwicklungen in der mündlichen Verhandlung, mit denen er nicht rechnen musste - wie etwa auch der Einführung eines neuen Streitgegenstandes im Wege der Klageänderung - muss ihm indes vor einer Entscheidung des Gerichts Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden.


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