Versicherungsrecht – Haftung Versicherungsmakler und Versicherungsvermittler

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Versicherungsrecht – Haftung Versicherungsmakler

Ein weiterer Fall, der zeigt, dass gerade Versicherungsmakler häufig „mit einem Bein“ in der Haftung stehen.

Der Fall: 

Die Klägerin ist eine geprüfte Versicherungsfachfrau. Sie war in der Zeit von 2008 bis Ende 2010 für einen Versicherungsmakler (die Beklagte zu 1) tätig. In dieser Zeit vermittelte sie für sich selbst einen Unfallversicherungsvertrag, bei dem auch ihr Ehemann versicherte Person war. Nach Beendigung ihrer Tätigkeit für diesen Makler hat sie alle in ihrem Besitz befindlichen Unterlagen über die von ihr vermittelten Versicherungsverträge einem weiteren Makler (Beklagter zu 2) zur Weiterbetreuung übergeben.

Am 24.04.2012 erlitt der Ehemann einen schweren Verkehrsunfall. Dieser Unfall wurde dem Unfallversicherer gemeldet. Die Beklagte zu 2 übersandte die Unfallanzeige sowie den Entlassungsbrief der Klinik an den Unfallversicherer. Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2 wurde im Rahmen eines Maklervertrages vereinbart, dass sich der Beklagte zu 2 um die gesamte Schadensabwicklung kümmert.

Der Unfallversicherer wies die Klägerin mit Schreiben vom 19.06.2012 darauf hin, dass ein Anspruch auf Versicherungsleistung nur besteht, wenn die unfallbedingte Invalidität innerhalb von 12 Monaten nach dem Unfall eintrete und innerhalb von 18 Monaten nach dem Unfall ärztlich festgestellt werde.

Mit Schreiben vom 21.11.2014 lehnte die Versicherung den Antrag auf Invaliditätsleistungen mit der Begründung ab, dass die Invalidität eben nicht innerhalb der 18 Monate ärztlich festgestellt worden sei.

Die Klägerin nahm beide Makler auf Schadenersatz in Anspruch. Die Vorinstanzen (LG Osnabrück und OLG Oldenburg) wiesen die Klage ab. Es könne nicht angenommen werden, dass die Klägerin die ärztliche Feststellung der unfallbedingten Invalidität rechtzeitig veranlasst hätte, wenn die Beklagte sie auf die laufende Frist hingewiesen hätte. Eine für die zugunsten der Klägerin streitende Vermutung beratungsgerechten Verhaltens sei dadurch entkräftet, dass die Klägerin auf das Schreiben des Versicherers vom 19.06.2012 nicht reagiert hätte.

Der Bundesgerichtshof gibt mit seinem Urteil vom 30.11.2017 (Az. I ZR 143/16) der Klägerin recht.

Es bestehe dem Grunde nach ein Schadenersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB. Der BGH weist erneut darauf hin, dass die Pflichten eines Versicherungsmaklers weit gehen und grundsätzlich auch die Hilfestellung bei der Regulierung eines Versicherungsschadens umfasst. Es kann von einem Versicherungsmakler ein Hinweis auf den drohenden Verlust des Versicherungsanspruchs wegen Nichteinhaltung der Frist zur ärztlichen Feststellung und Geltendmachung einer eingetretenen Invalidität erwartet werden. Eine Belehrungsbedürftigkeit des Versicherungsnehmers ist regelmäßig anzunehmen, wenn für den Versicherungsmakler erkennbar ist, dass Ansprüche wegen Invalidität gegen die Unfallversicherung ernsthaft in Betracht kommen. Der Versicherungsnehmer bedient sich des Versicherungsmaklers als sachkundigen Fachmann, damit dieser seine Ansprüche wahren und durchsetzen kann. Der Umstand, dass es zur eigenen Verantwortung des Versicherungsnehmers gehört, sich über Ausschlussfristen zu informieren, lässt keinen Raum für die Verteidigung des Versicherungsmaklers.

Es ist daher davon auszugehen, dass sich die Klägerin beratungsgerecht verhalten hätte. Die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens gilt ohne Einschränkung, wenn für die zu beratende Person bei ordnungsgemäßer Beratung nur eine einzige verständige Entschlussmöglichkeit bestanden hätte.

Dass die Klägerin selbst über einschlägige Kenntnisse verfüge, begründet in der Regel kein Mitverschulden. Bei einem Beratungsvertrag kann der zu beratenden Person allerdings regelmäßig nicht als mitwirkendes Verschulden vorgehalten werden, sie hätte das, worüber sie ihr Berater hätte aufklären oder unterrichten sollen, bei entsprechenden Bemühungen ohne fremde Hilfe selbst erkennen können. Die Klägerin durfte darauf vertrauen, dass der von ihr beauftragte Versicherungsmakler die anstehenden Fragen fehlerfrei bearbeitet, ohne dass eine Kontrolle notwendig ist.

Gerade Versicherungsmakler haften schnell und weit. Daran hat sich seit der Sachwalter-Entscheidung des BGH aus den 80er Jahren nichts geändert. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Haftung gerade durch die neue IDD noch verschärft wird.

Peter Scheffer

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht, Verkehrsrecht und Versicherungsrecht,

Kanzlei Scheffer, Bünde


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