Versteckte Videoüberwachung – was darf der Chef, was nicht?

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Das Bundesarbeitsgericht hatte jüngst zur Verwertbarkeit einer sogenannten verdeckten Videoüberwachung von Mitarbeitern durch den Arbeitgeber zu entscheiden.

Im zu entscheidenden Fall hatte der Arbeitgeber den dringenden Verdacht, in erheblichem Umfange bestohlen worden zu sein. Der Arbeitgeber betreibt einen Getränkemarkt und schon in der ersten Jahreshälfte stellte er fest, dass eine Differenz beim Leergut in Höhe von 7.000,00 Euro zu seinen Ungunsten zu verzeichnen war. Nach ersten Kontrollen des Warenbestandes sowie der Inventur des Lagers, welche allesamt ergebnislos verliefen, lag die Annahme nahe, dass die fehlenden Gelder direkt aus der Kasse entnommen worden sind. Sodann, jedoch ohne weitere Sachverhaltsermittlungen anzustrengen, lies der Arbeitgeber heimlich Videokameras im Kassenbereich anbringen, um diesen und die sich dort befindenden Mitarbeiter unbemerkt während ihrer Arbeit zu überwachen.

Aus den Überwachungsvideos war nun erkennbar, dass sich unterhalb der „offiziellen“ Leergutkasse eine zweite Kasse befand, aus welcher eine Mitarbeiterin Gelder entnahm und sich einsteckte. Hieraufhin wurde der Mitarbeiterin und späterer Klägerin fristlos, hilfsweise fristgerecht, gekündigt. Im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses wurde seitens des Arbeitgebers zur Begründung der Kündigung auf die Videoaufnahmen verwiesen, auf welchen das Einstecken des Geldes zu sehen war.

Das Bundesarbeitsgericht verwies den Rechtsstreit nach Bestätigung der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung an das Landesarbeitsgericht zurück, da das Arbeitsverhältnis unter Umständen auch nicht durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung beendet worden sei. Als problematisch wurde seitens des Gerichts erachtet, dass sich zwar die gekündigte Mitarbeiterin einzelne Münzen eingesteckt habe, nicht jedoch nachweisbar sei, dass sich diese die Münzen auch rechtswidrig zueignen wolle. Das Bundesarbeitsgericht kam hier zu dem Schluss, dass das Videomaterial nicht hätte im Prozess verwendet werden dürfen, denn eine heimliche Überwachung mittels Videokamera ist nur dann gerechtfertigt, wenn tatsächlich ein konkreter Verdacht einer strafbaren Handlung vorliegt und der Arbeitgeber vorab alle milderen Mittel zur Aufklärung des Verdachtes ausgeschöpft habe. In vorliegender und zu entscheidender Sache hatte der Arbeitgeber jedoch keine weiteren Ermittlungsanstrengungen außer der Installation der Videoüberwachung vorgenommen. Sein Verdacht erstreckte sich bei Installation der Videoüberwachung auf alle Mitarbeiter des Kassenbereiches. Weder war dieser Verdacht konkretisiert noch durch andere Ermittlungen gefestigt. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter und der sodann betroffenen Mitarbeiterin wertete das Gericht hierauf höher als das Beweisinteresse des Arbeitsgebers bei einem solchen Zufallsfund. Das Gericht sah die Videoüberwachung daher als unverhältnismäßig an und kam damit zur Unverwertbarkeit der Videoaufnahmen als Beweismittel im Prozess.

Somit ergibt sich als Fazit dieser Entscheidung (BAG, Az.: 2 AZR 797/11 vom 21.11.2013), dass bei heimlicher Videoüberwachung zufällig gewonnene Erkenntnisse, welche ohne weiteren konkreten Verdacht auf den oder die zu Überwachenden gewonnen wurden, im Prozess regelmäßig unverwertbar sind. Ein Arbeitgeber muss zum einen den konkreten Verdacht einer Straftat haben und zum anderen alle weiteren, ihm möglichen und zumutbaren Ermittlungen in Bezug auf diesen Verdacht anstrengen, bevor eine verdeckte Videoüberwachung stattfinden kann. Anderenfalls führt es dazu, dass die via Videoüberwachung gewonnen Beweise prozessual unverwertbar sind.


RA Carsten Fleischer,

Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht,

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