Verstoß gegen die Mitteilungs- und Dokumentationspflicht bei Verfahrensabsprachen (Deals)

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Ein Verstoß gegen die Mitteilungs- und Dokumentationspflicht bei Verfahrensabsprachen (Deals) liegt auch dann vor, wenn zwar der Verteidiger den Angeklagten über den Inhalt der gescheiterten Gespräche unterrichtet hat, nicht aber das Gericht!

Viele Gerichte und auch das Bundesverfassungsgericht beschäftigen sich mit zahlreichen Fragen zum so genannten „Deal” bzw. der Verfahrensabsprache im Strafprozess. Die Verfahrensabsprache ist ein Rechtsgespräch, bei dem die Beteiligten die Folgen einer Verurteilung absprechen: (Bsp.: „Geständnis gegen Strafrabatt”). Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfahrensabsprachen zwar für wirksam erklärt, die Regeln für die Absprachen jedoch verschärft. Eine dieser Regeln ist die Mitteilungs- und Dokumentationspflicht nach § 243 Abs. IV S.2 i. V. m. § 273 I 1a S.2 StPO.

Nach § 243 IV S.1 StPO teilt der vorsitzende Richter nach Verlesung des Anklagesatzes mit, „ob” Erörterungen nach den §§ 202 a, 212 StPO stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257 c StPO) gewesen ist, „und wenn ja”, deren „wesentlichen” Inhalt (BGHSt 58, 315 (316)).

Die Vorschrift soll sicherstellen, dass derartige Erörterungen stets in der öffentlichen Hauptverhandlung zur Sprache kommen und dies auch inhaltlich dokumentiert wird. Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung dürfen kein informelles und unkontrollierbares Verhalten eröffnen!

Nun zu unserem Fall:

Mein Kollege und ich führten im Hinterzimmer mit dem Gericht ein sogenanntes Rechtsgespräch, welches zu keinem übereinstimmendes Ergebnis führte und es somit auch nicht zu einer Verfahrensabsprache kam. Der Vorsitzende teilte, nachdem alle Beteiligten wieder im Gerichtssaal anwesend waren mit, dass das Rechtsgespräch ohne übereinstimmendes Ergebnis geblieben und eine Verständigung nach § 257 c StPO nicht zustande gekommen ist.

Dies hat dem Oberlandesgericht Dresden nicht gereicht.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichtes hat der vorsitzende Richter nur das Ergebnis, nicht jedoch den wesentlichen Inhalt des Gespräches mitgeteilt.
Das Besondere in unserem Fall war, dass feststand, dass der Angeklagte durch uns, den Prozessbevollmächtigten über das Gespräch unterrichtet wurde.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichtes Dresden ist dies nicht ausreichend:

„Es kommt nicht darauf an, dass der Verteidiger den Angeklagten über den Ablauf und den Inhalt der außerhalb der Hauptverhandlung geführten Gespräche unterrichtet und so ein etwaiges Informationsdefizit seines Mandanten ausgeglichen hat”.

Fazit:

Eine Aufklärung des Angeklagten über das Verfahrensgespräch durch den Verteidiger entbindet das Gericht nicht von ihrer umfassenden Informationspflicht nach § 243 IV 4 S.1 i. V. m. § 273 I 1a S.2 StPO!

Da die Verteidigungsposition des Angeklagten tangiert wurde, war das Urteil aufzuheben. Somit Revision gewonnen!

Angesichts der Wichtigkeit der umfassenden Informationspflicht des Gerichtes ist dieses Urteil zu begrüßen.

Oberlandesgericht Dresden, Urteil vom 25.11.2014, Az.: 2 OLG 23 Ss 469/14


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