Verwertungsverbot bei fehlerhafter Belehrung des Beschuldigten durch Strafverfolgungsbehörden

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Wer zunächst lediglich als Zeuge vernommen und allein über sein insoweitiges Auskunftsverweigerungsrecht belehrt worden ist, muss, sobald er in seiner Eigenschaft als Beschuldigter polizeilich vernommen wird, neuerlich und, unter Umständen qualifiziert, über sein vollumfängliches Aussageverweigerungsrecht gemäß §§ 136 Abs. 1, 163 a Abs. 4 StPO belehrt werden. Hiernach reicht es nicht, dass der nunmehr Beschuldigte lediglich dahingehend belehrt wird, „bei der Polizei überhaupt nichts sagen zu müssen und jedenfalls keine Angaben machen zu müssen, die ihn belasten könnten“. Der BGH hat damit in seinem Urteil vom 03.07.2007 – 1 StR 3/07 – neuerlich bestätigt, dass eine fehlerhafte Belehrung – hier: als Zeuge - die Belehrung eines Beschuldigten über seine Rechte in dieser Eigenschaft nicht zu ersetzen vermag. Der Verstoß hiergegen zieht in aller Regel ein entsprechendes Verwertungsverbot der Aussage nach sich. Als besonders schwerwiegend hat der BGH insbesondere hervorgehoben, dass die im vorliegenden Fall erfolgte Belehrung keinen Hinweis auf das Recht zur Verteidigerkonsultation enthielt.


Abgrenzungsprobleme ergeben sich in der Praxis dann, wenn die Person des Beschuldigten sich erst im Laufe der Ermittlungen herauskristallisiert, dieser etwa zunächst als Zeugen vernommen worden ist. Ab wann der Betroffene den Beschuldigtenstatus mit der hieraus resultierenden Belehrungspflicht erlangt, richtet sich nach dem Verfolgungswillen der Strafverfolgungsbehörde, der sich grundsätzlich in einem entsprechenden Willensakt manifestieren muss. Bei Vernehmungen ist die Abgrenzung im Einzelfall gerade deshalb besonders schwierig, weil im Strafverfahren auch ein Verdächtiger grundsätzlich als Zeuge vernommen werden darf, ohne dass er über die Beschuldigtenrechte belehrt werden muss. Dies ändert sich erst mit zunehmendem Tatverdacht. Hierbei wird den Strafverfolgungsbehörden ein gewisser Beurteilungsspielraum eingeräumt. Dessen Grenze ist allerdings überschritten, wenn im Rahmen der gebotenen sorgfältigen Abwägung aller Umstände des Einzelfalls der Tatverdacht so stark, dass dieser den Übergang zur Beschuldigtenvernehmung zwingend nahelegt. Daneben kann sich eine entsprechende Belehrungspflicht aus dem Gesichtspunkt der Umgehung der Beschuldigtenrechte ergeben. Hierbei ist insbesondere auch von Bedeutung, wie sich das Verhalten des Beamten bei der Befragung in der Wahrnehmung des Betroffenen darstellt. So kann insbesondere das Ziel der Vernehmung, neue Ermittlungsansätze oder gar ein Geständnis des Betroffenen zu erlangen, diesen zum Beschuldigten machen.


Die vorliegende Entscheidung zeigt einmal mehr, wie wichtig die rechtzeitige Einschaltung eines Verteidigers ist. Macht der spätere Beschuldigte nämlich bereits im Vorfeld spontane Äußerungen, so sind diese nach der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Lehre uneingeschränkt verwertbar. Gleiches gilt, wenn nicht rechtzeitig ein Widerspruch gegen die Verwertung früherer, evtl. infolge fehlerhafter Belehrung zustande gekommener Aussagen ausgebracht wird.


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