Verwirkung bei Widerruf abgelöster Verbraucherdarlehen; Oberlandesgerichte stellen sich gegen den EuGH

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EuGH schafft mit Urteil vom 09.09.2021 Klarheit

So hatte man zumindest gedacht, nachdem der EuGH in seiner Entscheidung vom 09.09.2021 zu den Rechtssachen  C-33/20, C-155/20, C-187/20 die bisherige Rspr des BGH zur Verwirkung des Widerrufsrechts mit kurzen klaren Worten jedenfalls im Anwendungsbereich der VerbrKrRiLi ad acta gelegt hatte.

Der EuGH, aaO dazu prägnant und unmissverständlich in Rz 118:

"Daher ist auf die vierte Frage in der Rechtssache C-155/20 und auf die siebte Frage in der Rechtssache C-187/20 zu antworten, dass Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen ist, dass er es dem Kreditgeber verwehrt, sich gegenüber der Ausübung des Widerrufsrechts gemäß dieser Bestimmung durch den Verbraucher auf den Einwand der Verwirkung zu berufen, wenn eine der in Art. 10 Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehenen zwingenden Angaben weder im Kreditvertrag enthalten noch nachträglich ordnungsgemäß mitgeteilt worden ist, unabhängig davon, ob der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Kenntnis hatte, ohne dass er diese Unkenntnis zu vertreten hat."

Damit ist es dem Kreditinstitut schlicht und einfach verwehrt, sich auf den Einwand der Verwirkung zu berufen, solange nicht alle Pflichtangaben ordnungsgemäß erteilt wurden.


deutsche Rspr wehrt sich verzweifelt

Dennoch wollen deutsche Gerichte dieses eindeutige Votum des EuGH weiter hinterfragen oder negieren dieses sogar und verweigern damit dem EuGH die bestehende Entscheidungshoheit im Bereich der Richtlinie.

So  hat das OLG Stuttgart dem EuGH nochmals die Frage vorgelegt, ob nicht bei Verträgen, die im Zeitraum des Widerrufs bereits abgelöst waren, etwas anderes gelte, da das Widerrufsrecht dort ggfs bereits erloschen sei. Dabei bezieht man sich auf Erwägungen des Generalanwalts im o.g. Verfahren am EuGH, die der EuGH aber gerade nicht übernommen hat.

Das OLG Düsseldorf geht sogar noch weiter und will bei abgelösten Verträgen einfach weiter von einer Verwirkung ausgehen, ohne die Sache dem EuGH vorzulegen.


Vorgehen wird scharf kritisiert

Dieses Vorgehen der Oberlandesgerichte wird in der juristischen Literatur zu Recht scharf kritisiert und als überflüssig und höchst bedenklich angesehen, Tiffe, BKR 2021, 706, Artz NJW 2022, 49 und Maier in VuR 2022, 30.


Gerichte sollten den Vorrang des EuGH im Bereich der Richtlinien endlich anerkennen

Es wäre erfreulich, wenn die deutschen Gerichte ihren Widerstand gegen die Auslegungshoheit des EuGH im Bereich der Richtlinie nun endlich aufgeben und anerkennen würden, dass diesem das letzte Wort im Bereich der Richtlinie zusteht, anstatt einen derart verzweifelten und aussichtslosen Kampf zur Aufrechterhaltung der bisherigen Rechtsprechung zu führen.


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Sebastian Koch

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

www.saleo-recht.de/lp-bankrecht

Foto(s): @SALEO

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