Völkermordfall Gaza: Internationaler Gerichtshof ordnet Stopp der Rafah-Offensive von Israel an

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Der Internationale Gerichtshof (IGH) hat mit der heute, 24. Mai 2024, verkündeten weiteren Eilentscheidung in Sachen Südafrika gegen Israel die bisherigen Eilmaßnahmen gegen Israel betreffend seine Kriegsführung in Gaza (mit einer Mehrheit von 13:2) wie folgt modifiziert und erweitert:

"Das Gericht

bekräftigt die vorläufigen Maßnahmen in seinen Anordnungen vom 26. Januar 2024 und 28. März 2024, die sofort und effektiv umgesetzt werden müssen;

ordnet die folgenden vorläufigen Maßnahmen an:

Der Staat Israel wird, entsprechend seinen Pflichten unter der Konvention zur Verhütung und Bestrafung des Verbrechens des Völkermordes und in Anbetracht der sich verschlechternden Lebensbedingungen, denen die Zivilisten in dem Bezirk Rafah ausgesetzt sind, 

-  sofort seine Militäroffensive und jede andere Handlung im Bezirk Rafah, die der Palästinensischen Gruppe in Gaza Lebensbedingungen auferlegen könnte, die ihre physische Zerstörung im Ganzen oder in Teilen herbeiführen könnten, unterbrechen;

- den Rafah-Landübergang für die ungehinderte Gewährung von elementaren Dienstleistungen und humanitärer Hilfe in großem Umfang  offenhalten;

- effektive Maßnahmen ergreifen, um  jeglicher Untersuchungskommission, Fact-Finding-Mission oder jeglichem anderen Untersuchungsorgan, das von den zuständigen Organen der Vereinten Nationen mandatiert ist, Vorwürfe des Völkermordes zu untersuchen, ungehinderten Zugang zum Gazastreifen zu sichern;

entscheidet, dass der Staat Israel innerhalb eines Monats vom Datum dieser Anordnung an dem Gericht einen Bericht vorlegt betreffend alle Maßnahmen, die er unternommen hat, dieser Anordnung Folge zu leisten."

Eine entscheidende Rolle hat dabei gespielt, dass seit Beginn der Offensive Israels in Rafah, vor der Israel von allen Seiten, einschließlich sogar von den USA, eindringlich gewarnt wurde, seit Anfang Mai 2024 mehr als 800.000 Menschen aus Rafah vertrieben wurden und das Gericht "nicht überzeugt" ist, dass die von Israel ausgewiesenen "humanitären Zonen", in welche sich die Flüchtlinge großenteils begeben haben, für den menschlichen Aufenthalt geeignet sind. 

Die rasche Entscheidung war erwartet worden angesichts der sich weiter zuspitzenden Lage im Gazastreifen, der rasch angeordneten mündlichen Verhandlung am 16. und 17. Mai und der Fristsetzung nur bis Samstag (!), den 18. Mai 2024 (!) für die Beantwortung der "Frage" des deutschen Richters (nach deutschem Prozessrecht wäre dies wohl ein "Hinweis") an Israel, welche Bedingungen in den sogenannten "humanitären Zonen" denn tatsächlich herrschen, die Israel offenbar nicht richtig beantworten konnte.

Da Israel auch dieser Anordnung - ebenso wie früheren gerichtlichen Anordnungen  - kaum ohne weiteres Folge leisten wird, wird es für die Umsetzung entscheidend darauf ankommen, ob die USA die - wohl von Algerien - eingebrachte Resolution zur Vollstreckung der Anordnung blockiert oder nicht und wie sich die anderen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen verhalten. 

Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, sind die deutschen Behörden und Gerichte angesichts der "Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes" verfassungsrechtlich verpflichtet, die Anordnung zu beachten, obwohl Deutschland nicht formal an dem Verfahren Südafrika gegen Israel beteiligt ist.




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