Voraussetzungen des strafbefreienden Rücktrittes

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Ein Rücktritt vom Versuch einer Straftat hat strafbefreiende Wirkung, wenn der Versuch der Straftat noch nicht beendet und auch nicht gescheitert ist und der Täter freiwillig von der weiteren Tatausführung Abstand nimmt.
 

Einen solchen Fall hat der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 14.2.23. - 4 StR 442/22 (LG. Mosbach) entschieden.
 
Das Urteil des LG Mosbach:

Der Angeklagte und die spätere Geschädigte waren ein Paar gewesen. Der Angeklagte hat die Trennung des Paares nie verwunden.
 
In den Folgejahren kontrollierte er, ob die Geschädigte einen neuen Partner hat. Als die Geschädigte dann tatsächlich eine Beziehung zu einem anderen Mann begann, intensivierte er seine Überwachung und Nachstellung.
 
Irgendwann begegnete er der Geschädigten in der Nähe ihrer Arbeitsstätte. Als sie auf der Heimfahrt den Angeklagten in seinem Auto sah, war sie genervt und zeigte ihm den "Stinkefinger".
 
Der Angeklagte geriet daraufhin in einen affektartigen Zustand und rammte das Auto der Geschädigten.
 
Er stieg aus und stach mit einer Machete mit Tötungsvorsatz auf den Oberkörper der Geschädigten ein. Diese erlitt bei dieser Gelegenheit erhebliche Verletzungen insbesondere an ihren Händen..
 
Die Geschädigte fürchtete um ihr Leben und schrie den Angeklagten flehend an, er solle an ihren Sohn denken.
 
Diese Schreie rissen den Angeklagten aus einem affektartigen Zustand. Er ging davon aus, dass die Geschädigte die bisherigen Verletzungen und sah von einer weiteren Tatausführung ab.


Das Landgericht  Mosbach verurteilte den Angeklagten wegen versuchten Totschlags pp. zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren. 
 
Das Landgericht begründete sein Urteil unter anderem damit, dass der Rücktritt des Angeklagten von der noch nicht beendeten Tat nicht freiwillig erfolgt sei.
 
Denn wenn der Täter durch eine äußere Zwangslage oder durch seelischen Druck zur weiteren Tatausführung unfähig geworden sei, sei die Freiwilligkeit des Rücktrittes vom Versuch der Straftat gehindert.
 
Das Landgericht ging also von einem unfreiwilligen Rücktritt vom Versuch des Totschlags aus.
 
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes:
 
Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Landgerichtes Mosbach auf, weil er bezüglich der Unfreiwilligkeit des Rücktritts vom Versuch des Totschlages einen Begründungsmangel sah.
 
Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass es für eine Unfreiwilligkeit des Rücktrittes nicht ausreicht, dass das Landgericht feststellt, dass die Schreie der Geschädigten den Affektzustand des Angeklagten beendet hätten.
 
Denn es könne auch sein, dass der Angeklagte nach Ende seines Affektzustandes wisse, dass er die Tat beenden könne und aus Mitleid mit der Geschädigten oder wegen deren Sohn von der weiteren Tatausführung absieht.


Unter anderem diese Möglichkeit müsse durch ein Urteil ausgeschlossen werden.
 
Der Beschluss des Bundesgerichtshofes bedeutet, dass das Ende eines Affektzustandes nicht automatisch die Freiwilligkeit des Rücktritts vom Versuch der Tat hindert.
 
Hinweis:
 
Der strafbefreiende Rücktritt vom Versuch des Totschlags verhindert im oben geschilderten Fall selbstverständlich nicht, dass der Angeklagte wegen einer vollendeten gefährlichen Körperverletzung bestraft wird.
 
  


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