Vorderes Kreuzband falsch ersetzt: 7.500 Euro

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Mit Vergleich vom 11.10.2017 hat sich ein Krankenhaus verpflichtet, an meinen Mandanten 7.500 Euro sowie die außergerichtlichen Anwaltsgebühren (2,0-Geschäftsgebühr) zur endgültigen Abfindung seiner Ansprüche zu zahlen.

Der 1970 geborene Angestellte rutschte 2012 auf abschüssigem Gelände aus und erlitt einen Riss des vorderen Kreuzbandes im linken Kniegelenk. Bereits 2007 hatte er sich das vordere Kreuzband gerissen, welches mit einer VKB-Plastik mit Semitendinosussehne versorgt worden war.

Nachdem die Ärzte im April 2013 eine arthroskopische vordere Re-Ersatzplastik mit Patellasehne links durchgeführt hatten, kam es im Juli 2013 zu einem erneuten Riss des Transplantates. Im September 2014 musste ein neuer vorderer Kreuzbandersatz mit Semitendinosus-/Gracilissehne des rechten Beines durchgeführt werden. Seit diesem Zeitpunkt litt der Kläger unter Instabilitätsgefühlen des linken Kniegelenkes und einer starken Minderbelastbarkeit. Er hatte dem Krankenhaus vorgeworfen, das Transplantat fehlerhaft eingesetzt zu haben, so dass es aufgrund der Fehlstellung riss.

Der gerichtliche Sachverständige hatte ausgeführt:

Bei einer vorderen Kreuzbandersatzplastik komme es auf eine korrekte Platzierung des ober- und unterschenkelseitigen Ansatzes des Transplantates an. Die richtige Platzierung des ober- und unterschenkelseitigen Tunnels im Bereich der anatomischen Ursprungsstelle sei notwendig, um ein Transplantatsimpingement, ein permanentes Ausdehnen des Transplantates, eine Druckbelastung des Knies mit Bewegungseinschränkung sowie die Entstehung einer Arthrofibrose (Verwachsungsknie) zu vermeiden. Der häufigste Fehler sei ein ober- und/oder unterschenkelseitig zu weit vorne platzierter Bohrkanal.

Eine Abweichung von mehr als 20 % der Länge der Blumensaatlinie bzw. von maximal einem Quadranten (6 mm) werde als Fehlplatzierung betrachtet. Die Funktionstüchtigkeit des vorderen Kreuzbandesersatzes hänge davon ab, ob die Isometrie gegeben sei. Die Entfernung der ober- und unterschenkelseitigen Ansatzpunkte des Transplantates müsse über den Bewegungsumfang konstant bleiben. Deshalb komme es auf eine genaue Wahl dieser Punkte an. Das Zentrum der oberschenkelseitigen Bohrung müsse im hinteren Abschnitt der Innenfläche der außenseitigen Oberschenkelrolle liegen.

All das hätten die Operateure nicht beachtet: Anhand der MRT stellte der Sachverständige dar, dass die Kreuzbandersatzplastik im femoralen Bereich in der Mitte des intercondylären Daches platziert wurde. Korrekterweise hätte sie im hinteren Viertel des Daches platziert werden müssen. Es läge also eine Abweichung von ca. 1/4 vor. Deshalb sei das Kreuzband bei bestimmten Bewegungen zu straff gewesen, was zur erneuten Ruptur geführt habe.

Aus den Beschreibungen des Knorpelschadens im Operationsbericht des Revisionskrankenhauses lasse sich allerdings nicht schlussfolgern, dass der bereits im April 2013 bei der fehlerhaften Operation vorhandene Knorpelschaden durch Subluxationsphänomene zugenommen habe. Die Ärzte hätten den Knorpelschaden sogar eher etwas weniger stark beschrieben als die Ärzte der Beklagten. Für den Kläger stünde für eine weitere Revisionsoperation nur noch eine körpereigene Sehne als Ersatzplastik zur Verfügung. Das erhöhe das Risiko einer weiteren Operation.

Der Zustand des Knorpels im linken Kniegelenk müsse offen bleiben. Während bei der streitgegenständlichen OP an der Oberschenkelrolle und der Kniescheibenrückfläche III.- bis teilweise IV.-gradige Knorpelschäden beschrieben worden seien, sei nach dem OP-Bericht im Revisionskrankenhaus der Knorpel nur an der Kniescheibe II.-gradig geschädigt. Damit sei eine zusätzliche Knorpelschädigung nicht erkennbar, auch wenn die vordere Kreuzbandplastik technisch fehlerhaft eingesetzt worden sei.

(Landgericht Bochum, Vergleich vom 11.10.2017, AZ: I-6 O 266/15)

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht



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