Vorladung, Anklage, Strafbefehl wegen „Schwarzfahren“

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In Deutschland ist Schwarzfahren, das heißt das Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel ohne gültige Fahrkarte, ein weit verbreitetes Thema. Besonders in deutschen Großstädten ist es ein häufig auftretendes Massenphänomen, das nicht zu unterschätzen ist.

Doch außer dem erhöhten Beförderungsentgelt droht ja nichts weiter, oder? Doch. Schwarzfahren kann tatsächlich sogar eine Straftat sein.


Wann mache ich mich wegen Schwarzfahren strafbar?

Die herrschende Rechtsprechung geht davon aus, dass Fahrgäste durch das Einsteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel stillschweigend einen Beförderungsvertrag eingehen. Hierfür ist weder eine schriftliche Vereinbarung noch eine explizite Aussage erforderlich – konkludentes Verhalten genügt. Dies ist der Fall, wenn das Verhalten als schlüssig betrachtet wird und daraus auf den Willen zur rechtlichen Bindung geschlossen werden kann.

Um den Tatbestand des "Erschleichens von Leistungen" zu erfüllen, muss das Schwarzfahren vorsätzlich erfolgen, das heißt mit der Absicht, das Entgelt nicht zu entrichten. Wenn beispielsweise lediglich die Fahrkarte zuhause vergessen wurde, ist der § 265a StGB nicht erfüllt, da kein finanzieller Schaden für das Verkehrsunternehmen entstanden ist – die Fahrt wurde bereits im Voraus bezahlt. 

Teil des Beförderungsvertrags sind die Rechte und Pflichten beider Parteien. Der Verkehrsbetrieb verpflichtet sich, den Fahrgast von A nach B zu befördern, während der Fahrgast sich dazu verpflichtet, dafür ein Entgelt zu zahlen. Wer dies nicht tut, fährt schwarz und erschleicht sich eine Beförderungsleistung, ohne die Absicht zu haben, den Fahrpreis zu entrichten.

Es ist im Rahmen des Schwarzfahrens mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erforderlich, Schutzvorrichtungen zu umgehen oder zu deaktivieren – es genügt, dass der Schwarzfahrer den Anschein der Rechtmäßigkeit erweckt.


Schwarzfahren als strafbare Urkundenfälschung?

Nicht selten ist auch die Manipulation der Fahrkarten oder sogar das selbstständige Herstellen einer solchen, insbesondere Monats- und Jahreskarten oder der BahnCard. Ein solches Verhalten kann aber unter bestimmten Umständen den Straftatbestand der Urkundenfälschung erfüllen. Danach wird bestraft, wer eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine solche Urkunde gebraucht, um im Rechtsverkehr zu täuschen.

Wenn ein Schwarzfahrer dann einen gefälschten Fahrausweis vorzeigt, kann er sich zusätzlich wegen Betrugs strafbar machen.


Ist Schwarzfahren Betrug?

Gerade wenn ein gefälschter Fahrschein dem Kontrolleur vorgezeigt wird, steht auch eine Strafbarkeit wegen Betruges im Raum. Durch das Vorzeigen wird der Kontrolleur nämlich getäuscht und ein Irrtum hervorgerufen (darüber, dass man einen gültigen Fahrschein hat und das Beförderungsentgelt gezahlt hat). Verzichtet der Kontrolleur daraufhin darauf, den (in diesem Fall eigentlich bestehenden) Anspruch auf Zahlung des Beförderungsentgelts durchzusetzen, so verfügt er über das Vermögen der Bahngesellschaft und es entsteht auch in der Regel ein Vermögensschaden (in Gestalt des nicht gezahlten Fahrpreises).


Kann mir wegen Schwarzfahren ein gerichtliches Verfahren drohen? 

Sobald der Sachverhalt aus Sicht der Polizei vollständig ermittelt ist und keine weiteren Ermittlungsansätze erkennbar sind, wird die Ermittlungsakte an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Wenn die Staatsanwaltschaft den Fall als Straftat ansieht, wird sie entweder vor dem zuständigen Gericht Anklage erheben oder den Erlass eines Strafbefehls beantragen. Besonders der Erlass eines Strafbefehls birgt für den Betroffenen Risiken, da dieser oft nicht die volle Tragweite eines Strafbefehls erkennt. Ein Strafbefehl fungiert im Grunde als Anklageschrift und Urteil in einem Dokument. Obwohl er weniger auffällig ist als ein Urteil, das in einer Hauptverhandlung verkündet wird, hat er dieselben Konsequenzen wie eine Verurteilung in einem Gerichtsverfahren. Wird gegen den Strafbefehl kein Einspruch erhoben, wird die Verurteilung rechtskräftig, was zu negativen Folgen wie einer Eintragung ins Bundeszentralregister führen kann.


Zu beachten ist bei Erhalt eines Strafbefehls insbesondere die kurze Einspruchsfrist von nur zwei Wochen. Erhalten Sie also einen Strafbefehl, sollten Sie sich bestenfalls so schnell wie möglich an einen erfahrenen und spezialisierten Anwalt für Strafrecht wenden, der Akteneinsicht nehmen und Sie über die Erfolgsaussichten eines rechtlichen Vorgehens gegen den Strafbefehl beraten kann.


Welche strafrechtlichen Folgen drohen mir für Schwarzfahren?

Dies kommt ganz auf den erfüllten Straftatbestand an. Das Erschleichen von Leistungen wird gemäß § 265a StGB mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe geahndet. Für Urkundenfälschung und Betrug drohen jeweils Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen.

Die verhängte Strafe wird gegebenenfalls im Bundeszentralregister registriert und ist somit zumindest im erweiterten Führungszeugnis ersichtlich.

Zudem erheben Verkehrsunternehmen in der Regel ein erhöhtes Beförderungsentgelt von 60 Euro.

Es besteht auch die Möglichkeit, ein Hausverbot auszusprechen. Bei erneutem Vergehen könnte sogar die Straftat des Hausfriedensbruchs erfüllt sein. 


Mache ich mich strafbar, wenn ich unabsichtlich schwarz fahre?

Schwarzfahren geschieht nicht immer absichtlich. Manchmal sind es äußere Umstände, die dazu führen, dass einem Kontrolleur kein Fahrschein vorgezeigt werden kann. Wenn beispielsweise der Automat oder der Entwerter defekt ist, ist es ratsam, die Uhrzeit, den Standort und die Gerätenummer zu notieren. Auch das Melden der Störung oder das Aufnehmen eines Handyfotos kann als Nachweis dienen.

Spätestens im Zug sollten Sie den Schaffner aufsuchen. Oftmals kann bei diesem ein Ticket nachgelöst werden. Ist dies nicht möglich, muss dies an der nächsten Umsteigestation geschehen. Sie dürfen sich jedoch nicht einfach einen Platz suchen und auf den Zugbegleiter warten. In einem solchen Fall gelten Sie als Schwarzfahrer.

Wenn Sie sich für ein mobiles Ticket entschieden haben, liegt es in Ihrer Verantwortung als Fahrgast, sicherzustellen, dass Sie den elektronischen Fahrschein vorzeigen können. Daher ist es ratsam, für ausreichend Ladung des Akkus zu sorgen und das Ticket auch ohne Internetverbindung abrufen zu können.

Unbeabsichtigtes Schwarzfahren kann auch auftreten, wenn Sie ein veraltetes Ticket verwenden. Wenn beispielsweise die Fahrpreise erhöht werden, bleiben die alten Fahrscheine oft noch bis zu einer bestimmten Frist gültig, danach verfallen sie. Daher sollten Sie vor Fahrtantritt überprüfen, ob das Ticket noch gültig ist, da sonst ein erhöhtes Beförderungsentgelt drohen könnte. Das gleiche gilt, wenn aus Versehen ein falscher Fahrschein erworben wurde.


Monatskarte vergessen – was nun?

Oftmals geraten Fahrgäste in die Situation des Schwarzfahrens, wenn sie ihre Monatskarte vergessen haben. In solchen Fällen besteht die Möglichkeit, die Fahrkarte innerhalb einer Woche beim Verkehrsbetrieb vorzuzeigen. Dadurch wird kein erhöhtes Beförderungsentgelt erhoben, jedoch ist eine Bearbeitungsgebühr von sieben Euro zu entrichten.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass der Nachweis, dass zum Zeitpunkt der Kontrolle der Fahrpreis bezahlt wurde, nur gelingt, wenn das Ticket auf den Fahrgast personalisiert ist. Übertragbare Abo-Karten werden in der Regel nicht akzeptiert. Dies gilt auch für Einzelfahrscheine, die zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht vorgezeigt werden konnten. In den Augen der Verkehrsunternehmen gelten Sie dann als Schwarzfahrer.


Vergessen Sie Ihre personengebundene Monatskarte zuhause, so droht jedenfalls keine Strafe wegen Erschleichens von Leistungen (so das Kammergericht Berlin, Beschluss v. 15.03.2012 – (4) 121 Ss 113/12 (149/12) in openJur 2013, 6181).

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