Vorladung von der Polizei erhalten – was kann und was muss ich gegebenenfalls tun?

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Sie haben eine Vorladung von der Polizei erhalten und wollen wissen, wie Sie sich verhalten sollen? Ich werde versuchen, Ihnen nachfolgend eine erste kleine Orientierung zu geben.

Zunächst ist es wichtig (und das ist es eigentlich fast immer), Ruhe zu bewahren. Und sodann das Schreiben genau zu lesen, denn hier erfolgen bereits die ersten Weichenstellungen. Sollen Sie als Beschuldigter vernommen werden oder als Zeuge? Will man Sie als Beschuldigter vernehmen, wird das Ermittlungsverfahren gegen Sie geführt, d. h., man verdächtigt Sie, eine Straftat begangen zu haben. Sollen Sie als Zeuge vernommen, richtet sich das Verfahren gegen eine oder mehrere andere Personen und die Ermittlungsbehörden gehen davon aus, dass Sie zur Aufklärung der Tat in irgendeiner Art und Weise beitragen können. Weitere Ladungen, etwa zur Entnahme von DNA-Proben, sind denkbar, müssen im Rahmen dieser ersten kleinen Orientierung aber außen vor bleiben.

Erster Hauptanwendungsfall – die Vorladung als Beschuldigter

Sollte die Polizei Sie als Beschuldigte oder Beschuldigten vernehmen wollen, bleibt es aus Sicht eines jeden Strafverteidigers dabei: Machen Sie von Ihrem Schweigerecht Gebrauch! Gehen Sie zu keinem Vernehmungstermin und sprechen Sie mit den Ermittlern auch nicht am Telefon. Suchen Sie sich stattdessen einen Strafverteidiger, also einen im Strafrecht tätigen Rechtsanwalt, dem Sie vertrauen und beauftragen Sie ihn mit Ihrer Verteidigung.

Der erfahrende Strafverteidiger wird den Vernehmungstermin bei der Polizei für Sie (aus Höflichkeit) absagen und mitteilen, dass Sie jedenfalls vorerst von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen. Er wird zudem Einsicht in die Ermittlungsakten nehmen und so das Informationsdefizit, das unweigerlich besteht, ausgleichen.

Worin genau liegen die Vorwürfe? Woher kommen sie, wer hat das Verfahren gegebenenfalls angestoßen? Was haben eventuelle Zeugen bisher ausgesagt? Was stehen für sonstige Beweismittel zur Verfügung? All diese Fragen werden in den Ermittlungsakten von Polizei und Staatsanwaltschaft beantwortet. Das Akteneinsichtsrecht Ihres Verteidigers ist umfassend.

Nach erfolgter Akteneinsicht werden Sie überhaupt erst zuverlässig beurteilen können, welche Verteidigungsansätze bestehen, welche Risiken und Chancen existieren und welche Verteidigungstaktik die beste ist. Ihr Verteidiger kennt seine und vor allem Ihre Rechte und wird diese für Sie geltend machen.

Also nochmal die dringende Bitte: Gehen Sie zu keinen Vernehmungsterminen, telefonieren Sie als Beschuldigte/-r in einem Strafverfahren nicht mit Polizei und Staatsanwaltschaft und äußern Sie sich auch nicht schriftlich auf den sog. Anhörungsbögen, sondern beauftragen stattdessen einen Strafverteidiger! So bewahren Sie Ihrem Verteidiger und nicht zuletzt sich selbst alle Handlungsoptionen und Verteidigungschancen!

Zweiter Hauptanwendungsfall – die Vorladung als Zeugin/Zeuge

Wenn Sie im Ladungsscheiben der Polizei lesen, dass Sie nicht als Beschuldigte/-r vernommen werden sollen, heißt es oft erst einmal, erleichtert aufzuatmen. Verständlich richtet sich das Verfahren doch – jedenfalls derzeit – nicht gegen Sie.

Gleichwohl kann es vielerlei Gründe geben, sich dennoch an einen erfahrenen Strafverteidiger zu wenden. Diese Gründe reichen potenziell von dem einfachen Unbehagen vor der Vernehmungssituation über die Angst, vielleicht gegen einen nahen Angehörigen, Freund oder Kumpel aussagen zu müssen bis hin zu der Panik, sich in der Sache, um die es geht, ggf. selbst zu belasten.

Denn in vielen dieser Fälle müssen Sie genau das nicht. Ist die Verlobte, der Ehegatte, der Lebenspartner, die Mutter oder ein sonstiger naher Verwandter in das Verfahren verstrickt, steht Ihnen ein generelles Zeugnisverweigerungsrecht zu und Sie haben das Recht zu schweigen. Besonderheiten gelten auch bei der Vernehmung eines Kindes, für die oft das Einverständnis der Eltern erforderlich ist.

Sie dürfen zudem die Auskunft auf solche Fragen verweigern, mit deren Beantwortung Sie sich selbst oder einen nahen Angehörigen der Gefahr einer Strafverfolgung aussetzen könnten. Dabei ist es nicht selten der Fall, dass das Auskunftsverweigerungsrecht im Hinblick auf so viele einzelne, aber inhaltlich zusammenhängende Fragen bestehen würde, dass letztlich auch ein vollumfassendes Schweigerecht besteht.

Auch dies wird sich oft erst nach Einsichtnahme in die Ermittlungsakten und mit der Hilfe eines auf das Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalts zuverlässig beurteilen lassen.

Fazit

Insbesondere als Beschuldigte/Beschuldigter, in vielen Fällen aber auch als Zeugin/Zeuge kann man nur empfehlen, Ladungen der Polizei zu Vernehmungsterminen nicht oder zumindest nicht „einfach so“ zu folgen. Der erste Weg einer oder eines Beschuldigten sollte immer zu seinem Strafverteidiger führen. Für Zeugen gilt das, v. a., wenn eine der oben genannten Konstellationen vorliegen könnte, ebenso.

Und auch wenn die Ladungen oft missverständlich gestaltet sind:

Einer Ladung der Polizei zur Vernehmung als Beschuldigte/-r müssen Sie nicht folgen.

Als Zeugin/-e mussten Sie das lange Zeit ebenfalls nicht, seit 2017 hat sich die Lage für Zeugen jedoch etwas verschärft. Erfolgt die Zeugenladung durch die Polizei „im Auftrag der Staatsanwaltschaft“, so dürfen Sie nicht mehr einfach wegbleiben, sondern sind grundsätzlich zum Erscheinen und zur Aussage verpflichtet. 

Gleichwohl gibt es natürlich Strategien, eine Aussage zu verhindern. Es ist also umso wichtiger geworden, seine Rechte zu kennen und diese auch gegenüber dem manchmal übermächtig scheinenden Ermittlungsapparat geltend zu machen und entschlossen durchzusetzen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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