Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO – neues BGH-Urteil hilft Gläubigern bei Zwangsvollstreckung

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Stellt ein Unternehmen oder eine Privatperson einen Insolvenzantrag, kommt es regelmäßig zu Anfechtungen und Rückforderungen erhaltener Zahlungen an Gläubiger durch den Insolvenzverwalter. Die Vorschriften der §§ 129 ff. InsO geben dem Insolvenzverwalter eine Reihe von Möglichkeiten zur Anfechtung erhaltener Zahlungen. Insbesondere § 133 InsO stellt für Gläubiger aufgrund der mehrjährigen Rückforderungsmöglichkeit (bis zu 10 Jahre) häufig ein erhebliches Problem da.

In einer neu veröffentlichten Entscheidung vom 22.06.2017 (Az.: IX ZR 111/14) hat der Bundesgerichtshof nun seine Rechtsprechung hinsichtlich der Voraussetzung der Kenntnis von einem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz bei § 133 InsO konkretisiert und Gläubigern in bestimmten Fällen eine bessere Verteidigungschance ermöglicht. Die Entscheidung ist zu der bis zum 05.04.2017 geltenden Rechtslage ergangen, ist jedoch sowohl für unter der alten Rechtslage eröffnete Insolvenzverfahren wie auch für neue Verfahren weiterhin relevant. 

Kontext der Entscheidung

Voraussetzung für die Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO ist das Vorliegen einer Rechtshandlung des Schuldners, welche mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vorgenommen wurde und bei der der Gläubiger Kenntnis von dem Benachteiligungsvorsatz hatte. § 133 Abs.1 S. 2 InsO sieht vor, dass diese Kenntnis in bestimmten Fällen vermutet wird, wenn der Gläubiger Umstände kennt, welche auf zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit schließen lassen.

Hat der Gläubiger nach einem möglicherweise langwierigen und kostenintensiven Rechtsstreit einen Vollstreckungstitel erwirkt und diesen anschließend vollstreckt, besteht regelmäßig ein erhöhtes Risiko einer Insolvenzanfechtung, sollte der Schuldner unter dem Druck der Vollstreckung freiwillig Zahlungen an den Gläubiger leisten. Der BGH nimmt hier regelmäßig an, dass der Gläubiger einer Forderung, jedenfalls bei einem gewerblich tätigen Schuldner, bei Zwangsvollstreckungen zumindest von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit ausgehen muss. Infolge dieser Umstände und der gesetzlichen Vermutung auf § 133 Abs. 1 S. 2 InsO wurde häufig eine Anfechtung begründet und der Gläubiger zur Rückzahlung der erhaltenen Beträge verpflichtet. Dies kann gerade kleinere Unternehmen selbst vor finanzielle Probleme stellen.

Ergebnis der Entscheidung

In der Entscheidung vom 22.06.2017 hat der BGH nun klargestellt, dass die bloße Tatsache, dass ein Gläubiger einen Vollstreckungstitel vollstreckt und hierauf die Forderung durch den Schuldner freiwillig ausgeglichen wird, für sich allein nicht ausreicht, um von einer Kenntnis eines Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners aufseiten des Gläubigers auszugehen. 

Der BGH stellt klar, dass die Vornahme von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen allein nicht eine Kenntnis begründen kann, da andernfalls ein Gläubiger bei Zahlungsverzug des Schuldners gezwungen wäre, auf seine Forderung zu verzichten, um sich keinem Anfechtungsrisiko auszusetzen.

Nach Ansicht des BGH müssen daher weitere Umstände hinzukommen, welche für den Gläubiger erkennen lassen, dass der Schuldner zahlungsunfähig bzw. drohend zahlungsunfähig ist. Dies kann z. B. dann angenommen werden, wenn eine sehr hohe Forderung nur durch kleine, unregelmäßige Zahlungen bedient wird, in einer laufenden Geschäftsbeziehung immer wieder Zahlungsverzögerungen auftreten und Forderungen auflaufen oder der Schuldner explizit erklärt, nur Raten zahlen zu können.

Positiv ist die Entscheidung des BGH für Gläubiger deshalb, da hierdurch für die Fälle, in denen nur eine Forderung offenstand und diese im Wege der Zwangsvollstreckung beigetrieben wurde, den Gläubigern eine Argumentation geliefert wird, einen Anfechtungsanspruch abzuwehren. Zumindest für solche Fälle wird es Insolvenzverwaltern erschwert, ggf. mehrere Jahre zurückliegende Zahlungen noch anzufechten, nur weil damals eine Zwangsvollstreckung betrieben wurde.

Fragen zur konkreten Entscheidung oder zum Anfechtungsrecht im Übrigen beantwortet Ihnen Herr Rechtsanwalt Christoph Plähn gerne jederzeit auch persönlich. 



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