Insolvenzanfechtung: Teilzahlung und aufschiebend bedingter Forderungsverzicht

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Viele Unternehmer oder private Gläubiger kennen es. Ein Kunde zahlt nicht mehr, die Forderungen sind angewachsen und werden gerichtlich geltend gemacht oder vereinbarte Tilgungen erfolgen nicht mehr. Häufig schließen die Parteien über die Forderungen auch außergerichtlich einen Vergleich und der Gläubiger verzichtet auf einen Großteil seiner Forderungen.

Kommt es später zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, sehen sich Gläubiger dann häufig einer Anfechtung durch den Insolvenzverwalter ausgesetzt. Die Rückzahlung der Vergleichszahlung erhöht den ohnehin schon erlittenen Schaden und kann je nach Fallgestaltung auch für den Gläubiger zu finanziellen Schwierigkeiten führen.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs in einem Urteil vom 28.01.2016 (IX ZR 185/13) kann es bei Vergleichen im Vorfeld einer Insolvenz jedoch an einer Gläubigerbenachteiligung fehlen, sodass eine Anfechtung ausscheidet. Jeder Anfechtungsanspruch setzt voraus, dass das Vermögen des Schuldners durch die angefochtene Rechtshandlung verringert oder die Verbindlichkeiten sich erhöht haben, folglich eine für Gläubiger nachteilige Situation eingetreten ist.

Hintergrund der Entscheidung des BGH war ein Fall, in dem der spätere Insolvenzschuldner mit der Bank über einen Vergleich über die Rückzahlung von Darlehensverbindlichkeiten verhandelte. Die Bank akzeptierte einen Zahlbetrag von EUR 150.000,00 und verzichtete auf die Restforderung von rd. EUR 1.700.000,00.

Für die Frage einer Gläubigerbenachteiligung war nach Auffassung des BGH hier eine Vergleichsrechnung vorzunehmen. Die verfügbare Insolvenzmasse und die Quotenerwartung für die Gläubiger waren zu ermitteln. Sodann war festzustellen, wie sich die Quotenerwartung darstellt, wenn die Vergleichszahlung infolge der Anfechtung an die Insolvenzmasse zurückgezahlt würde und die Gesamtforderung, auf welche verzichtet worden war, als zusätzliche Forderung zur Insolvenztabelle angemeldete würde. Ergibt sich danach, dass die Quotenerwartung in beiden Varianten gleich oder infolge der Vergleichszahlung und des Forderungsverzichts sogar höher ist, scheidet eine Gläubigerbenachteiligung aus.

Der BGH hat diese für Gläubiger wichtige und hilfreiche Rechtsfolge ausdrücklich für den Fall entschieden, dass der an die Teilzahlung geknüpfte Forderungsverzicht „aufschiebend bedingt“ vereinbart war. Häufig werden sog. Besserungsabreden vereinbart. Solche stellen sich regelmäßig als „auflösend bedingt“ dar. In diesen Fällen entsteht die zunächst untergegangene Forderung bei Besserung der Vermögensverhältnisse neu. Die Bedingung tritt im Falle der Insolvenz aber nicht ein, sodass die Forderung nicht wiederauflebt, auch wenn die erhaltene Zahlung zurückgezahlt werden muss. Eine Vergleichsrechnung – wie vorstehend beschrieben – scheidet dann aus.

Für Gläubiger empfiehlt es sich daher, bei Vergleichen mit Schuldnern aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten den Vergleich dergestalt zu formulieren, dass aufschiebend bedingt auf die Teilzahlung auf die weitere Forderung verzichtet wird. Dies eröffnet zumindest eine zusätzliche Argumentationsebene bei den Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter oder schließt einen Anfechtungsanspruch mangels Gläubigerbenachteiligung von vornherein sogar aus.

Fragen zum Insolvenzrecht im Allgemeinen und zur Insolvenzanfechtung im Besonderen beantwortet Ihnen Herr Rechtsanwalt Christoph Plähn jederzeit gerne auch persönlich.



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