Vorsicht: Abmahngefahr wegen Empfehlen-Funktion bei Amazon!

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Derzeit häufen sich Abmahnungen von Händlern, die gegen die Empfehlen-Funktion auf Verkaufsplattformen, insbesondere Amazon, vorgehen.

  1. Wo liegt das Problem?

Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. UWG handelt wettbewerbswidrig, wer Dritte beispielsweise mittels elektronischer Werbung unzumutbar belästigt, wobei eine unzumutbare Belästigung immer dann anzunehmen ist, wenn zuvor nicht die ausdrückliche Einwilligung des Empfängers zum Werbeversand eingeholt wurde. Der Versand von elektronischer Werbung setzt folglich stets eine ausdrückliche Einwilligung des jeweiligen Adressaten voraus.

Die Abmahner berufen sich nun darauf, dass die Nutzung einer sog. Empfehlen-Funktion (der eingeloggte Kunde kann ein Produkt per Klick Dritten via E-Mail empfehlen, ohne dass der Händler in der Empfehlung erscheint) wettbewerbswidrig sei, da Dritten in dieser Konstellation ebenfalls unverlangt Werbung zugeschickt werden würde.

  1. Liegt tatsächlich ein Wettbewerbsverstoß vor?

Da derzeit noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der konkreten Amazon-Funktion vorliegt, ist unklar, ob es sich tatsächlich um einen abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß handelt.

Der Bundesgerichtshof hat zwar mit Urteil vom 12.09.2013, Az. I ZR 208/12 bereits Stellung zur sog. „Tell-a-friend“-Funktion genommen und die Funktion als wettbewerbswidrig eingestuft, übertragbar ist die Rechtsprechung aber nicht unbedingt auf die Empfehlen-Funktion von Amazon. Dem Urteil aus September 2013 lag nämlich der Sachverhalt zugrunde, dass das Unternehmen selbst die „Tell-a-friend“-Funktion vorhielt und die Empfehlung zudem unmittelbar auf das Unternehmen verwies.

Bei der Amazon-Funktion hingegen kann die Funktion von Händlern bis dato nicht ausgeschaltet werden. Sämtliche Amazon-Angebote verfügen folglich über die Funktion, ob der Händler dies nun möchte oder nicht. Im Übrigen verweist die Empfehlungs-E-Mail auch nicht unmittelbar auf den Händler des Produktes, sondern auf das Produkt selbst. 

Die Rechtslage ist derzeit unübersichtlich. Mit Urteil vom 30.10.2014, Az.: I-8 O 121/14 hatte das Landgericht Arnsberg zunächst die Klage des Abmahners auf Unterlassung abgewiesen und die Wettbewerbswidrigkeit verneint. Das Oberlandesgericht Hamm (Az.I-4 U 154/14) soll sich jedoch im Rahmen der mündlichen Verhandlung klar positioniert und zum Ausdruck gebracht haben, dass die Funktion in Anlehnung an die BGH-Rechtsprechung zur „Tell-a-friend“-Funktion als wettbewerbswidrig zu erachten sei. Der Händler müsse sich ein Fehlverhalten von Amazon zurechnen lassen und hafte daher auf Unterlassung. Da es nicht zu einer streitigen Entscheidung kam, liegen insoweit jedoch keinerlei Urteilsgründe in Schriftform vor, so dass offen bleibt, warum sich ein Amazon-Händler eine aufgedrängte und für ihn nicht zu entfernende Empfehlungsfunktion, die auch noch von einem Dritten ausgeführt wird, zurechnen lassen muss.

Zwischenzeitlich liegen einige Entscheidungen im Rahmen von einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor, die ebenfalls von einem wettbewerbswidrigen Verhalten des Händlers ausgehen. Zu berücksichtigen ist hier jedoch, dass es sich eben nur um vorläufigen Rechtschutz handelt, bei dem die Glaubhaftmachung eines Wettbewerbsverstoßes ausreicht, um den Anspruch zu begründen.

Fazit für Händler:

Wer derzeit Produkte auf Amazon verkauft, muss mit Abmahnungen wegen der dortigen Empfehlen-Funktion rechnen. Bis zur endgültigen Klärung vor dem Bundesgerichtshof steht insoweit auch nicht zu erwarten, dass sich Händler erfolgreich gegen einstweilige Verfügungen wehren können, denn die Mehrzahl der Gerichte scheint einen Wettbewerbsverstoß anzunehmen. Ein echtes Dilemma für Händler, bedeutet dies nicht zuletzt, dass über Amazon kein Verkauf mehr möglich ist – jedenfalls solange Amazon nicht die Möglichkeit einräumt, die Funktion zu deaktivieren. Dass darin unter Umständen eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache zu sehen ist, weil Händler aufgrund der einstweiligen Verfügung schlicht ihre gesamte Tätigkeit bei Amazon einstellen müssen, scheint vor Gericht keine Berücksichtigung zu finden.

Es bleibt abzuwarten, ob der Bundesgerichtshof in Zukunft für Rechtssicherheit sorgen wird.

Bei Fragen zu dieser Thematik stehe ich Ihnen als Fachanwältin für IT-Recht gerne persönlich zur Verfügung.


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