VW-Abgasaffäre USA: Zur Verteilung auf die verschiedenen Klagearten

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Seitdem die US-Umweltschutzbehörde Environmental Protection Agency (EPA) am 18. September 2015 gegen die Volkswagen AG, Audi AG und die Volkswagen Group of America Inc. eine Sanktionsverfügung wegen Verstoßes gegen die Bestimmungen des Bundesemissionsschutzgesetzes Clean Air Act nach 42. U.S.C. §§4701 ff. erließ, sind bei den amerikanischen Bundesgerichten über 325 Klagen gegen die betroffenen Unternehmen eingegangen (Stand: 4. Oktober 2015, 13:00 MEZ). Der überwiegende Anteil der Klagen ist bei den Gerichten in Kalifornien anhängig, dem Einzelstaat mit den strengsten Emissionsvorschriften in den USA. Auch die Bundesgerichte in den Staaten New York und Texas haben eine hohe Anzahl von Klageanträgen zu verzeichnen, was auf wohl auf die überdurchschnittlich hohen Verkaufszahlen von VW- und Audi-Fahrzeugen in diesen Regionen zurückzuführen sein dürfte.

Die Verteilung auf die verschiedenen Klagearten dagegen überrascht. Die Mehrheit der eingereichten Klagen basieren – jedenfalls nach der Erstklassifizierung durch das Gericht – auf Ansprüchen wegen Vertragsbruchs und Garantieversprechen. Es ist daher anzunehmen, dass diese Klagen kaum internationale Bedeutung und auch keine exorbitant hohen Schadensersatzausurteilungen zur Folge haben werden. Im Falle von Vertragsbrüchen ist der Ansatz von Strafschadensersatz, den berühmt-berüchtigten punitive damages, nach amerikanischen Vertragsrechtsprinzipien in aller Regel rechtlich ausgeschlossen.

Die zweitgrößte Gruppe der eingereichten Klagearten basieren auf Ansprüchen wegen Betruges. Deliktische Ansprüche können zwar mit Strafschadensersatz belegt werden und sehen nach den allgemeinen Regeln auch die Überbürdung der Anwaltskosten zu Lasten der unterliegenden Partei vor. Es wird aber nach den Regeln des U.S.-Prozessrechts – hier der Federal Rule Civil Procedure 8 – ein strenges Maß an die Schlüssigkeit des Klägervortrages zu den einzelnen Betrugselementen gestellt. Hinzu kommt außerdem, dass die Verlusthandlung des Betrogenen gerade auf die Falschangaben des Betrügers zurückzuführen sein muss. Diese Kläger müssen also sowohl behaupten und letztlich auch beweisen, dass sie aufgrund der konkreten Emissionswertangaben der Hersteller eine Kaufentscheidung zugunsten eines bestimmten Modell getroffen haben. 

Nur eine einzige Klage, die unter dem Aktenzeichen 15-cv-1228 beim Bundesbezirksgericht für den Bezirk Östliches Virgina am 25. September 2015 eingereicht wurde, ist als wertpapierrechtliche Sammelklage klassifiziert worden. Sie benennt auch den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Martin W. als Beklagten und wird von mittelbaren Aktienbesitzern, die über sogenannte American Depository Receipts Volkswagen-Aktien halten, als Sammelklage angestrengt. Dieser Klage dürfte zwar eine gewisse Indizwirkung zukommen, wie das Verhalten von Volkswagen aktienrechtlich zu beurteilen sein wird, beschränkt sich aber derzeit auf amerikanische, mittelbare Aktienbesitzer.

Eine zugunsten von deutschen Anlegern eingereichte, wertpapierrechtliche Klage war noch nicht in den Gerichtsdatenbanken zu finden. Auch eine Klage, die ihre Natur nach geeignet sein könnte, deutschen Anlegern durch sukzessive Teilnahme zu einem späteren Zeitpunkt Ausgleichsansprüche sichern zu können, fand sich noch nicht (nach Angaben von Helge Naber (Attorney at Law und Rechtsanwalt in Bremen).



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