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Wann begeht man Fahrerflucht?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

[image]Wer nach einem Unfall einfach weiterfährt, ohne dafür zu sorgen, dass der Unfallgegner die Personalien erhält, begeht Unfallflucht. Mittlerweile herrscht auf deutschen Straßen ein so dichter Verkehr, dass ein Unfall schnell passiert ist. Schließlich liegt ein Unfall bereits dann vor, wenn man aus Versehen zu nah an einem parkenden Kfz vorbeifährt und den Außenspiegel beschädigt. Fährt man dann einfach weiter, macht man sich grundsätzlich wegen Fahrerflucht nach § 142 StGB (Strafgesetzbuch) strafbar.

Der Unfall

Nicht jeder, der bei dem Unfall im Straßenverkehr anwesend war, ist auch Unfallbeteiligter und damit verpflichtet, die Feststellung seiner Personalien zu ermöglichen. Nur derjenige, der das Unglück zumindest auch verursacht haben könnte, darf sich nicht ohne weiteres vom Unfallort entfernen. Ein bloßer Zeuge kann aber weitergehen ohne sich strafbar zu machen.

Der Unfallgegner ist anwesend

Ist der Unfallgegner auch anwesend, muss man anhalten, sich ihm als Unfallbeteiligter zu erkennen geben und das Sammeln der Angaben zu der eigenen Person, zum Fahrzeug und zur Art der Beteiligung am Unfall zulassen. Schließlich hat der Unfallgegner ein Recht darauf, zu erfahren, mit wem er es zu tun hat. Anderenfalls wüsste er nicht, von wem er Schadensersatz verlangen kann und müsste den Unfallbeteiligten aufwändig ermitteln.

Der Unfallgegner ist abwesend

Dieser Fall ist problematisch. Schließlich ist niemand da, dem gegenüber man die nötigen Angaben machen könnte. Man muss daher eine angemessene Zeit am Unfallort auf eine mögliche Ankunft des Eigentümers des beschädigten Gegenstandes warten. Diese Wartefrist kann bei Bagatellunfällen wenige Minuten betragen, bei einem schweren Unfall aber auch mehrere Stunden. Außerdem muss man etwa in der Nacht nicht so lange am Unfallort warten, wie an einem sonnigen Tag. Wie lange man also an der Unfallstelle bleiben muss, ist von den einzelnen Umständen des Unglücks abhängig. Kommt der Gegner auch nach einer angemessenen Wartezeit nicht, muss man sich zur nächsten Polizeidienststelle begeben und dort die nötigen Angaben machen. Grund dafür ist wiederum das Interesse des Gegners, den Verursacher des Schadens zu kennen. Aber: Die Wartepflicht entfällt nicht, wenn man die eigene Visitenkarte hinter den Scheibenwischer klemmt.

Spätere Feststellung der Personalien ermöglicht

War der Beteiligte dazu berechtigt oder entschuldigt, den Unfallort einfach zu verlassen - z. B. weil man wegen schwerer Verletzungen ins Krankenhaus muss -, macht er sich nicht nach § 142 StGB strafbar, sofern er später die Feststellung seiner Personalien unverzüglich ermöglicht.

Ansonsten gilt: Ist der Beteiligte einfach weitergefahren, ohne die nötigen Angaben zu machen oder seiner Wartepflicht nachgekommen zu sein, ist eine Strafbarkeit nach § 142 StGB zu bejahen, sofern keinerlei Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe vorliegen. Macht er aber innerhalb von 24 Stunden nach dem Unfall die nötigen Angaben - z. B. bei einer Polizeidienststelle -, mildert das Gericht die Strafe oder kann unter Umständen sogar ganz von einer Strafe absehen.

Interessant: Hat der Beteiligte den Unfall gar nicht bemerkt, was vor allem bei Bagatellunfällen möglich ist, macht er sich nicht nach § 142 StGB strafbar. Schließlich soll mit der Vorschrift nur die Person bestraft werden, die in voller Kenntnis, einen Unfall verursacht zu haben, weiterfährt.

Entzug der Fahrerlaubnis?

Wer sich wegen Fahrerflucht strafbar gemacht hat, ist grundsätzlich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen, § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB. Ihm wird dann im Fall einer Verurteilung die Fahrerlaubnis entzogen. Es kommt aber auch „nur" ein Fahrverbot nach § 44 StGB in Betracht: Wer beispielsweise nach einem Unfall einfach weiterfährt und erst nach vierzigminütiger Verzögerung seine Beteiligung bei der Polizei anzeigt, macht sich zwar wegen Fahrerflucht strafbar. Ein Eignungsmangel, der einen Führerscheinentzug rechtfertigen würde, ist aber noch nicht anzunehmen, da man sich nachträglich darum bemüht hat, für eine Aufklärung des Falles zu sorgen und bereit ist, den entstandenen Schaden zu ersetzen (LG Aurich, Beschluss v. 06.07.2012, Az.: 12 Qs 81/12).

(VOI)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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