Wann erhält man eine Ausbildungsduldung?

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Die mit Integrationsgesetz mit Wirkung vom 6. August 2016 vorgenommene Neuregelung des § 60 Abs. 2 Satz 4 ff. AufenthaltsG zielt darauf ab, für die Dauer einer qualifizierten Berufsausbildung mehr Rechtssicherheit für Geduldete und Ausbildungsbetriebe zu schaffen, indem der Begriff „dringende persönliche Gründe“ (§ 60 Abs. 2 Satz 3 AufenthaltsG) für diese Konstellation konkret ausgefüllt und mit einem Duldungsanspruch verknüpft wird. 

Der Abschluss einer solchen Berufsausbildung eröffnet die Möglichkeit einer Verlängerung der Duldung zur Beschäftigungssuche für sechs Monate (§ 60 Abs. 2 Satz 11 AufenthG) und gegebenenfalls den Weg in eine Aufenthaltserlaubnis für qualifizierte Geduldete zum Zweck der Beschäftigung nach § 18a AufenthG. Die Ausbildungsduldung bleibt jedoch eine Duldung, die lediglich die Aussetzung der Abschiebung eines vollziehbar Ausreisepflichtigen bewirkt. Sie ist keine Bleiberegelung.

Qualifizierte Berufsausbildung als Voraussetzung für eine Ausbildungsduldung

Zwingende Voraussetzung ist nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG, dass der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt oder aufgenommen hat. Voraussetzung für eine qualifizierte Berufsausbildung ist zunächst eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren. Danach ist die generell vorgesehene Dauer der Ausbildung maßgeblich, nicht die individuell in Anspruch genommene Ausbildungsdauer, die bei Anrechnung bestimmter Vorausbildungen zu einer verkürzten Ausbildungszeit führen kann.

Staatlich anerkannte oder vergleichbar geregelte Ausbildungsberufe sind alle anerkannten Ausbildungsabschlüsse und Fortbildungsabschlüsse nach Berufsbildungsgesetz (BBiG) und Handwerksordnung (HwO) sowie vergleichbare bundesrechtlich oder landesrechtlich geregelte Berufsabschlüsse oder diesen Berufsabschlüssen entsprechende Qualifikationen.

Betriebliche Berufsausbildungen bedürfen eines Berufsausbildungsvertrages, der die Voraussetzungen nach dem Berufsbildungsgesetz oder der Handwerksordnung erfüllen muss und von der zuständigen Stelle im Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen wird.

Die Ausländerbehörden sind regelmäßig nicht in der Lage, die Vertragsinhalte des Berufsausbildungsvertrages auf formelle und rechtliche Richtigkeit zu prüfen. So kann die Ausländerbehörde beispielsweise nicht prüfen, ob der im Berufsausbildungsvertrages genannte Betrieb zu Berufsausbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz befähigt ist. Daher kann das Vorliegen eines gültigen Ausbildungsvertrages nur dadurch verlässlich belegt werden, dass ein Nachweis über den Eintrag in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse (z. B. Lehrlingsrolle) vorgelegt wird. Diese Vorlagepflicht obliegt dem Antragsteller. Ausreichend ist, wenn der Ausländer den von beiden Vertragsparteien unterzeichneten Berufsausbildungsvertrag sowie die Eintragsbestätigung der zuständigen Stelle bzw. Kammer, also zum Beispiel der Handwerkskammer, vorweist. Aufgrund regionaler Besonderheiten reicht der Nachweis einer erfolgten positiven Prüfung des Ausbildungsvertrages durch die zuständige Stelle aus. Bei Berufsausbildungen an Berufsfachschulen oder Fachschulen ist die Bestätigung der Ausbildung durch die staatliche oder staatlich anerkannte Schule vorzulegen.

Neben qualifizierten betrieblichen Berufsausbildungen, die als duale Berufsausbildung durchgeführt werden, fallen auch qualifizierte Berufsausbildungen an Berufsfachschulen oder Fachschulen in den Anwendungsbereich dieser Regelung. In diesen Fällen ist der Vertrag mit oder die Aufnahmezusage bzw. Anmeldebestätigung der jeweiligen staatlichen oder privaten Schule mit Bezeichnung des konkreten Ausbildungsberufes vorzulegen. 

Auch im Zusammenhang mit dualen Studiengängen kommt eine Ausbildungsduldung in Betracht, wenn parallel ein Studium und eine Berufsausbildung absolviert wird und die Absolventen den jeweiligen Hochschulabschluss sowie einen anerkannten dualen Berufsabschluss nach dem Berufsbildungsgesetz oder der Handwerksordnung erwerben. Die Ausbildung Duldung wird jedoch nur für die Zeit der Berufsausbildung erteilt. Wenn nach Abschluss der Berufsausbildung ein der beruflichen Qualifikation entsprechendes Arbeitsverhältnis begründet wird, ist gegebenenfalls eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Im übrigen kann eine Duldung aus persönlichen Gründen nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthaltG in Betracht kommen, wenn aufgrund der bisherigen Studienleistungen ein erfolgreicher Abschluss in absehbarer Zeit zu erwarten ist.

Reichen kürzere Helferausbildungen oder auch Einstiegsqualifizierungen aus für eine Ausbildungsduldung?

Kürzere Helferausbildungen oder auch Einstiegsqualifizierungen und andere Qualifizierungsmaßnahmen, mit denen die Ausländer erst an eine Berufsausbildung herangeführt werden sollen oder diese überhaupt erst zu einer Berufsausbildung befähigen bzw. die erforderliche Ausbildungsreife herstellen sollen, sind keine qualifizierten Berufsausbildungen im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthaltG. 

Ausbildungsduldung aufgrund schulischer Maßnahmen? 

Schulische Maßnahmen, zum Beispiel allgemeinbildende Schulabschlüsse, allgemeine Sprachkurse und Maßnahmen der berufsbezogenen Deutschsprachförderung, sowie jede Form von praktischen Tätigkeiten, die gegebenenfalls auch eine Berufsausbildung vorbereiten können, stellen grundsätzlich keine qualifizierte Berufsausbildung im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 4 Aufenthaltsgesetz da.


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