Wann Miterben einander Auskunft schulden

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Zusammenfassung:

Erbengemeinschaften sind oft streitanfällig – vor allem, wenn Geschwister miteinander geerbt haben. Die Gründe sind vielfältig:

Meist sind die Vorstellungen, wie mit dem Nachlass umgegangen werden soll, zu gegensätzlich: Oder der eine oder andere Miterbe hat eine geringere Quote geerbt, als das Gesetz vorsieht. Oft ist es auch so, dass unter den Miterben ein Wissensgefälle besteht und Miterben sich bei Handlungen oder Massnahmen seitens der anderen Erben übergangen fühlen. 

Lesen Sie hier, welche Handhaben die "schwächeren" gegenüber den "stärkeren" Miterben haben:


Gründe für die Streitanfälligkeit von Erbengemeinschaften


Miterben müssen sich auch heute noch mit gesetzlichen Regelungen arrangieren, die nicht immer in die Gegenwart passen. Und einzelnen Nachlassgegenständen, z.B. Wertpapierdepots oder Hausgrundstücken, bekommen gegenseitige Blockaden auch nicht gut.

Das sollte Erbengemeinschaften ein Ansporn sein zu Kooperationsbereitschaft und gegenseitiger Rücksichtnahme …. Allerdings sieht die Realität oft anders aus, Stichwort „Herrschaftswissen“:


„Herrschaftswissen“ auf der einen Seite contra Ahnungslosigkeit auf der anderen


Oft ist es so, dass einer der Miterben dem Erblasser ganz besonders verbunden war, während die anderen eher weniger Kontakt zu ihm pflegten. Die „näheren“ Miterben, die den Erblasser womöglich auch gepflegt hatten, kennen sich in den Vermögensverhältnissen des Erblassers entsprechend gut aus. Auch empfinden sie es als ungerecht, wenn sie zur gleichen Quote wie diejenigen geerbt haben, die sich weniger gekümmert haben, und machen ihnen das Leben schwer. Häufigster Streitpunkt: Den anderen Miterben werden Informationen über den Nachlass bewusst vorenthalten und geforderte Auskünfte werden gar nicht, lückenhaft oder zögerlich erteilt.


Auskünfte werden nur in besonderen Fällen geschuldet


Ansprüche der Miterben auf Erteilung von Auskünften über den Bestand des Nachlasses und über den Verbleib einzelner Nachlassgegenstände bestehen nur in besonders gelagerten Fällen, nämlich

  • gegenüber dem Erbschaftsbesitzer, der zwar tatsächlich nicht Erbe ist, sich aber einer Erbenstellung berühmt,
  • gegenüber einem Miterben, wenn er nach dem Erbfall einen oder mehrere Nachlassgegenstände an sich genommen hat,
  • gegenüber dem Hausgenossen des Erblassers (z.B. Lebenspartner, Mitmieter)
  • und, wenn der Erblasser durch einen Erbvertrag gebunden war, aber Nachlassgegenstände verschenkt hat, unter Umständen auch gegenüber dem Beschenkten.

Der Kreis derjenigen Personen, die den Miterben Auskunft schulden, ist also eher klein.


Ein weiterer Fall: Die gegenseitige Pflicht zur Auskunft über lebzeitige Zuwendungen


Das Gesetz geht davon aus, dass Eltern ihre Kinder bzw. ihre Abkömmlinge (d.h. bei Vorversterben der Kinder auch die Enkel) gleich behandeln wollen. Aus diesem Grund sieht das Gesetz ein Ausgleichungsrecht unter den Abkömmlingen vor: Wer zu Lebzeiten des Erblassers gegenüber seinen Geschwistern "zu kurz gekommen war", der kann von den anderen Abkömmlingen unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausgleichung verlangen.

Wichtigste Voraussetzung ist, dass entweder die gesetzliche Erbfolge gilt oder dass der Erblasser seine Kinder bzw. Abkömmlinge mit der gesetzlichen Erbquote bedacht hat.

Wer also meint, dass seine Geschwister mehr bekommen haben, der kann sie zur Auskunft und notfalls auch zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auffordern.


Und: Auch Generalbevollmächtigte und Betreuer sind auskunftspflichtig


Hat der Erblasser jemandem eine Handlungsvollmacht oder gar eine   Generalvorsorgevollmacht erteilt, dann schuldet der Bevollmächtigte dem Erblasser ebenso wie dessen Erben Auskunft und Rechenschaftslegung über sein Handeln, sofern ein Auftragsverhältnis vereinbart wurde, und, wenn er Nachlassgegenstände in Besitz genommen hat, deren Herausgabe. Das gilt für jeden Bevollmächtigten, auch wenn er mit dem Erblasser verwandt oder sogar dessen Miterbe ist.

Vielfach standen Erblasser im Zeitpunkt ihres Todes unter amtlicher (rechtlicher) Betreuung. Wenn der Betreuer (auch) den Pflichtenkreis der Vermögenssorge innehatte, dann gilt für ihn das Gleiche wie für den Generalbevollmächtigten:

Der Betreuer, und zwar gleichgültig, ob er eine außenstehende Person, ein Verwandter oder gar selbst Miterbe ist, schuldet den (anderen) Erben

  • Auskunft über den Bestand des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls,
  • Rechnungslegung über Vermögensverfügungen und
  • die Herausgabe der Nachlassgegenstände.

Ein Verweis des Betreuers darauf, dass er dem Betreuungsgericht pflichtgemäß jährliche Vermögensübersichten abgeben habe, ändert daran nichts, ebenso wenig wie eine gegenüber dem Betreuungsgericht eingereichte Entlastungserklärung.

Dies hat das Oberlandesgericht Saarbrücken entschieden (OLG Saarbrücken, Urteil vom 17.12.2021, Az. 5 U 42/21, BeckRs 2021, 44933 und NJW-Spezial 2022, 232).


Fazit:

Die Rechtspositionen im Hinblick auf Erteilung von Auskünften und Rechnungslegung sind gegenüber dem Bevollmächtigten bzw. gegenüber dem Betreuer deutlich stärker als gegenüber den Miterben.


Tipp:

Wer geerbt hat, muss dem Finanzamt diesen Erwerb, und zwar ungeachtet der Höhe, binnen drei Monaten seit Kenntnis von der Erbschaft anzeigen.

Oftmals hilft gegenüber den „störrischen“ Miterben schon die Ankündigung, dass man dem Finanzamt mitteilen werde, über den Umfang des Erwerbs keine ausreichende Auskunft erteilen zu können wegen mangelnder Kooperation des Miterben.

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