Was bedeutet die Entscheidung des EuGH vom 21.3.2023 C-100/21("QB gegen Mercedes") für geschädigte Wohnmobilkäufer?

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Erfolgreiche Urteile im Dieselskandal zugunsten von Wohnmobil-Käufern nehmen zu.  Aktuell zu nennen ist das Urteil des Landgerichts München II vom 15.12.2022, , 13 O 3213/21 gegen Fiat Chrysler Automobiles oder auch das Urteil des Landgerichts Berlin vom 10.1.2023, 26 O 132/22. Die Reihe erfolgreicher landgerichtliche Entscheidungen die Reihe erfolgreicher landgerichtliche Entscheidungen ließe sich noch erheblich verlängern. Am 21.3.2023 verkündet der EuGH nunmehr sein lang erwartetes Grundsatzurteil im Dieselskandal.

Entscheidet der EuGH so, wie von dem Generalanwalt Rantos mit Schlussanträgen vom 2. Juni 2022 beantragt, kommt in den Dieselskandal-Fällen eine weitere Anspruchsgrundlage in Betracht. Konkret bedeutet das: bislang fordert die Rechtsprechung eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung seitens des Herstellers. Diese gehört zu den Anspruchsvoraussetzungen das § 826 BGB, der nach Auffassung der Rechtsprechung bislang die einzige in Betracht kommende Anspruchsgrundlage für Ansprüche gegen den Hersteller ist. Die Motorsteuerungssoftware vieler Wohnmobile auf Fiat Ducato Basis enthält eine Timerfunktion, die die  Begrenzung des NOx-Ausstoßes bereits kurze Zeit nach dem für den Prüfstandslauf nach NEFZ vorgesehenen Zeitraum von 1180 Sekunden herabsetzt. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist eine Sittenwidrigkeit zu bejahen, wenn die unzulässige Abschalteinrichtung in einer Softwaresteuerung besteht, die die Abgasreinigung gezielt im Prüfstand verstärkt und damit im für die Erteilung der Typgenehmigung maßgeblichen NEFZ die Abgaswerte gegenüber dem Realbetrieb gezielt verbessert (BGH, Beschluss vom 23 Februar 2022, VII ZR 602/21; vom 12. Januar 2022, VII ZR 424/21; vom 13. Oktober 2021, VII ZR 179/21, vom 29. September 2021, VII ZR 126/21, Urteil vom 13.Juli 2021, VI ZR 128/20). An dieser Stelle ist eine weitere Differenzierung erforderlich: die klassische Prüfstandserkennung erkennt den Prüfstand und nimmt dies zum Anlass, die Abgasreinigung anders zu steuern als im normalen Straßenverkehr. Das war bei der Umschaltlogik, die in der Motorsteuerungssoftware des Motors EA 189 des Volkswagenkonzerns enthalten war, der Fall. Darüber hinaus  nimmt der Bundesgerichtshof an, dass eine exakte Zuschneidung der Softwaresteuerung auf die Bedingungen des Prüfstands ebenso wie die „klassische“ Prüfstandserkennung den Vorwurf der Arglist rechtfertigt (BGH, Beschluss vom 20. April 2022, VII ZR 720/21). Dies ist in den Wohnmobilefällen gegen FCA zu prüfen.

Entscheidet der EuGH am 21.3.2023 in der Rechtssache C-100/21 wie vom Generalanwalt Rantos beantragt, dass eine Schadensersatzverpflichtung des Herstellers nicht erst bei vorsätzlicher sittenwidrige Schädigung, sondern bereits bei einfacher Fahrlässigkeit gegeben sein muss, kommt eine weitere Anspruchsgrundlage in Betracht, nämlich § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit europarechtlichen Vorschriften. Diese Anspruchsgrundlage lässt bereits einfache Fahrlässigkeit genügen. Die Chancen für geschädigte Wohnmobilkäufer würden sich damit voraussichtlich nochmals weiter verbessern.



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