Was die Corona-Krise für getrennt lebende Eltern und das Umgangsrecht bedeutet

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Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind mannigfaltig. Soziale Isolation außerhalb der Familienbande ist nur eine der negativen Begleiterscheinungen, die uns in dieser Zeit treffen. Soweit wie möglich sollen soziale Kontakte runtergeschraubt und auf das nötige Minimum beschränkt werden.

Ratlosigkeit zeigt sich momentan vor allem für getrennt lebende Eltern. Wenn Vater-Mutter-Kind nicht unter einem Dach wohnen, stellt sich die Frage, wie Umgangsvereinbarungen beibehalten, umgesetzt oder angepasst werden können. 

In diesem Rechtstipp gehen wir auf die absehbaren Auswirkungen der Corona-Krise auf das Umgangsrecht ein und beantworten die wichtigsten Fragen, die Patchwork-Familien jetzt beschäftigen!

1. Muss ich mich jetzt noch an Umgangsregelungen halten?

Der regelmäßige Kontakt zwischen dem Kind und seinen Eltern ist wesentlicher Bestandteil seines Wohlergehens. Zur angemessenen Persönlichkeitsentwicklung ist der Umgang des Kindes mit beiden Elternteilen von essentieller Bedeutung. Daher orientiert sich die Rechtsordnung bei den Regelungen des Umgangsrecht streng am Kindeswohl.

An diesen Grundsätzen hat auch die Corona-Krise nichts geändert: Der aktuelle Ausnahmezustand hebelt weder individuelle Umgangsvereinbarungen zwischen den Eltern noch Gerichtsentscheidungen diesbezüglich aus. Denn durch das Virus darf kein rechtsfreier Raum entstehen. Auch in diesen Zeiten müssen die betroffenen Kinder vor Entfremdung geschützt werden. Umgangsvereinbarungen sind auch jetzt verbindlich!

2. Was ist, wenn ein Elternteil mit Corona infiziert ist?

Ist ein Elternteil mit Corona infiziert, steht diese Situation ausnahmsweise dem Umgangskontakt entgegen.

Allerdings stellt nicht jede, in Anbetracht der aktuellen Umstände denkbare Herausforderung einen Grund dar, von den Umgangsvereinbarungen abzuweichen. 

Eine allgemeine Angst der Eltern vor Ansteckung – etwa auf dem Weg von einem Elternteil zum anderen – dürfte für sich genommen noch keine Zuwiderhandlung gegen die Umgangsvereinbarung rechtfertigen. Auch landesweite Kontakt- oder Ausgangssperren stehen dem Kontakt zwischen Eltern und Kind nicht entgegen.

 So enthalten die Allgemeinverfügungen einiger Länder zum Teil ausdrückliche Hinweise darauf, dass eine Isolation zwischen den Eltern und dem Kind nicht stattfinden soll.

Anders dürfte es sich wiederum in solchen Fällen darstellen, in denen eine im Haushalt des Elternteils lebende Person mit dem Virus infiziert ist oder wenn das Kind selbst oder andere Angehörige des Hausstandes zur Risikogruppe gehören. Wie eingangs bereits aufgezeigt, muss sich die Bewältigung dieser Einzelfälle streng am Maßstab des Kindeswohls orientieren.

3. Gelten in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Regelungen?

Auch wenn die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen innerhalb des Bundesgebietes variieren und die einzelnen Länder hier unterschiedlich strenge Maßnahmen erlassen, bleibt das Umgangsrecht hiervon in erster Linie unberührt. Denn Einigkeit zwischen den Ländern besteht jedenfalls insoweit, als dass der Kindesumgang eine berechtigte Ausnahme von den grundsätzlichen Kontaktbeschränkungen darstellt.

4. Darf ich dem anderen Elternteil in Zeiten von Corona den Umgang verweigern?

Nein! Denn auch in Zeiten von Corona gelten die Umgangsvereinbarungen grundsätzlich weiter. Ist ein Elternteil mit dem Virus infiziert oder befindet sich wegen Kontakts mit einer infizierten Person in Quarantäne, gelten die oben bereits angesprochenen Ausnahmen.

5. Kann ich Umgangsvereinbarungen jetzt ändern?

Erweisen sich die Umgangsregelungen des Familiengerichts oder der Eltern, die gerichtlich gebilligt wurden, in der aktuellen Situation als nicht praktikabel, sollten Sie zunächst versuchen, einvernehmliche Lösungen zu erzielen. Gelingen diese Lösungsansätze nicht, steht Ihnen auch jetzt der Weg zum Familiengericht offen.

Der Justizbetrieb ist derzeit allerdings eingeschränkt. Eine Rückkehr zum „Normalbetrieb“ ist momentan nicht absehbar. Da jedoch Kindschaftssachen zu den besonders bedeutsamen und eiligen Verfahren vor den Familiengerichten zählen, dürften Verhandlungstermine noch stattfinden. Nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns auf!


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