Wegerecht: Der Zugang zum eigenen Grundstück (BGH, Urteil vom 24. Januar 2020, Az.: V ZR 155/18)

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Üblicherweise sind Grundstücke in Deutschland so angelegt, dass sie einen Zugang zur Straße haben. Dies entspricht auch öffentlich-rechtlichen Vorschriften, etwa solchen des Baugesetzbuches. Es kann aber vorkommen, dass ein Grundstück - oder Teile hiervon - keinen direkten Zugang zur Straße haben. Dann stellt sich die Frage - die auch der BGH zu beantworten hatte - wie der Zugang rechtlich gewährleistet werden kann. Für den Eigentümer oder Nutzer ist dann ein Wegerecht erforderlich. 

In dem Fall, den der BGH zu entscheiden hatte, kam die Besonderheit hinzu, dass ein Wegerecht bereits über 30 Jahre faktisch ausgeübt worden war. Die Kläger des Verfahrens beriefen sich daher auf ein Wegerecht beziehungsweise Notwegerecht, welches nach Ansicht des Berufungsgerichts (OLG Köln) in Form eines Gewohnheitsrechts bestehen sollte. 

Der BGH bewertet die Rechtslage anders. Nach seiner Ansicht kann in einem konkreten Rechtsverhältnis zwischen einzelnen Grundstücksnachbarn ein Wegerecht nach dem BGB außerhalb des Grundbuchs nur aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung oder als Notwegerecht unter den Voraussetzungen des § 917 BGB entstehen (vgl. Leitsatz b)).

Der Frage einer gewohnheitsrechtlichen Entstehung des Wegerechts erteilt der BGH eine deutliche Absage.
Grundsätzlich sei auch die Entstehung von Wegerechten auf gewohnheitsrechtlicher Basis möglich. Dies bedeute aber nicht, dass ein gewohnheitsrechtliches Wegerecht im Verhältnis zwischen einzelnen Grundstücksnachbarn durch jahrelange Übung in der Annahme einer entsprechenden rechtlichen Verpflichtung entstehen könne (BGH, a.a.O, Rn. 6, 7). Vielmehr enthalte ein solches Gewohnheitsrecht als ungeschriebenes Recht eine abstrakt-generelle Regelung. Es müsse daher über den Einzelfall hinaus gehen (BGH, a.a.O., Rn. 8). 

Der Ansicht des BGH ist ebenso zuzustimmen wie der im Urteil weiter gegebenen, hier aber nicht näher dargestellten, Begründung. Wenn Gewohnheitsrecht dem geschriebenen (Gesetzes-)Recht vergleichbar sein soll, so muss es gleichartige Rechtsverhältnisse allgemein erfassen, es kann nicht auf einen Einzelfall beschränkt sein. 

Ein schuldrechtliches Verhältnis konnte der BGH nicht entdecken. Selbst wenn ein solches allerdings bestanden hätte, so gilt, wie bei allen Dauerschuldverhältnissen, dass eine Kündigung dieses Verhältnis zum Erlöschen bringt mit der Folge, dass die eingeräumten Rechte nicht mehr bestehen. 

Der BGH prüfte sodann, ob ein Notwegerecht aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis abgeleitet werden könne. Da jedoch § 917 BGB als spezialgesetzliche Vorschrift bezüglich des Notwegerechts eine abschließende Regelung für Wegerechte, die nicht durch dingliche Rechte oder schuldrechtliche Verträge begründet sind, bildet, kommt ein Rückgriff auf das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis nicht in Betracht.
Nach der Vorschrift des § 917 BGB kommt ein Notwegerecht unter bestimmten Voraussetzungen zwar in Betracht. Zum einen ist aber nur ein begrenzter zeitlicher Umfang vorgesehen, zum anderen sind die betroffenen Grundstückseigentümer durch eine regelmäßige Zahlung (sog. Geldrente) zu entschädigen. 

Für die Praxis ist zunächst danach zu unterscheiden, ob eine gewerbliche Nutzung vorliegt oder nicht und ob die Bebauung und Nutzung des betroffenen Grundstücks baurechtlich zulässig ist. Gegebenenfalls kann eine Akteneinsicht bei den Baubehörden insoweit Aufschluss geben. Im Weiteren ist zu klären, ob das Notwegerecht auch tatsächlich für eine ordnungsgemäße Nutzung erforderlich ist.



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