Welche Strafen drohen im Jugendstrafrecht?

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Welche Strafen drohen im Jugendstrafrecht?Fast alle unsere Rechtstipps befassen sich mit dem allgemeinen deutschen Strafrecht, und damit, wie es funktioniert, was es erlaubt oder verbietet, und womit man rechnen muss, wenn man dagegen verstößt. Doch was ist, wenn ein Heranwachsender vergleichbare Straftaten begeht? Ab welchem Alter kann man sich überhaupt strafbar machen? Und wenn man eine Straftat begeht, erwarten einen dann ähnliche Strafen wie Erwachsene? Um diese und andere Fragen aufzuklären, soll der folgende Rechtstipp dienen.

Beachten Sie in diesem Zuge auch meinen Rechtstipp welche Strafe für BtMG-Delikte nach dem Jugendstrafrecht gilt.

In diesem Text erfahren Sie:

  • Was das Jugendstrafrecht ist
  • Wie sich das Jugendstrafrecht vom allgemeinen Strafrecht unterscheidet
  • Für wen das Jugendstrafrecht gilt
  • Bei welchen Taten das Jugendstrafrecht gilt
  • Welche Strafen es gibt
  • Was passiert, wenn man Auflagen nicht nachkommt
  • Wie hoch die Strafen ausfallen können

Falls Sie weitere Fragen haben, können Sie sich gern per WhatsApp direkt an mich wenden.

 

Was ist das Jugendstrafrecht?

Das Jugendstrafrecht ist 1923 entstanden. Ihm liegt der Gedanke zugrunde, dass Heranwachsende, also Personen, die vor dem Gesetz noch nicht als Erwachsene gelten, auch anders behandelt werden sollten, als Erwachsene. Dies gilt insbesondere, wenn diese gegen Gesetze verstoßen. Der Fokus sollte hierbei darauf liegen, den Jugendlichen die Chance zu geben, auf den rechten Weg zurück zu finden bevor sie als Erwachsene voll verantwortlich für sich und die Gesellschaft sind.

 

Wie unterscheidet sich das Jugendstrafrecht vom allgemeinen Strafrecht?

Dem allgemeinen Strafrecht liegen zwei Gedanken zugrunde:

  1.  dass eine Straftat gesühnt werden muss, und
  2. dass (unter Umständen) das Gesetz die Allgemeinheit vor einem Täter schützen muss.

Diesen Zweck erfüllen im Wesentlichen zwei Arten von Strafen: Geldstrafe und Freiheitsstrafe. Beide sind darauf ausgerichtet, eine Straftat zu vergelten. Das heißt, sie sollen den Täter, der für sein Handeln voll verantwortlich zu machen ist, für ungesetzliche Handlungen bestrafen, und ihn – im Falle der Freiheitsstrafe –  für eine bestimmte Zeit aus der Gemeinschaft entfernen.

Die Maßnahmen des Jugendstrafrechts dienen einem völlig anderen Zweck. Sie sollen nämlich keine Strafe, sondern eine Besserungshilfe für den straffällig gewordenenen Jugendlichen darstellen, und nach Möglichkeit seinen weiteren Lebensweg positiv prägen, und nicht beschädigen, wie es bei Haftstrafen beispielsweise der Fall sein kann.

 

Für wen gilt das Jugendstrafrecht?

Das Jugendstrafrecht gilt grundsätzlich für "Heranwachsende". Darunter versteht man Personen im Alter von 14-17 Jahren. In Ausnahmefällen wird es aber auch auf ältere Personen angewendet, sofern diese noch vor ihrem 21. Geburtstag stehen. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Betreffende in seiner mentalen oder charakterlichen Entwicklung hinter seinem biologischen Alter zurücksteht, oder die begangene Tat angesichts der Tatumstände als typische Jugendstraftat einzustufen ist.

 

Bei welchen Taten gilt das Jugendstrafrecht?

Das Jugendstrafrecht hat keinen eigenen Katalog von Straftaten. Es läuft parallel zum regulären Strafrecht und kann bei allen Arten von Straftaten angewandt werden, die auch dem regulären Strafrecht unterfallen. Dies beinhaltet u.a. Verkehrs- Gewalt- Sexual- oder Drogendelikte.

Der Unterschied besteht lediglich in der Gestaltung der möglichen Gegenmaßnahmen, die anschließend ergriffen werden.

 

Welche Strafen gibt es im Jugendstrafrecht?

Da das Ziel wie gesagt nicht in der Bestrafung liegt, spricht man hier eher von „Maßnahmen“. Das Jugendgerichtsgesetz (JGG) kennt drei Arten von Maßnahmen:

1. Erziehungsmaßregeln

Diese sind die mildesten Maßnahmen und richten sich einzig und allein darauf, einen erkennbar gewordenen Erziehungsdefizit zu beheben.

Mögliche Erziehungsmaßregeln sind Sozial- oder Arbeitsstunden in dafür vorgesehenen Einrichtungen.

2. Zuchtmittel

Hier gibt es wiederum drei mögliche Härtegrade, deren Wahl vor allem vom Verhalten des Jugendlichen nach der Tat abhängig ist.

a) Verwarnung

Die Verwarnung ist eine reine Formsache (der sprichwörtliche erhobene Zeigefinger). Sie wird als ausreichend betrachtet, wenn der Betreffende sich einsichtig zeigt, und davon ausgegangen werden kann, dass die Tatsache eines Strafverfahrens Denkzettel genug ist.

b) Arbeitsauflagen

Auflagen sollen dazu dienen, die Einsicht des Täters zu befördern. Sie können etwa in Wiedergutmachungsleistungen gegenüber dem Tatopfer, der Verpflichtung zum Antreten einer Ausbildung, oder der Zahlung eines bestimmten Geldbetrages zu gemeinnützigen Zwecken bestehen.

c) Jugendarrest

Bei wiederholter oder schwererer Schuld kann ein Hausarrest verhängt werden, der sich von mehreren Stunden pro Tag bis hin zu einem Dauerarrest von maximal 4 Wochen erstrecken kann. Er kann in Stunden oder Tagen bemessen werden. Häufigste Variante ist hierbei der Freizeitarrest, der sich über ein (oder mehrere) Wochenenden erstreckt.

3. Jugendstrafe

Die härteste mögliche Maßnahme ist die Jugendstrafe. Sie ist als einzige den Maßnahmen des allgemeinen Strafrecht vergleichbar und findet nur bei besonders schwerer Schuld oder erkennbaren schädlichen Neigungen des Heranwachsenden Anwendung.

Sie ist in einer Justizvollzugsanstalt für Jugendliche zu verbüßen und beträgt zwischen 6 Monaten und 5 Jahren. In besonders schweren Fällen kann sie auf bis zu 15 Jahre verlängert werden.

Jugendstrafen von einem Jahr oder weniger können zur Bewährung unter Auflagen ausgesetzt werden.

 

Was passiert, wenn man Auflagen des Jugendstrafrechts nicht nachkommt?

Wenn der Verurteilte den ihm auferlegten Weisungen nicht Folge leistet, ist mit der Verhängung eines Jugendarrestes von bis zu vier Wochen zu rechnen. Alternativ dazu kann ihm auch ein Betreuer zur Seite gestellt werden, sodass er in seiner gewohnten Umgebung verbleiben kann und nicht in Haft muss. Dies entscheidet das zuständige Gericht nach eigenem Ermessen.

 

Wie hoch fallen die Strafen konkret aus?

Aus dem bisher Dargestellten geht nicht hervor, was einen Jugendlichen nach einer bestimmten Tat konkret erwartet. Das liegt daran, dass das Jugendgerichtsgesetz nicht für eine bestimmte Tat eine bestimmte Maßnahme vorsieht, sondern die Bestimmung der richtigen Maßnahme flexibel den Umständen des Einzelfalles angepasst werden soll, um für den Betreffenden die bestmögliche Wirkung zu erzielen. Die zu ergreifenden Maßnahmen richten sich nach dem Zusammenspiel von Schuldschwere, Schuldbewusstsein, Alter, Reifegrad und Verhalten des Jugendlichen und werden hinsichtlich dieser Faktoren nach Ermessen des Jugendrichters festgelegt.

Das bedeutet vor allem zwei Dinge:

  1.  Im Gegensatz zum regulären Strafrecht ist hier jedes Zeichen von Einsicht und gutem Willen von entscheidender Bedeutung für den Ausgang eines Verfahrens. Das Zeigen von Reue und dem Wunsch nach Wiedergutmachung können das Strafmaß stark beeinflussen.
  2.  Um, gerade bei schwereren oder wiederholten Vergehen, hohe Strafen zu vermeiden, und dem Jugendlichen möglichst alle Wege für sein weiteres Leben offen zu halten, ist eine gute Verteidigung unabdingbar notwendig.

Es ist dringend von dem Versuch abzuraten, die Verteidigung selbst in die Hand zu nehmen.

Stattdessen sollte ein Fachanwalt hinzugezogen werden, der sich mit dem Jugendstrafrecht auskennt, und das nötige Fingerspitzengefühl mitbringt.

Dr. Brauer Rechtsanwälte sind auf Jugendstrafrecht spezialisiert und vertreten Sie bundesweit.

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