Finden Sie jetzt Ihren Anwalt zu diesem Thema in der Nähe!

Wenn der Urlaubsflieger am Boden bleibt

  • 3 Minuten Lesezeit
Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion

In der Ferienzeit bestimmen gestrandete Flugpassagiere häufig das Bild an vielen Flughäfen. Seit Inkrafttreten der EU-Fluggastrecht-Verordnung (Nr. 261/2004) im Februar 2005 sind bei den nationalen Luftfahrtbehörden bis September 2006 mehr als 18.000 Beschwerden eingegangen. Wegen Nichtbeförderung, Annullierung oder größerer Verspätung haben sich allein in Deutschland beim Luftfahrtbundesamt als nationale Aufsichtsbehörde von Januar bis September 2006 knapp 1.600 Passagiere beschwert. Welche Rechte stehen Flugreisenden außer einer solchen Beschwerde aufgrund der EU-Verordnung noch zu?

[image] EU-Flugreisen 

Auf die Verordnung können sich alle Flugreisenden berufen, die eine gültige Buchungsbestätigung vorweisen können. Sie gilt sowohl für Charter- als auch Linienflüge, die von einem EU-Flughafen starten und alle Flüge einer EU-Fluggesellschaft mit Flugziel in der EU. Bucher von sogenannten Billigflügen können ebenfalls eine Entschädigung verlangen, dies hat inzwischen der Europäische Gerichtshof bestätigt (Az.: C 344/04). 

Unterstützung vor Ort 

Am Flughafen können die Passagiere sogenannte Unterstützungsleistungen von dem Luftfahrtunternehmen verlangen, die im Einzelfall von der jeweiligen Dauer der Verspätung abhängen. Sie beinhalten kostenlose Mahlzeiten und Erfrischungen während der Wartezeit. Außerdem stehen dem Wartenden wahlweise zwei kostenlose Telefongespräche, zwei Telexe, Telefaxe oder E-Mails zu. Verspätet sich der geplante Abflug bis zum nächsten Tag, muss die Airline den Passagier kostenlos in einem Hotel unterbringen und zudem den Transit zwischen Airport und Hotel finanzieren.

Wegen einer Verspätung von mehr als fünf Stunden und bei Flugannullierung können Fluggäste Erstattung des gesamten Ticketpreises verlangen, wenn der Flug für den Passagier wegen des Wegfalls oder der Verzögerung zwecklos geworden ist. Den Wegfall des Reisezwecks muss der Reisende beweisen. 

Umstufung

Nimmt die Fluglinie eine Umstufung in eine höhere als die gebuchte Klasse vor, darf sie keinen Aufschlag oder eine Zuzahlung zu den Flugkosten verlangen. Wird der Passagier in eine niedrigere Klasse als die gebuchte umgestuft, kann er je nach Flugstrecke den Ticketpreis um 30 %, 50 % oder 75 % mindern. 

Schadensersatz 

Bei Annullierung, Nichtbeförderung und großen Verspätungen haben Flugreisende einen Schadensersatzanspruch. Der Umfang der finanziellen Entschädigung richtet sich nach der Länge der Flugstrecke und danach, wie sehr der tatsächliche Flugtermin von der ursprünglichen Planung abweicht.

Wird zum Beispiel ein Flug gestrichen, informiert die Airline die Passagiere nicht rechtzeitig innerhalb von zwei Wochen über die Annullierung und bietet keinen Ersatzflug an, steht dem Fluggast - neben der Erstattung der Ticketkosten - eine finanzielle Entschädigung zu: Für Flüge bis zu 1.500 km können 250 EUR, zwischen 1.500 bis 3.500 km 400 EUR und bei Flugstrecken über 3.500 km 600 EUR Schadensersatz verlangt werden. Nimmt der Fluggast einen Ersatzflug der Fluggesellschaft in Anspruch, vermindert sich sein Entschädigungsanspruch um jeweils 50 %. 

Haftungsausschluss 

Die Haftung der Fluglinie auf Schadensersatz ist jedoch ausgeschlossen, wenn sie nachweisen kann, dass die Störung des Flugbetriebes aufgrund „höherer Gewalt“ eingetreten ist. Allerdings reicht eine pauschale Behauptung zum Beweis nicht aus. Die Airline muss vielmehr detailliert darlegen, dass für sie das Ereignis unerwartet und unvermeidbar war. Höhere Gewalt liegt beispielsweise bei den kürzlich wegen akuter Terrorwarnung abgesagten Flügen, bei einem technischen Defekt am Flugzeug, bei Schlechtwetter oder einem Streik vor.

Gepäckschäden und –Verspätung 

Für Gepäckschäden besteht ein Schadensersatzanspruch bis zu einem Höchstbetrag von 1.200 EUR. Der Schaden muss bei der Fluggesellschaft innerhalb von sieben Tagen angezeigt werden. Bei Verspätung des Gepäcks verlängert sich die Anzeigefrist auf 21 Tage.

Weitere Informationen rund um das Thema Reiserecht, beispielsweise wann Sie bei einer Überbuchung Schadensersatz verlangen können oder welche zusätzlichen Ansprüche Sie als Individual- und Pauschalreisender haben, geben Ihnen umfassend und vertrauensvoll unsere Experten im persönlichen Gespräch, telefonisch oder in der Onlineberatung.

(WEL)

Foto(s): ©iStockphoto.com

Artikel teilen: