Wenn Lehrer zu Beschuldigten werden – worauf es jetzt ankommt.

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Immer häufiger werden Lehrerkräfte Opfer falscher Anschuldigungen. Hintergrund sind in aller Regel besorgte Eltern, die Aussagen ihrer Kinder fehlinterpretieren. Nicht selten werden Strafverfahren aber auch als Druckmittel unzufriedener Eltern und SchülerInnen eingesetzt, um die gewünschte Benotung zu erzielen. Für Lehrkräfte können falsche Anschuldigungen und Strafverfahren sensible Folgen haben – sowohl in persönlicher als auch in beruflicher Hinsicht. Im Folgenden erfahren Sie, in welchen Bereichen besondere Strafbarkeitsrisiken bestehen, welche Konsequenzen ein Strafverfahren haben kann und wie sie sich gegen die Vorwürfe am wirkungsvollsten verteidigen.


1.       Wo drohen Strafbarkeitsrisiken?

a)       Sexualstraftaten

Nicht selten werden Lehrerkräften Sexualdelikte vorgeworfen. Fehlinterpretationen kindlicher Angaben oder kalkulierte Falschaussagen von pubertierenden SchülerInnen können zu Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen (§ 174 StGB) oder Kindern (§ 176 StGB) führen. Auch einvernehmliche Beziehungen zwischen Lehrerkräften und SchülerInnen können strafbar sein, wenn ein Zusammenhang zum Abhängigkeitsverhältnis besteht. Selbst eine einvernehmliche Beziehung mit volljährigen SchülerInnen kann beispielsweise durch Inaussichtstellen einer bestimmten Benotung dienstrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen haben.


b)      Strafbarkeit durch Unterlassen

Lehrkräfte haben gegenüber ihren SchülerInnen im Schulbetrieb und auf Schulausflügen eine sogenannte Garantenstellung und Obhutspflicht. Sie müssen alles ihnen Zumutbare tun, um gesundheitliche Schäden von ihren SchülerInnen abzuwenden. Das Unterlassen kann für Lehrkräfte strafbar sein.


c)       Amtsträgerdelikte

Für Lehrkräfte an öffentlichen Schulen kommt überdies eine Strafbarkeit wegen besonderer Delikte, die nur in Ausübung ihres Amtes begangen werden können, in Betracht. So kann die Annahme von sozial inadäquaten Vorteilen für die Vergabe bestimmter Noten oder die falsche Beurkundung in Zeugnissen strafbar sein. Daneben droht das Gesetz höhere Strafen für Delikte wie z.B. Körperverletzung an, sofern diese im Zusammenhang mit der Tätigkeit begangen werden.


2.       Welche beruflichen Konsequenzen drohen?

Die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens birgt erhebliche Risiken für die berufliche Zukunft von Lehrkräften. Soweit der Dienstvorgesetzte oder die zuständige Aufsichtsbehörde von dem Strafverfahren Kenntnis erlangt, droht die Einleitung eines Disziplinarverfahrens; im schlimmsten Fall die Kündigung.

Der Dienstvorgesetzte verbeamteter Lehrerkräfte erhält eine Mitteilung über das Strafverfahren, wenn es zu einer Anklage oder einem Strafbefehl kommt. Daneben erfolgt eine Mitteilung auch dann, wenn das Verfahren zwar eingestellt wird, die Umstände des Einzelfalles allerdings die Prüfung dienstrechtlicher Maßnahmen erforderlich machen. Dies ist insbesondere bei gleichzeitigen Verstößen gegen die Dienstpflichten der Fall.

Sowohl für angestellte LehrerInnen im öffentlichen Dienst als auch für Lehrkräfte privater Institutionen erfolgt eine Mitteilung, wenn ein Verbrechen im Raum steht. Dies sind Straftatbestände, für die das Gesetz eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr vorsieht. Bei anderen Straftatbeständen erfolgt eine Mitteilung, wenn der Vorwurf auf die Verletzung von Pflichten schließen lässt, die bei der Ausübung des Berufes zu beachten sind. Eine Mitteilung erfolgt auch dann, wenn der Vorwurf in anderer Weise geeignet ist, Zweifel an der Eignung, Zuverlässigkeit oder Befähigung der Lehrkraft hervorzurufen. Bei LehrerInnen an Schulen in freier Trägerschaft erfolgt die Mitteilung an die zuständige Aufsichtsbehörde.


3.       Wie verhalte ich mich richtig?

In allen Fällen gilt es schnell und gewissenhaft zu reagieren, um sowohl private Rufschädigung als auch berufliche Konsequenzen zu vermeiden. Daher ist von eigenen, unüberlegten Angaben gegenüber der Polizei und Staatsanwaltschaft dringend abzuraten.

Stattdessen sollten Sie aufgrund der empfindlichen Folgen den Rat eines Fachanwalts für Strafrecht in Anspruch nehmen. Dieser kann zunächst Einsicht in die Ermittlungsakte nehmen und das effektivste Vorgehen mit Ihnen abstimmen. Im Falle von Falschanschuldigungen ist zudem eine Gegenanzeige wegen falscher Verdächtigung in Betracht zu ziehen.

Steht der Vorwurf eines Sexual- oder eines Amtsträgerdelikts im Raum, ist besondere Expertise gefragt. Gerade im Sexualstrafrecht kann durch eine aussagepsychologische Analyse der Aussage noch im Ermittlungsverfahren eine Einstellung des Verfahrens erzielt werden. Hier empfiehlt es sich auf Verteidiger mit entsprechender Spezialisierung zurückzugreifen.

Foto(s): https://www.pexels.com/de-de/foto/mann-im-schwarzweiss-poloshirt-neben-schreibbrett-159844/

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