Wer trägt die Kosten des Rechtsanwaltes als Zeugenbeistand bzw. der Nebenklage?

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Wer trägt die Kosten des Rechtsanwaltes als Zeugenbeistand bzw. der Nebenklage? 

Es gilt der allgemeine Grundsatz: „Wer das Bier bestellt, bezahlt es auch“, d. h. der Betroffene muss seinen Rechtsanwalt grundsätzlich selbst bezahlen.

Das Gesetz sieht jedoch Ausnahmen vor, nämlich für die Nebenklage (a) und den Zeugenbeistand nach § 68b StPO b.)

a) Nebenklage 

In bestimmten Fällen kann sich der Geschädigte einer Straftat der Anklageschrift anschließen (z. B. Opfer einer Körperverletzung, Opfer von bestimmten Sexualstraftaten). Man spricht dann von der sogenannten Nebenklage. Ist der Geschädigte mit der Nebenklage zugelassen und wird der Angeklagte später verurteilt wegen einer zum Nachteil des Geschädigten begangenen Tat, so wird im Urteil regelmäßig ausgesprochen, dass der Angeklagte die Kosten der Nebenklage zu tragen hat.

Wegen der Vermögenslosigkeit des Angeklagten läuft diese Regelung jedoch häufig leer. Deswegen besteht die Möglichkeit, dass das Gericht dem Geschädigten in bestimmten – im einzelnen im Gesetz geregelten Fällen – den Rechtsanwalt „beiordnet“. Eine solche Beiordnung ist zum Beispiel möglich, wenn der Geschädigte Opfer eines versuchten Tötungsdeliktes ist. Diese Beiordnung hat die Wirkung, dass der Rechtsanwalt des Geschädigten seine Gebühren gegenüber der Staatskasse abrechnen kann.

b) Zeugenbeistand nach § 68b StPO 

Die jüngste Reform des Strafverfahrensrechtes hat den § 68b StPO eingeführt. Diese Vorschrift sieht vor, dass dem Zeugen für die Dauer seiner Vernehmung ein Rechtsanwalt beigeordnet werden kann. Voraussetzung nach dem Gesetz ist dabei stets, dass der Zeuge seine Befugnisse bei der Vernehmung nicht selbst wahrnehmen kann. Dies wird vorwiegend bei jungen Zeugen, die Opfer der Straftat sind, zu bejahen sein, also dann, wenn diese Zeugen in der Gerichtsverhandlung auf ihren ehemaligen Peiniger treffen und psychisch durch diese Situation in ganz besonderem Maße belastet werden.

Der Zeuge kann die Beiordnung eines Rechtsanwaltes nach § 68b StPO auch selbst beantragen. Dieses Antragsrecht räumt ihm das Gesetz ein, wenn der Zeuge zu bestimmten, besonders schwereren Straftaten vernommen werden soll. Dazu zählen zum einen alle Verbrechen, also alle Straftaten, die eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe vorsehen, z. B. Mord, Totschlag, Raub, Vergewaltigung, Meineid, aber auch unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.

Daneben kann ein Zeugenbeistand auch dann beigeordnet werden, wenn zu bestimmten im Gesetz im Einzelnen aufgeführten Straftatbeständen ausgesagt werden soll. Es handelt sich dabei vorwiegend um Straftaten aus dem Sexualstrafrecht, nämlich 

  • sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen, § 174 StGB 
  • sexueller Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Hilfsbedürftigen in Einrichtungen, § 174a StGB 
  • sexueller Missbrauch unter Ausnutzung einer Amtsstellung, § 174b StGB 
  • sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses, § 174c StGB 
  • sexueller Missbrauch von Kindern, § 176 StGB 
  • sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen, § 179 Abs. 1 bis 4 StGB 
  • Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger, § 180 StGB 
  • sexueller Missbrauch von Jugendlichen, § 182 StGB 
  • Misshandlung von Schutzbefohlenen, § 225 Abs. 1 oder 2 StGB 
  • Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, § 232 Abs. 1 oder 2 StGB 
  • Menschenhandel zum Zwecke der Ausbeutung der Arbeitskraft, § 233 Abs. 1 oder 2 StGB 
  • Förderung des Menschenhandels, § 233a StGB 

Schließlich kann nach § 68b Nr. 3 StPO auch dann ein Zeugenbeistand bestellt werden, wenn der Zeuge zu einem sonstigen Vergehen von erheblicher Bedeutung, das gewerbs- oder gewohnheitsmäßig oder von einem Bandenmitglied oder in anderer Weise organisiert begangen worden ist, vernommen wird.

Der Vorteil für den Zeugen liegt darin, dass er seinen anwaltlichen Beistand in diesem Fall nicht selbst bezahlen muss. Der Rechtsanwalt kann gegenüber der Staatskasse abrechnen.

Bei weiteren Fragen stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt aus Bremen zur Verfügung. 


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