Werbung mit Garantien im Online-Handel

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Grundsätzlich treffen Unternehmer im Online-Handel umfassende Informationspflichten gegenüber Verbrauchern. So auch dann, wenn mit Garantien bezüglich angebotener Produkte geworben wird. Ob und unter welchen Umständen hiervon eine Ausnahme zu machen ist, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 10.11.2022 (Az. I ZR 241/19).


Was ist eine Garantie?


Oftmals werden Garantie und Gewährleistung synonym verwendet. Allerdings unterscheiden sich die Begrifflichkeiten juristisch maßgeblich voneinander.

Die Gewährleistung umfasst gesetzliche Vorschriften, die Rechte eines Käufers – etwa bei bestehendem Sachmangel – begründen. Gleichzeitig regelt sie die Pflichten des Verkäufers für den Fall, dass er eine mangelbehaftete Sache veräußert und dieser Mangel schon bei Verkauf vorliegt. Die Gewährleistungsnormen gelten in der Regel immer.

Dagegen ist eine Garantie eine freiwillige Vereinbarung, durch die sich der Verkäufer, der Hersteller oder ein Dritter zusätzlich verpflichten kann. Sie besteht nicht bereits aufgrund gesetzlicher Vorschriften und kann individuell ausgestaltet werden.

Wird Käufern eine Garantie eingeräumt, stehen die Rechte aus der Garantievereinbarung selbständig neben den Gewährleistungsrechten.


Woraus ergeben sich Informationspflichten?


Wird einem Käufer im Online-Handel eine Garantie (meist durch den Hersteller) gewährt, so ergeben sich im b2c Bereich aus §§ 312d Abs. 1, 479 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 12 EGBGB umfangreiche Informationspflichten, um den Käufer angemessen über die Rahmenbedingungen der Garantievereinbarung und insbesondere die Tatsache, dass Gewährleistungsrechte nicht berührt werden, aufzuklären. Unterbleibt eine ordnungsgemäße Bereitstellung der Informationen, drohen kostenintensive Abmahnungen von Wettbewerbern und Wettbewerbsverbänden.


Bestehen Informationspflichten bezüglich Garantien immer?


Mit dieser Frage sah sich der BGH (und nach entsprechender Vorlage auch der Europäische Gerichtshof, EuGH) für den Fall konfrontiert, dass zwar eine Herstellergarantie erwähnt, aber nicht explizit mit ihr geworben wurde.

Er beantwortete sie wie folgt:

„Den Unternehmer trifft eine vorvertragliche Pflicht zur Information über eine Herstellergarantie für ein im Internet angebotenes Produkt, wenn er die Garantie zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots macht. Erwähnt er in seinem Internetangebot die Herstellergarantie dagegen nur beiläufig, muss er dem Verbraucher keine Informationen hierzu zur Verfügung stellen.“


Was war geschehen?


Dem Urteil lag der Sachverhalt zugrunde, dass das beklagte Unternehmen über Amazon Taschenmesser vertrieb. Auf der Angebotsseite selbst fanden sich zwar keine Hinweise zu einer etwaig eingeräumten Garantie. Dort fand sich lediglich die Zwischenüberschrift “Weitere technische Informationen” nebst einer verlinkten “Betriebsanleitung”. Hierüber konnte ein Produktinformationsblatt des Herstellers geöffnet werden, das in Textform auf der zweiten Seite Folgendes wiedergab:

„Die [...] Garantie erstreckt sich zeitlich unbeschränkt auf jeden Material- und Fabrikationsfehler (für Elektronik 2 Jahre). Schäden, die durch normalen Verschleiss oder durch unsachgemäßen Gebrauch entstehen, sind durch die Garantie nicht gedeckt.

Weitere Informationen bezüglich der eingeräumten Herstellergarantie stellte der Unternehmer nicht zur Verfügung.


Und die Begründung des BGH?


Der BGH sah in dieser Konstellation keinen Anlass anzunehmen, dass die Beklagte gegen die Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) handle, indem sie keine weiteren Informationen über die angeführte Garantie bereitstellte. Für die Pflicht zum Bereithalten weiterer Informationen sei nicht bereits ausreichend, dass eine Garantie gegenüber Verbrauchern Erwähnung findet. Dem darüber hinaus erforderlichen berechtigten Interesse der Verbraucher an zusätzlichen Informationen sei vielmehr erst dann abzuhelfen, wenn die Garantie eines Herstellers (oder Verkäufers) zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots“  gemacht werde.

Denn nur so würde die Aufmerksamkeit der Verbraucher derart auf die Existenz einer Garantie gelenkt, dass diese ein Verkaufsargument darstellen könne.

Wenn auf die Garantie lediglich beiläufig oder in belangloser oder vernachlässigbarer Weise” hingewiesen werde, bestehe kein berechtigtes Interesse der Verbraucher und damit einhergehend keine Informationsverpflichtung.


Fazit


Diese begrüßenswerte Entscheidung des BGH entschärft die Verpflichtung eines Unternehmers Informationen über eine mögliche Garantie bereitzustellen, wenn deren Erwähnung nicht geeignet ist, maßgeblich das Kaufverhalten der Verbraucher zu beeinflussen und stellt heraus, dass die verbraucherrechtlichen (Informations-)Vorschriften keinen Selbstzweck darstellen.

Aus der Entscheidung ergibt sich aber auch, dass es für Unternehmer mit nicht unerheblichen Herausforderungen verbunden ist, Online-Shops in verbraucherrechtskonformer Weise einzurichten. Letztlich ist damit auch die rechtlich einwandfreie Ausgestaltung eines Online-Angebots - wie so häufig - eine Frage des Einzelfalls.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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